ErosÄrger
Matching-Myth heraus«, befahl er. »Ich will jedes Detail ihres Lebens morgen früh auf meinem Schreibtisch haben. Schwächen, Stärken, Vorlieben, Freunde. Ich will sogar wissen, was sie am liebsten isst!«
»Okay, ich setzte Lilly Valentina auf die Liste.«
»Nein, nicht auf die Liste. Sie bekommt eine eigene.« Dorian schwieg einen Moment, dann korrigierte er sich. »Sie ist die Liste. Einzahl. Nur sie und die Matching-Myth. Ich will alles über diese Firma wissen, über alle Leiterinnen und Angestellte und Kunden seit der Gründung. Jedes noch so unwichtige Detail, jedes noch so kleine Fitzelchen an Information.«
Irgendwo würde es ein schmutziges Geheimnis geben. Gab es immer. Und dann würde er seine Rache bekommen.
Plötzlich freute sich Dorian wieder auf die Zukunft.
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von Jennifer Schreiner
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»Die Nachtmahr Traumtagebücher«
Jean Sarafin
978-3-942602-14-3
12,90 € (D)
Leseprobe
»Nachtmahr«
Die Wut war so intensiv, dass sie förmlich in meinen Fingern kribbelte. Es fiel mir zunehmend schwerer, sie unter Kontrolle zu halten und einen gleichmütigen Gesichtsausdruck beizubehalten.
Ich hasste den Gang, die Schüler, die wie aufgeschreckte Hühner scheinbar planlos herumliefen, den Lärm der unzähligen Stimmen und sogar den Schlüssel, den ich in der Hand hielt. Er symbolisierte meinen persönlichen Alptraum für die nächsten Schultage, -wochen und vielleicht sogar Jahre. Normalität in Form eines eigenen Spinds.
Bei dem Gedanken an die vor mir liegende Zeit ballten sich meine Hände unwillkürlich fester um das gezackte Metall. Die Entspannungsübungen, die ich in den vergangenen sechs Jahren hatte lernen müssen, halfen nur geringfügig. Wahrscheinlich war ich schon außer Übung, weil ich heute nicht – wie sonst jeden Morgen um sieben Uhr – zur Meditation gezwungen worden war. Auf Kommando ins Nirwana, ein Ding der Unmöglichkeit. Trotzdem konzentrierte ich mich. Einatmen, halten, halten, halten, und … ausatmen, warten, warten, warten und … einatmen … Ich bemühte mich darum, die Sekunden zu zählen, während ich den überfüllten Gang entlang schlenderte. Dabei wich ich rennenden Schülern aus, ignorierte das farbenfrohe Kaleidoskop der ungewohnten und freien Kleiderwahl, und wünschte mir woanders zu sein. Irgendwo anders.
Natürlich half es nichts. Weder die Atemübungen noch der Wunsch. Das mochte am schlechten Karma dieses hellgrau gestrichenen Schulflures liegen, oder an meinem eigenen. Aber aus irgendeinem Grund wirkte nicht, was sich jahrelang bewährt hatte. Meine schlechten Charaktereigenschaften regten sich und weckten noch schlechtere Gedanken. Wahrscheinlich spielte die Tatsache, dass ich auch nach zehn Minuten intensiven Suchens meinen Spind noch nicht gefunden hatte, dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Aber auf gar keinen Fall lag es daran, dass mich alle die hektischen Schüler anstarrten, als sei ich stigmatisiert. Ihre Blicke bohrten sich in meinen Rücken, fixierten und prüften mich, schätzen mich ein und bildeten sich ein Urteil. Aber vor allem führten sie mich in Versuchung. Vielleicht sollte ich mich ganz einfach wild schreiend im Kreis drehen, um herauszufinden, ob in irgendeiner Ecke schon ein Exorzist oder die Männer mit den weißen Kitteln lauerten – bei mir konnte man schließlich nie wissen, oder?
Ich seufzte und kämpfte diese Fantasie nieder. Sollten die Kinder doch starren … darüber war ich erhaben … irgendwie … und strenggenommen hatte ich ihre Blicke ja verdient. Ich war stigmatisiert, auch wenn man es mir beim besten Willen nicht ansehen und sie es nicht wissen konnten. Dessen war ich mir sehr sicher. Ziemlich jedenfalls. Zumindest wenn nicht plötzlich auf meiner Stirn »War in den letzten sechs Jahren auf einem Internat für Schwererziehbare« stand. Beinahe hätte ich es überprüft. Schließlich gab es ansonsten nichts, weshalb ich seltsame Blicke ernten konnte. Optisch gab es an mir nichts zu beanstanden – zumindest solange die Brandnarben an meinem linken Arm durch Stoff bedeckt waren. Ich war groß, schlank und hatte rabenschwarze, lange Haare. Vermutlich kam die allgemeine Aufmerksamkeit von dem »ist neu« und »ist groß«. Es war nicht leuchtturmgroß, aber immer noch groß genug, um aufzufallen und die meisten Jungs abzuschrecken. Jetzt mal ehrlich … Wer möchte schon eine
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