Eros und Evolution
hinauszubringen, und Fisher ist der Ansicht, Frauen hätten sich im Pleistozän nach Ablauf dieser Frist einen neuen Ehemann für das nächste Kind gesucht. Ihrer Ansicht nach ist Scheidung daher natürlich. Allerdings gibt es bei dieser These mehrere Schwachstellen. Das Maximum nach vier Jahren repräsentiert in der Sprache der Statistiker nur eine gewisse Häufung von Werten – und nicht einmal eine besonders prominente: Scheidungsraten müssen in irgendeinem Jahr nach der Heirat ihr Maximum erreichen.
Zudem geht die Theorie völlig an der Tatsache vorbei, daß Männer grundsätzlich jüngere Frauen bevorzugen und daß Ehemänner weit über die Dauer von vier Jahren hinaus zum Heranwachsen ihrer Kinder beitragen. Eine Frau, die ihren Mann jeweils vier Jahre nach der Geburt eines Kindes verließe, wäre jedesmal für den folgenden Mann um einiges weniger attraktiv, nicht nur, weil sie immer älter würde, sondern auch, weil sie eine ständig wachsende Anzahl von Stiefkindern mit in die Ehe brächte. Die männliche Vorliebe für junge Partnerinnen ist ein Indiz für lebenslange Partnerschaft. 41
Bereits ein oberflächlicher Blick auf die Heiratsannoncen der Zeitungen bestätigt, was wir alle wissen: Männer suchen jüngere Frauen, Frauen suchen reifere Männer – trotz der Tatsache, daß sie sie mit großer Sicherheit um zehn oder zwanzig Jahre überleben werden. Buss stellte in seiner Studie fest, daß Männer Frauen im Alter von etwa fünfundzwanzig Jahren bevorzugen, das heißt jenseits ihres Reproduktionsmaximums (sie haben bereits einige Jahre versäumt), aber nahe am Zeitpunkt maximaler Fertilität. Allerdings mag dieses Ergebnis irreführend sein, wie einige seiner Kommentatoren feststellen. Erstens, so stellt Don Symons fest, weist eine fünfundzwanzigjährige Frau einer modernen westlichen Gesellschaft vermutlich genauso viele Lebensspuren auf wie eine zwanzigjährige Angehörige irgendeines Stammes. Fragt man Yanonami-Männer, welche Frauen sie bevorzugen, dann antworten sie prompt moko dude, das heißt Frauen zwischen der Pubertät und dem ersten Kind. Alles andere einmal beiseite gelassen, ist genau das auch das Ideal westlicher Männer. 42
Rassismus und Sexismus
Dieses Kapitel hat, beseelt von dem Gedanken, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern darzustellen, die Unterschiede zwischen verschiedenen Rassen gänzlich ignoriert, obgleich beide in der Dämonologie moderner Vorurteile oft in einen Topf geworfen werden. In einer abenteuerlichen Gleichung wird das Beharren auf geschlechtsspezifischen Unterschieden dem Beharren auf Rassenunterschieden gleichgesetzt. Sexismus sei der Bruder des Rassismus. Offen gestanden bin ich darüber einigermaßen entsetzt. Ich halte es für ausgesprochen leicht – und angesichts der Beweislage für vernünftig – einzusehen, daß die Unterschiede zwischen Menschen verschiedener Rassen trivial im Vergleich zu denen sind, die sich zwischen Männern und Frauen derselben Rasse auftun.
Nicht, daß es keine ethnischen und kulturellen Unterschiede gäbe. So wie ein Weißer eine andere Hautfarbe hat als ein Schwarzer, so hat er möglicherweise auch einen irgendwie etwas anders gearteten Sinn.
Doch angesichts dessen, was wir über Evolution wissen, scheint das nicht sehr wahrscheinlich. Die verschiedenen Arten von Evolutionsdruck, die den menschlichen Geist geformt haben – vorwiegend kompetitive Beziehungen zu Verwandten, verbündeten Stammesangehörigen und Geschlechtspartnern –, waren und sind für Schwarze und Weiße dieselben, und vor allem wirkten sie, bevor die Vorfahren der Weißen Afrika vor einhunderttausend Jahren verließen. Während die Hautfarbe von Umständen wie den klimatischen Bedingungen beeinflußt wurde, die sich zwischen Afrika und Nordeuropa beträchtlich unterschieden, betreffen Probleme wie die Frage danach, welches Wild zu jagen ist oder wie man sich warm oder kalt zu halten hat, den menschlichen Geist nur sehr am Rande. Für dessen Gestaltung ist von weit größerer Bedeutung, daß er mit Mitmenschen umzugehen hat. Dieser Umstand aber ist überall derselbe. Dasselbe heißt in diesem Zusammenhang, dasselbe für Männer und dasselbe für Frauen, nicht aber dasselbe für Männer und Frauen.
Hierin liegt der grundlegende Unterschied zwischen Anthropologie und Darwinismus. Anthropologen beharren darauf, daß sich ein Stadtbewohner der westlichen Welt in seinen Gewohnheiten und Gedanken von einem Stammesangehörigen der Buschmänner weit
Weitere Kostenlose Bücher