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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Frauen wird mit jedem Jahr geringer, ebenso das der Playboy- Pin-ups.Bei beiden Kategorien liegt das Körpergewicht der Betreffenden fünfzehn Prozent unter dem alterstypischen Durchschnitt. 12 Schlankheitsdiäten füllen die Zeitungen und die Brieftaschen von Scharlatanen. Anorexie und Bulimie, Krankheiten, die durch übermäßiges Abnehmen entstehen können, bringen junge Frauen um oder machen sie zu Pflegefällen.
    Dabei fällt eines schmerzhaft ins Auge: Es gibt keine Vorliebe für den Durchschnitt. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die vorherrschende Ernährung mit billigen und aufbereiteten Nahrungsmitteln Frauen im Durchschnitt sehr viel fülliger macht, als sie es vor ein- oder zweitausend Jahren gewesen sein mögen, um die gertenschlanke Figur zu bekommen, die derzeit in Mode ist, müssen Frauen extrem viel auf sich nehmen. Zudem war es für Männer sicher nie von Vorteil, die dünnste verfügbare Frau zu heiraten. Heute wäre das ebenso wie im Pleistozän eine recht sichere Methode, die am wenigsten fruchtbare Frau zu wählen: Bereits mit einer Körperfettmenge von zehn bis fünfzehn Prozent unter dem Normalwert läuft eine Frau Gefahr, unfruchtbar zu werden.
    Tatsächlich existiert eine (weit hergeholte) Theorie, daß die weitverbreitete Schlankheitsbesessenheit junger Frauen eine im Laufe der Evolution entstandene Strategie sein soll, um eine zu frühe beziehungsweise eine Schwangerschaft, die vor der Zusicherung des Mannes eintritt, die Frau zu unterstützen, zu verhindern. Allerdings trägt das nicht dazu bei, die männliche Vorliebe für schlanke Frauen zu erklären, die eine ausgesprochen schlechte Anpassung darzustellen scheint. 13 Wenn die männliche Vorliebe für Schlankheit schon paradox ist, wieviel erstaunlicher ist dann die Tatsache, daß sie obendrein neu zu sein scheint. In der Bildhauerei und Malerei läßt sich bis in die Renaissance zurückverfolgen, daß einst durchaus füllige Frauen als schön galten. Es gibt Ausnahmen. Nofretetes Hals ist der einer schlanken, eleganten Frau. Botticellis Venus läßt sich beim besten Willen nicht als übergewichtig bezeichnen. Im viktorianischen Zeitalter diente man eine Zeitlang dem Götzen Wespentaille in einem solchen Maße, daß viele Frauen sich mit extrem festen Korsagen schnürten, manch eine ließ sich sogar ein Paar Rippen entfernen, um ihren Taillenumfang zu verringern. Lillie Langtry konnte ihre Taille von siebenundvierzig Zentimetern mit beiden Händen umspannen – selbst die schlanksten Fotomodelle unserer Tage haben einen Taillenumfang von mindestens zweiundfünfzig Zentimetern. Hinweise darauf, daß fülligere Frauen durchaus attraktiver sein können als sehr dünne, finden sich aber nicht nur in unserem eigenen Kulturkreis. Auf der ganzen Welt findet man eine auffällige und deutlich ausgesprochene Vorliebe für fülligere Frauen, und in vielen Entwicklungsländern werden schlanke Frauen gemieden.
    Robert Smuts von der University of Michigan steht auf dem Standpunkt, Magerkeit sei einst sehr verbreitet und stets Ausdruck relativer Armut gewesen. Heute findet sich die armutsbedingte Form der Magerkeit nur in den Entwicklungsländern. In den Industrienationen dagegen sind es wohlhabende Frauen, die in der Lage sind, sich eine fettarme Ernährung zu leisten und ihr Geld für Sport und Fitneß auszugeben. Schlankheit ist zu dem geworden, was einst die Körperfülle war: zu einem Statussymbol.
    Smuts ist der Ansicht, die männliche Vorliebe orientiere sich an den jeweiligen Statussymbolen und habe sich daher einfach geändert. Vermutlich ist dies über eine Änderung der Assoziation erfolgt: Ein heranwachsender junger Mann wird heutzutage stets und ständig mit einer Verknüpfung von Schlankheit und Wohlstand konfrontiert, vor allem seitens der Modeindustrie. Sein Unterbewußtsein beginnt, diese Assoziation während seiner »Prägephase« zu verinnerlichen, und wenn er sich sein weibliches Ideal zurechtlegt, dann wird er es entsprechend schlank sein lassen. 14

Statusbewußtsein
    Unglückseligerweise widerspricht diese Theorie den Schlußfolgerungen am Ende des letzten Kapitels. Denn man nimmt an, daß Frauen besonders aufmerksam hinsichtlich des Sozialstatus ihres potentiellen Gefährten sind, die Männer aber nicht. Soziobiologen vertreten die Ansicht, Männer bewerteten das Aussehen einer Frau nicht als Ausdruck ihres Wohlstands, sondern als Hinweis auf ihr Reproduktionspotential.
    Und doch haben wir es hier offensichtlich mit Männern

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