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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Fettverteilung – Fett am Bauch, schlanke Hüften – dagegen ist mit männlichen Erkrankungen assoziiert, beispielsweise mit Herzerkrankungen, sogar bei Frauen.
    Was aber ist hier Ursache und was Folge? Ich halte es für wahrscheinlicher, daß die typisch weibliche Figur ebenso wie die Hormonwirkungen auf sexuelle Selektion zurückzuführen sind, das heißt, daß die weibliche Körperform eher ein Ergebnis der Konkurrenz um Männer ist, als daß sie irgendeiner anderen biologischen Erfordernis entspringt. Unbewußt haben Männer als selektive Züchter der weiblichen Gestalt gewirkt.
    Low kann mit einer möglichen Erklärung für die männliche Vorliebe aufwarten – Frauen mit breitem Becken gebären ihre Kinder müheloser. Bei den meisten Menschenaffen ist das Gehirn der Jungen bei der Geburt erst halb entwickelt, bei menschlichen Babys nur zu einem Drittel, und sie verbringen angesichts der langen Lebensspanne des Menschen weit weniger Zeit im Mutterleib, als dies bei anderen Säugetieren die Regel ist. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Wäre die Beckenöffnung, durch die wir geboren werden (der Geburtskanal) beträchtlich größer, dann könnten unsere Mütter nicht mehr gehen.
    Die Breite der menschlichen Hüften erreichte eine Grenze, über die sie nicht hinausgehen konnte. Da das Gehirn immer größer wurde, war ein früherer Geburtstermin die einzige Möglichkeit, die der Spezies blieb. Man stelle sich den Evolutionsdruck dieser Vorgänge auf die weibliche Hüftweite vor. Für einen Mann war es grundsätzlich eine gute Entscheidung, unter den für ihn verfügbaren Frauen diejenige mit den breitesten Hüften zu wählen – Generation für Generation über Millionen von Jahren hinweg. Ab einem gewissen Punkt konnten die Hüften nicht mehr breiter werden, Männer hatten die Präferenz jedoch noch immer – so kam es dazu, daß nunmehr Frauen mit schlanker Taille bevorzugt wurden, bei denen es durch den Gegensatz zur Hüftbreite zu dem Eindruck kommt, sie hätten ein breites Becken. 19

Jugend gleich Schönheit?
    Eine ganze Reihe von augenfälligen Merkmalen, nach denen die Schönheit einer Frau beurteilt wird, schwinden mit dem Alter rapide: makellose Haut, volle Lippen, klare Augen, feste Brüste, schmale Taille, schlanke Beine, sogar blondes Haar, das bei den meisten Menschen – von den extrem nordischen Typen einmal abgesehen – ohne chemische Zusatzstoffe selten die Dreißig erreicht. Bei diesen Dingen handelt es sich im Sinne von Kapitel fünf um ehrliche Handicaps: Sie sprechen eine deutliche Sprache hinsichtlich des wahren Alters, das sich nur mit viel Mühe mittels Schönheitschirurgie, Make-up oder Schleier verbergen läßt.
    Man weiß seit langem, daß von Europäern blondes Haar bei einer Frau als schöner erachtet wird als braunes oder schwarzes. Bereits im alten Rom färbten Frauen ihre Haare blond. Im Italien des Mittelalters galten blondes Haar und große Schönheit als untrennbare Einheit; in Großbritannien sind die Worte blond und schön Synonyme. 20 Blondes Haar bei einem Erwachsenen ist möglicherweise ein durch sexuelle Selektion entstandenes ehrliches »Handicap« – wie die Schwanzfedern der Schwalben. Das Gen für blondes Haar im Kindesalter kommt in Europa (und merkwürdigerweise bei den australischen Aborigines) relativ häufig vor. Wenn es nun irgendwann in der jüngeren Vergangenheit der Menschheitsgeschichte – möglicherweise in der Nähe von Stockholm – zu einer Mutation gekommen ist, die bewirkt hat, daß blonde Haare nicht vor dem dreißigsten Lebensjahr dunkel werden, hat jeder Mann mit einer genetischen Präferenz für blonde Haare sicher sein können, eine junge Frau zu heiraten, was – in einer bis zum Hals bekleideten Zivilisation – anderen Männern nicht unbedingt gelang, weil sie das wahre Alter der Frauen nicht abschätzen konnten. Aus diesem Grunde hätten die Männer blonder Frauen mehr Nachfahren hinterlassen, und die Präferenz für blondes Haar hätte sich ausgebreitet. Damit wiederum hätte sich auch das Merkmal verbreitet, denn es wäre in der Tat ein ehrliches Indiz für die weibliche Reproduktionsfähigkeit gewesen. Daraus würde folgen: Blondinen bevorzugt. 21
    Wahrscheinlicher aber ist in diesem Zusammenhang, daß die Vorliebe für blondes Haar bei nordeuropäischen Männern – wenn sie denn existiert – ein kulturbedingtes Merkmal ist, das sich durch die Assoziation von Blondheit und Jugend im Mann unbewußt entwickelt hat – eine Assoziation

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