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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Spontanaborten erklären. Nach Studien von Morris Gosling von der University of East Anglia verlieren die Weibchen bei Sumpfbibern auch in gutem Zustand ganze Würfe, wenn diese zu weibchenlastig ausfallen würden, und beginnen wieder neu. Magnus Nordborg von der Stanford University, der sich mit dem geschlechtsgebundenen Kindermord in China beschäftigt und im Tierreich nach vergleichbarem Verhalten sucht, ist der Ansicht, daß auch die hohe Zahl der Spontanaborte bei Pavianen ähnlich erklärt werden kann. Allerdings scheint dieser Weg der Forschung nicht weit zu führen. 67
    Es gibt eine Menge natürlicher Faktoren, die – falls es überhaupt möglich ist – das Geschlechterverhältnis auch beim menschlichen Nachwuchs beeinflussen könnten. Ein solcher Faktor ist beim bekannten Kriegsheimkehrer-Effekt im Spiel. Während und unmittelbar nach größeren Kriegen werden in den beteiligten Ländern ungewöhnlich viele Söhne geboren, als sollten die verstorbenen Männer ersetzt werden (das ergäbe allerdings wenig Sinn: Die nach dem Krieg geborenen Männer werden sich mit ihren Altersgenossinnen verbinden und nicht mit den im Krieg verwitweten Frauen).
    Weitere Beispiele für den möglichen Einfluß solcher Faktoren: Ältere Väter haben mit größerer Wahrscheinlichkeit Töchter, ältere Mütter hingegen eher Jungen. Frauen, die an infektiöser Hepatitis oder Schizophrenie leiden, bekommen etwas eher Töchter als Söhne; ebenso Frauen, die rauchen und trinken. Auch die Frauen, die nach dem großen Londoner Smog von 1952 niederkamen, und die Frauen von Testpiloten, Perlentauchern, Geistlichen und Narkoseärzten bekommen mit größerer Wahrscheinlichkeit Töchter als Söhne. In manchen Teilen Australiens, in denen die Trinkwasserversorgung von Regenfällen abhängig ist, gibt es dreihundertzwanzig Tage nachdem ein schwerer Sturm die Stauseen gefüllt und den Schlamm aufgewühlt hat, einen deutlichen Rückgang der Geburtenziffern von Söhnen. Frauen mit multipler Sklerose und Frauen, die kleine Mengen von Arsen zu sich nehmen, gebären mehr Söhne. 68
    In dieser Fülle von Statistiken eine Logik zu sehen, überfordert derzeit die meisten Wissenschaftler. Bill James vom Medical Research Council in London arbeitet seit einigen Jahren eine Theorie aus, nach der Hormone den Erfolg von X- und Y-Spermien beeinflussen können. Eine ganze Reihe von Befunden läßt darauf schließen, daß eine höhere Konzentration des Hormons Gonadotropin im Blut der Mutter den Anteil an Töchtern erhöhen könnte, während ein hoher Testosteronspiegel beim Vater den Anteil an Söhnen erhöhen könnte. 69
    Valerie Grants Theorie legt auch für den Kriegsheimkehrer-Effekt eine hormonelle Ursache nahe: Während eines Krieges müssen Frauen die Aufgaben der Männer miterledigen, also dominanter sein, was ihren Hormonspiegel verändert und somit die Wahrscheinlichkeit, Söhne zu bekommen, erhöht.
    Bei vielen Arten sind Hormone und sozialer Rang in irgendeiner Weise miteinander verknüpft, dasselbe gilt, wie wir gesehen haben, für den Sozialstatus und das Geschlechterverhältnis bei den Nachkommen. Niemand weiß, wie Hormone solches bewirken können. Möglicherweise verändern sie die Schleimbarriere des Muttermundes oder sogar die Säurezusammensetzung (den pH-Wert) in der Vagina.
    Die Hormontheorie scheint auch einen der hartnäckigsten Einwände gegen die Trivers-Willard-Theorie zu entkräften: Daß es offenbar keine genetische Kontrollmöglichkeit für das Geschlechterverhältnis gibt.
    Die Unfähigkeit der Tierzüchter, eine Rasse heranzuziehen, bei der sich das Geschlechterverhältnis der Nachkommengeneration beeinflussen läßt, macht hellhörig. Nicht, daß man es nicht versucht hätte. Richard Dawkins zu diesem Thema: »Es war problemlos für Rinderzüchter, auf hohe Milch- und Fleischerträge, große und kleine Körpergrößen, Hornlosigkeit, Resistenz gegen verschiedene Krankheiten und Furchtlosigkeit angesichts eines Zweikampfes mit einem Bullen hin zu züchten. Für die Milchindustrie aber wäre es natürlich von ungemein großem Interesse, wenn sich Rinder züchten ließen, die eher Färsen statt Bullenkälber produzieren würden. Sämtliche Versuche, das zu erreichen, sind fehlgeschlagen.« 70 Die Geflügelindustrie ist noch sehr viel mehr daran interessiert, das Geschlecht der Zuchttiere zu beeinflussen. Derzeit beschäftigt sie Mannschaften gut ausgebildeter Koreaner, die sorgsam ihr Geheimnis hüten, welches sie in die Lage

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