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ErosÄrger

ErosÄrger

Titel: ErosÄrger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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anders. Wirklich nicht. »Troll? Groß. Knüppel. Schläge. Brücken?«
    »Hei, beschweren Sie sich bei meiner Mutter, die hat während der Schwangerschaft geraucht.« Der rotbemützte Zwergentroll machte beleidigt auf dem Absatz kehrt und tauchte in der Menge unter. Gott sei Dank. Wenn er größer gewesen wäre, hätte er vielleicht zu »Knüppel« und »Schläge« im Zusammenhang mit mir und meinem losen Mundwerk eine andere Einstellung gehabt.
    Ich seufzte. Das konnte ja wirklich heiter werden. Und dann auch noch gleich so lange.
    Drei Gin Tonics später war es wirklich heiter. Tanzen, flirten, reden, alles gar kein Problem mehr. Abgesehen natürlich davon, dass Dionysos einen Narren an mir gefressen hatte und mein vermeintliches Wasser jedes Mal in Wein verwandelte. Aber was sollte man vom Gott der Ekstase schon anderes erwarten als Frauen betrunken zu machen? Musste an dem kindischen, überdimensionalen Holzphallus liegen, den er in seine langen, schwarzen Haare geflochten hatte und den er stolz jeder Frau, die wissen wollte was er war, zeigte. Den anderen zeigte er ihn sowieso.
    Immerhin war er charmant, gut aussehend und trotz seines Alkoholpegels hielt mich sein großer Thyrosstab von dummen Kommentaren ab. Sah einfach zu stabil aus, das Ding. Und ein bisschen wie ein Schlagstock. Konnte dumme Bemerkungen folglich schon im Vorfeld unterbinden.
    Das und der Umstand, dass ich irgendwie nicht der ekstatische Mensch war, sorgten für meinen unauffälligen Rückzug. Kurz verschmolz ich in der Menge der Frauen, die Gabriel anhimmelten (Gott, Frauen! Kauft euch doch mal einen wenig Würde!), dann gelang mir die Flucht. Sogar die gute Fee Sabine, die sich unter die Feiernden gemischt hatte, und mehr oder weniger auf mich lauerte, bemerkte mich nicht. Denn obwohl das Schiff und die zwei Decks ziemlich groß waren, spielte die Musik (wortwörtlich) doch nur an der massentauglichsten Stelle.
    Außer Sicht meines aufregend abregenden Verehrers und der penetranten guten Fee, schob ich mich an einem Nix vorbei (Nicht zu verwechseln mit einem Nög. Nögs sind die bösartigen Flussungeheuer, die sich einen Spaß daraus machen, Menschen unter Wasser zu ziehen – meist länger als drei Minuten. Ein Nix sieht exakt gleich aus, benimmt sich exakt gleich, lässt nur die »Unter-Wasser-zieh-Nummer« aus und ersetzt sie durch Freundlichkeit, Weissagerei und Ratschläge. Beinahe genauso nervig, wenn auch deutlich weniger tödlich.), der gerade mit einer Rusalka flirtete.
    Kurz war ich versucht, ihn vor dem slawischen Wassergeist zu warnen. Schließlich konnte ihr Gelächter Menschen töten und nur derjenige, der ihre Rätsel Marke Eigenbau löste, entkam ihrer Magie. Dann sah ich das Kreuzworträtsel auf seinem T-Shirt. Es sah selbstgemacht aus. Okay, ja. In meinem Liebesvermittlerinnen-Leben hatte ich schon deutlich seltsamere Sachen gesehen. Außerdem musst man auch mal egoistisch sein können. Ich mochte Gin Tonic, keinen Wein.
    Vertrug ich außerdem auch viel besser.
    Deswegen machte ich auch einen Bogen um den unbekannten Mann, der mit Kalypso und Kirke am Bug des Schiffes hockte. Man hätte die zwei Frauen glatt für Freundinnen halten können, wenn man nicht zufällig wusste, dass beide mal mit Odysseus zusammen gewesen waren. Ja, genau. Der griechische Helde und Irrfahrer. Verheiratet.
    Leider nicht verheiratet genug, um zwischendurch keine Affären zu haben (Sieben Jahre mit Kalypso – einen Sohn, Telegonos; vier Jahre mit Kirke – Kinderlos, dafür eine Menge schweinischer Haustiere.) und erst als Greis wieder nach Hause zu kommen. Zu seiner treuen Frau. Schön und strunzendumm. Im Endeffekt alle drei Frauen. Würde ich natürlich nie laut sagen. Im Gegenteil. Als ich Kirkes »Ich bin ein Schwein, holt mich hier raus« hörte, überließ ich den Mann seinem Schicksal zwischen Sirene und Zauberin, und huschte unauffällig die Treppe hinab, um den Bug des Unterdecks zu belegen. Da soll mal einer sagen, Alkohol trübe das Entscheidungsvermögen. Ha!
    Ich schaffte es sogar, nicht den Titelsong aus dem Film »Titanic« zu singen (was allerdings nur daran lag, dass mir der Text nicht einfiel) und mich als »Schiffsfigur« zu platzieren. Stattdessen sah ich zu, wie die kleinen Wellen durchpflügt wurden und neue Wellen in Gang gesetzt wurden. Die Art wie das Licht auf der Wasseroberfläche brach, war fast hypnotisch. Erst recht, wenn als Hintergrundmusik ein melancholisches Liebeslied lief.

    Lillys Rückzug glich dem Tanz auf

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