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ErosÄrger

ErosÄrger

Titel: ErosÄrger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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Morgen!« Statt mich umzubringen stand Cassius auf und reichte mir seine Hand. Wieder spürte ich, wie seine Magie durch mich hindurchströmte, jeden Zoll meines Wesens prüfte und sich langsam wieder zurückzog. Nur durch meine täglichen Übungen gelang es mir, dabei ungerührt weiterzuatmen und mir nichts anmerken zu lassen. Nicht einmal, als die Magie kurz verharrte, als ob sie trotz der Sicherheitsvorkehrungen Darias irgendetwas Suspektes bemerken würde.
    »Wie geht es Ihnen?« Die Frage meines Bruders klang unverbindlich und freundlich. Ich sah auf und Cassius´ Blick brachte meinen Herzschlag ins Stolpern. Das hier war kein zufälliges Treffen!
    »Als wäre ich gestern knapp dem Tod entkommen«, antwortete ich und legte die gesamte Wahrheit, die ich aufbringen konnte, in meine Aussage. Wie wahr meine Aussage war, würde Cassius zum Glück nie erfahren.
    »Sie waren zu keiner Zeit ernsthaft in Gefahr«, versicherte er und ich konnte spüren, wie seine Magie zu ihm zurückkehrte. Die Erleichterung war so groß, dass ich sie nur durch eine Provokation überspielen konnte. »Ich bin angeschossen worden, schon vergessen?«
    »Als Nymphe heilt man schnell.«
    »Zum Glück!«
    »Was machen Sie eigentlich, wenn Sie sich nicht als Geiseln nehmen oder anschießen lassen?«
    Ach du Scheiße! Ich starrte meinen Bruder einen Moment lang an. Wollte Cassius mit mir ausgehen oder hatte er einen Verdacht? Ich konnte mich gar nicht entscheiden, was von beidem ich … skurriler finden würde.
    Er schien mein Unbehagen zu bemerken und schwächte seinen Flirt ab: »Sie erinnern mich an jemanden.«
    »Jemand gutes?«
    »Jemanden, den ich sehr vermisse.«
    Wir sahen uns einen Moment lang an und wieder hatte ich das unheimliche Gefühl, Cassius würde mir bis auf den Grund meiner Seele blicken. Aber was las ich in seinen Augen? Wut oder echtes Bedauern?
    Wieder rebellierte mein Innerstes und zog sich schließlich vor Trauer zusammen. Oh Gott, wie sehr ich mich nach ihm sehnte! Für einen kurzen Augenblick war ich versucht, meine Hand auszustrecken und ihn zu berühren. Nur um zu prüfen, ob er real war und ob es ihm wirklich so ging, wie mir. Aber er war ja nicht derjenige auf den das Todesurteil wartete – er war der Vollstrecker. Und wie ich ihn kannte, würde er keine Sekunde zögern. Dass er mich hinterher ehrlich und ernsthaft betrauern würde, machte es kein bisschen besser.
    »Sie arbeitet für den Rat und wird demnächst für uns ins Ausland gehen.« Darias Worte klangen locker und glaubwürdig. Aber wer würde schon einen Engel der Lüge bezichtigen?
    »Wie schade.« Immer noch hielt mich der Blick meines Bruders gefangen und schien mich zu einer Unvorsichtigkeit verleiten zu wollen. »Falls Sie mal wieder in der Nähe sind … oder einfach Lust haben zu reden …« Er ließ seinen Satz ausklingen, da die Visitenkarte, die er mir reichte, ihn unausgesprochen weiterführte. Ohne eine Erwiderung abzuwarten, nickte er mir zu, deutete eine Verbeugung in Richtung der Wahrsagerin an und ging.
    Erst als das leise Klirren des Vorhangs zur Ruhe gekommen, gelang es mir mich zu entspannen. Allerdings nur körperlich. »Weiß er es?«
    »Wenn er es wüsste, wärst du schon tot.«
    »Wie beruhigend und wie schön, dass wir beide dieselbe Meinung von ihm haben.«
    Mir lief ein kaltes Frösteln den Rücken hinab. Es ließ sich nur durch das Wissen um meine aktuelle Sicherheit verdrängen. Hier, auf dieser Seite des Vorhangs, unter dem Schutz des Rates, würde mir nichts geschehen. Trotzdem wussten Daria und ich beide, was jetzt erforderlich war. Wieder einmal. Ich schwieg und dachte daran, was ich dieses Mal alles verlieren würde. Mal abgesehen von mir selbst natürlich, meinen Vorlieben, Hobbys und Freunden. Bei jeder Verwandlung in eine neue Person fiel es mir leichter, zu jemand anderem zu werden. Ein Umstand, der mir schmeichelte und Angst machte. Eines Tages würde ich vielleicht aufwachen und diese Person sein – ohne jede Erinnerung daran, wer ich wirklich war.
    Aber ich würde leben!
    Verdrängung funktionierte nicht nur bei Menschen. Ich war sogar in der Lage, meine Emotionen geistig weit nach unten zu verschieben, in die dunkle Ecke mit den Erinnerungen und den Toten, die ich zu betrauern hatte. Die Tür zu diesem finsteren Raum zu verschließen, fiel mir Dank meiner Magie nicht schwer.
    »Madam Daria Sarafin …«, meine Stimme enthielt einen leichten, absichtlichen Tadel, »ich habe dir schon hundert Mal gesagt, du sollst

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