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ErosÄrger

ErosÄrger

Titel: ErosÄrger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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Ruf zu reagieren. Die Farbe traf mich vollkommen unvorbereitet. Dass es keine zweite Falle gewesen war, sondern David den Farbballon geworfen hatte – vor Zeugen – schockierte mich. Unfähig mich zu bewegen, starrte ich meinen Stiefbruder an und fühlte einen Moment lang nichts. Gar nichts. Zeitverzögert traf mich die Tat psychisch – mehr, als es ein Schlag ins Gesicht gekonnt hätte – und sekundenlang rang ich um Fassung. Es gab nichts mehr schönzureden, keine Ausreden wie sonst. David machte ernst und offensichtlich waren ihm Kollateralschäden ebenso egal wie eine Strafe.
    Bevor ich die veränderte Situation einordnen und mich aus meiner Lähmung lösen konnte, trat er wieder an mich heran.
    »Ich werde dir die Zeit hier zur Hölle machen. Du wirst dir wünschen, du wärst in Saint-Blocks geblieben.« Seine Stimme war drohend. Er flüsterte so nahe an meinem Ohr, dass ich normalerweise zusammengezuckt wäre. Zum Glück war ich noch immer erstarrt. Wie durch Watte gefiltert, nahm ich die triumphierenden und beglückwünschenden Rufe der Spieler war, die ausnahmslos ihrem Quarterback David galten. Als ich mich endlich aus der Starre lösen konnte, war er bereits wieder zu seinem Team zurückgekehrt.
    »Wünsche ich mir doch schon!«, brüllte ich ihm hinterher. Schon seit Wochen. Seit ich erfahren hatte, auf welcher Schule ich meine Chance zur Rehabilitation bekommen würde.
    Natürlich war mein Brüllen vergeblich, David hörte nicht zu, hatte er nie.

So akkurat, wie Megs Garten war, so chaotisch war meine kleine Parzelle. Statt gepflegten Rosenarten und zehn Zentimeter Gras, hatte ich mein Augenmerk in den letzten sechs Wochen auf Schling- und Kletterpflanzen und Gemüse und Obst gelegt. Zwischendurch hatte ich noch Probleme das Unkraut von den Pflanzen zu unterscheiden, aber das Gartenbuch half dabei, zumindest die meisten Gewächse richtig zu identifizieren. Zumindest hoffte ich das. Ich prüfte die Himbeere. Sie war bereits eineinhalb Meter hoch und trug schon blasse Früchte. Dann bückte ich mich nach den Kohlrabi, die Onkel Klaus mir bei seinem letzten Besuch im Baumarkt mitgebracht hatte. Der Zehnerpack Jungpflanzen war fantastisch angegangen und beinahe reif für die Ernte. Obwohl man Kohlrabi im Moment für 29 Cent im Laden kaufen konnte, erfüllte mich der Gedanke daran, eigene gepflanzt zu haben mit einem seltsamen Hochgefühl. Es hatte funktioniert. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren.
    Ich schloss die Augen und drehte mein Gesicht zur Sonne. Ihre Strahlen waren trotz des fortgeschrittenen Nachmittags noch warm. Kleine Haare auf meinen Armen richteten sich ein wenig auf und lösten sich von der Haut. Ich konnte spüren, wie sich meine Haut förmlich mit Energie auflud. Es war hell und warm und alles war gut. Und trotz Jonah würde auch alles gut bleiben. Der Nachmittag war einfach zu schön, um an etwas anderes zu glauben.
    »Und ich hätte schwören können, du hast einen braunen Daumen.«
    Die Stimme, obwohl sanft, wirkte wie eine Eisdusche. Ich zuckte zusammen, öffnete die Augen und fuhr herum.
    »Jonah!«
    Hier bei mir, in meinem Garten und in meinem Schatten! Verdammte Trauerweide! Ich sah mich um, doch David und Meg waren nicht in Sichtweite. Offenbar waren sie noch in der Nähe des Hauses beschäftigt. Aber jemand musste ihn reingelassen haben. Oder nicht? Ich lachte, um meine Unsicherheit zu überspielen. »Und ich hatte gerade an den Teufel gedacht.«
    »Du hast mit mir gerechnet?!« Er machte eine Frage aus seinen Worten.
    »Natürlich!« Nicht jetzt und nicht hier, aber irgendwann.
    Er trat aus dem Schatten und wurde schlagartig weniger angsteinflößend. Nur ein ganz normaler Halbstarker, der es gewohnt war, zu bekommen, was er wollte. Als lese Jonah meine Gedanken verzog er die Lippen zu einem Lächeln. Es erreichte seine Augen nicht. Trotzdem erschienen auf seinen Wangen kleine Grübchen. Seit wann hatte der Teufel kleine Grübchen?
    »Du hast bewiesen, dass du unschuldig bist …« Er ließ den Satz ins Leere laufen und schien darauf zu warten, dass ich die Stille füllte.
    Ich tat ihm den Gefallen. »Und …?«
    »Jetzt kannst du mir die Uhr wiedergeben.« Seine Miene blieb trotz seines lächerlichen Satzes ernst. Auch als er weitersprach, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Einhundert Dollar.«
    »Wenn du mir einhundert bietest, ist sie mindestens dreihundert wert.« Eine alte Basar-Regel.
    »Dreihundert!«, bestätigte Jonah meine Forderung. Jetzt war ich doch

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