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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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entscheiden und gleichzeitig für diejenigen mit den wohlhabendsten Ehemännern und mit dem Potential, wiederum Söhne zu bekommen, die viele Nachkommen produzieren.
    Im Mittelalter wurde dies zur Kunst erhoben. Das Umwerben reicher Erbinnen und der Frauen großer Herrscher galt als die höchste Form höfischer Liebe. Turniere hatten keinen anderen Zweck, als potentiellen Verführern die Möglichkeit zu geben, großen Damen zu imponieren.
    Wie Erasmus Darwin es ausdrückt:
     
    Brunftende Keiler hauen mit schmelzharten Zähnen,
Der Schulterschild wehrt ab, was sie von seitlich kommen wähnen;
Während die Weibchenrotte zusieht in verstummtem Staunen,
Und anglotzt den Sieger mit bewundernden Augen. –
So Ritter um Ritter, wie zu lesen in Romanzen,
Trieb an das stolze Roß, legt’ ein die stoßbereite Lanzen;
Und wessen Wagemut gesegnet mit Unbezwingbarkeit und Kraft, der – dies seiner Mühen güldner Sold – vor der Schönheit sich verneigte und erreichte ihres Lächelns Huld. 53
     
    Zu Zeiten, als der legitime Sohn eines großen Herrschers von seinem Vater nicht nur dessen Reichtum erbte, sondern auch dessen polygames Verhalten, war es ein beliebter Zeitvertreib, den Betreffenden zu hintergehen. Tristan hatte erwartet, das Königreich seines Onkels Marke in Cornwall (March vun Kurneval) zu erben. Bei seinem Aufenthalt in Irland verschmähte er die Gunstbezeugungen der schönen Isolde so lange, bis König Marke um ihre Hand anhielt. Aus Furcht, seine Erbschaft zu verlieren, beschließt er, diese zumindest für seinen Sohn zu retten, und zeigt plötzlich ein ungeheures Interesse an Isolde. Zumindest erzählt Laura Betzig die alte Geschichte so. 54
    Betzigs Analyse mittelalterlicher Geschichte vertritt unter anderem die Vorstellung, daß die Hauptursache der Kontroversen zwischen Kirche und Staat im Buhlen um wohlhabende Erben bestanden habe. Im zehnten Jahrhundert ungefähr begann die Macht der Könige zu schwinden, und die der lokalen Feudalherren wuchs. Als Folge davon entwickelten Adlige ein stärkeres Streben nach der Zeugung legitimer Erben, die ihren Titel weiterführen sollten, und etablieren das herrschaftliche Erstgeburtsrecht Sie trennten sich von kinderlosen Frauen und hinterließen ihr gesamtes Vermögen dem erstgeborenen Sohn. Inzwischen hatte das neu belebte Christentum alle rivalisierenden Religionen besiegt und wurde zur vorherrschenden Religion in Nordeuropa. Die frühe Kirche war fieberhaft an Dingen wie Ehe, Scheidung, Polygamie, Ehebruch und Inzest interessiert. Zudem begann sie ab dem zehnten Jahrhundert, ihre Mönche und Priester aus der Aristokratie zu rekrutieren. 55
    Das geradezu besessene Interesse der Kirche an sexuellen Dingen unterscheidet sich in hohem Maße von den Ausführungen des heiligen Paulus. Die Kirche schwieg mehr oder weniger zu den Themen Polygamie oder unehelicher Nachwuchs, obwohl beides gang und gäbe war und gegen die Doktrin verstieß. Statt dessen konzentrierte sie sich auf drei Dinge.
    Erstens: Scheidung, Wiederverheiratung und Adoption.
    Zweitens: Ammenwesen und Geschlechtsverkehr in Zeiten, in denen die Liturgie Abstinenz forderte.
    Drittens: »Inzest« zwischen Personen, deren Verwandtschaftsgrad nach kanonischem Recht weniger als sieben betrug.
    Mit allen drei Regelungen schien die Kirche verhindern zu wollen, daß ein Herrscher legitime Erben produzierte. Ein Mann, der im Jahre 1100 der kirchlichen Doktrin gehorchte, durfte sich von einer kinderlosen Frau nicht scheiden lassen und schon gar nicht zu ihren Lebzeiten wieder heiraten. Er konnte keinen Erben adoptieren, seine Frau durfte eine Tochter im Säuglingsalter nicht einer Amme überlassen, um rascher ein weiteres Kind bekommen zu können, in der Hoffnung, daß es ein Sohn würde, und er durfte mit seiner Frau »drei Wochen vor Ostern, vier Wochen vor Weihnachten und ein bis sieben Wochen vor Pfingsten nicht schlafen, ebenso nicht sonntags, mittwochs, freitags und samstags – nicht an Tagen der Buße und des Gebets, und an verschiedenen anderen Festtagen ebenfalls nicht«. Er konnte mit keiner Frau einen legitimen Erben haben, die ihm verwandtschaftlich näher stand als eine Cousine siebten Grades – womit die meisten adligen Frauen im Umkreis von hundert Meilen ausgeschlossen waren. All das addiert sich zu einem steten Kampf der Kirche gegen die Geburt von Erben. Und »der Kampf um die Erbschaftsregelungen – um die Ehe – begann erst, als sich die Kirchen mit jüngeren Brüdern von Männern hohen

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