Erotischer Roman
würde er sich etwas Besonderes einfallen lassen müssen. Er blieb stehen und sah in die Ferne, seine Hände baumelten durch die hochgewachsenen Gräser, und er strich sanft über die zarten Spitzen.
Das Eigenartige an dieser Geschichte, die noch keine war, bestand darin: Sie nahm mittlerweile sein gesamtes Denken ein. Bis vor kurzem hatte er noch gedacht, dass seine Bemühungen, Ava zu überzeugen, mehr ein Hobby denn eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Zweck, eine gemeinsame Zukunft zu planen, war. Gordon fragte sich nun schon zum hundertsten Mal, wie es dazu gekommen war, dass er sich so auf sie fixiert hatte. Irgendwie hatte er den Punkt, an dem es sich vom amüsanten Zeitvertreib, sie zu necken, in ein ernstes Bedürfnis, sie zu lieben, verwandelt hatte, verpasst. Er war fassungslos. Nie hätte er daran gedacht, dass ihm so etwas noch passieren konnte. Hier und jetzt nahm ihm der Gedanke, dass sie nicht bei ihm war, den Atem. Plötzlich lächelte er. Sie hatten die gleichen Vorlieben, da sollte sich doch etwas machen lassen. Und in der Tat, je weiter er ging, desto mehr nahm die Idee, die ihm gekommen war, Gestalt an. In Cannes, wenn sie nicht damit rechnete, würde er zuschlagen. Er lächelte bei diesem Wortspiel.
Ein seltsames Wochenende lag hinter Ava. Ständig hatte sie ein flaues Gefühl in ihrer Magengegend, von dem sie wusste, dass es spätestens am Samstagabend nicht mehr von ihrem Kater herrühren konnte. Sie versuchte, sich mit alltäglichen Dingen von dem Gedanken an ihre bevorstehende Hinrichtung abzulenken. Mit wenig Erfolg, wie sie sich selbst eingestand. Es war zum Auswachsen. Nichts half dabei, sich von diesem unguten Gefühl abzubringen. Irgendwann gab sie es auf und fügte sich in ihr vermeintliches Schicksal. Der Montag würde schon noch früh genug kommen, also hörte sie auf, sich den Kopf darüber zu zerbrechen.
Gordons Ankunft im Büro wurde für gewöhnlich mit dem Hereinstürmen seiner Jungs angekündigt, die wie eine wild gewordene Horde durch die Agentur stürmten, um sich ihre am Wochenende entgangene Ration an Leckereien bei den Angestellten abzuholen.
Die Runde der Hunde endete meist vor Avas Schreibtisch und somit mit einem letzten Happen, bevor sie sich auf ihre Plätze in Gordons Büro zurückzogen. Dieser Montagmorgen sollte zumindest in diesem Teil genauso ablaufen wie alle anderen Montage davor. Nachdem die Hunde sich ihren Platz gesucht hatten, erschien auch Gordon. Er grüßte in die Runde, blieb in der Tür zu ihrem Büro stehen und musterte Ava kurz. Diese sah nur kurz auf und lächelte ihn schwach an, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Normalität war das Stichwort nach diesem Wochenende. Einfach so tun als ob. Gordon räusperte sich und ging an ihr vorbei in sein Büro.
Entgegen seiner sonstigen Angewohnheit, die Tür geöffnet zu lassen, schloss er sie diesmal hinter sich. Ava zog eine Grimasse: keine Normalität. Kurz nachdem Ava hier in der Agentur ihre Tätigkeit aufnahm, hatte sie auf jedem PC ein internes Nachrichtensystem installieren lassen, damit die Angestellten untereinander kommunizieren konnten, ohne dass die Telefone dauernd belegt waren. Eine nützliche Einrichtung, wie sich bald herausstellte. Zum einen wurde diese Funktion für private Gespräche genutzt, somit der Geräuschpegel um ein Vielfaches reduziert, und zum anderen waren die Telefonleitungen nun wirklich für die Kunden frei.
Ava tippte gerade ihre Liste für die notwendigen Tätigkeiten zur Vorbereitung der Reise nach Cannes ein, als sich auf ihrem PC eines dieser Kommunikationsfenster öffnete. Gordon nutzte diese Einrichtung selten, aber heute Morgen schien er es für nötig zu halten. Sie sah auf das Fenster, und es lief ihr eiskalt den Rücken herunter. Sie schluckte schwer, nahm ihren Block, erhob sich und ging zur Tür. Dort zupfte sie an ihrer Kleidung, prüfte den Sitz, und ging hinein. „Setz dich bitte“, er hatte nicht von dem aufgesehen, woran er gerade gearbeitet hatte. Ava lief mit elegantem Schwung um die einzelnen Stapel mit Manuskripten und nahm auf dem großen Sessel vor seinem Schreibtisch Platz.
Sie wagte es nicht, sich bequem hinzusetzen, und so blieb sie auf der vorderen Kante sitzen, überschlug ein Bein und legte ihren Block darauf ab.
Gordon stützte sein Kinn auf die Hand, las noch ein paar Zeilen in dem Manuskript, das vor ihm auf dem Tisch lag, und klappte dieses dann entnervt zu. Er reichte Ava das Manuskript mit der Aufforderung
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