Erregende Ermittlungen
faulenzen.“
Marvins Lachen signalisierte deutlich, dass er ihr kein Wort glaubte.
„Naja, deine Sache. Bist du noch an Picket Island interessiert?“
„Klar! Sag schon!“
„Also: Die ganze Insel gehört, wie einige andere auch, einer Investmentgesellschaft auf den Virgin Islands, die auf Premium-Touristik-immobilien spezialisiert ist. Dahinter steht anscheinend ein Klüngel aus Anwälten und Zahnärzten aus Québec. Man kann diese Inseln jeweils immer nur für eine ganze Saison buchen. Zu den Kunden gehörten üblicherweise Broker, Top-Manager, Showstars und Promis. Russische Neureiche, Scheichs und andere Leute mit mehr Geld, als gut für sie ist. Die Miete für eine Saison kostet mehr, als ich bis zur Rente verdienen werde. Und das ist noch ganz schön lange hin!“
„Wer hat das Ding in diesem Jahr gemietet?“, wollte Megan wissen.
„Eine Briefkastenadresse aus Amsterdam, Niederlande“, kam es prompt aus dem Lautsprecher. „Ich habe ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass dahinter eine Firma namens „Sunlight Oil Ltd.“ mit Sitz in Riad steht. Entgegen dem Namen machen die allerdings nicht in Öl, sondern handeln im großen Stil mit Baustoffen, Metall, Ersatzteilen und solchen Sachen. Hier in den Staaten haben die nur eine kleine Dependance in Washington, aber mit kanadischen Firmen machen die dicke Geschäfte.“
„Sunlight Oil…“, murmelte Megan nachdenklich.
„Genau. Und jetzt rate mal, was passiert ist, als ich einen alten Kumpel beim Marinenachrichtendienst anrief, und mich nach dieser Firma erkundigt habe?“
„Uh oh!“
„Exakt. Zehn Minuten später meldete sich jemand von der CIA und wollte genau wissen, warum ich mich dafür interessiere.“
„Und was hast du gesagt?“
„Ach, ich hatte schon so ein komisches Gefühl. Also hatte ich mir im Vorfeld eine nette Story zu einem anderen Fall zurecht gelegt, der gerade läuft. Ich denke, er hat sie gekauft.“
Megans Gedanken rasten.
„Möglicherweise wird unser Gespräch abgehört“, meinte sie dann langsam. Es war ein offenes Geheimnis, dass die Nachrichtendienste unverfroren alles mithörten, was über den Äther ging.
„Das ist kein Problem!“ Sie konnte förmlich Marvins jugendliches Grinsen durch das Telefon spüren. „Die nette Story umfasst auch dich. Wenn irgendein Computer bei der NSA auf Stichworte wie „Sunlight Oil“ angesetzt ist, dann erscheint gleich darauf ein Fenster, das eine Fahndung nach einem flüchtigen Anwalt aus LA zeigt, der anscheinend Kontakte zu dieser Firma hatte. Digital gesehen bist du also ganz offiziell beauftragt, dich im Rahmen deiner dienstlichen Aufgaben um diesen Laden zu kümmern.“
„Wow. Danke, Marvin.“ Ein kurzer Schauder überlief sie beim Gedanken an die unsichtbaren Tentakel, die sich durch alle Computer und Kommunikationsgeräte zogen und an einem unbekannten Punkt zusammen liefen. Sie war nicht anfällig für Verschwörungstheorien. Sie ging auch nicht davon aus, dass sinistere Kräfte unentwegt daran arbeiteten, das Weiße Haus zu besetzen, die Bürgerrechte abzuschaffen, und aus den guten alten USA eine Diktatur zu machen. Aber der digitale Krake, der dort irgendwo in seiner Höhle lauerte, gewann unrettbar jeden Tag mit jedem versendeten Bit an Macht hinzu…
„Danke!“, wiederholte sie und schüttelte diese düsteren Bilder ab. „Erinnere mich daran, dass ich ein Kind von dir will, sobald ich zurück bin.“
„Könnte schwierig werden“, meinte Marvin. „Ich habe meine Spermien schon exklusiv an eine Samenbank verkauft. Die zahlen Höchstpreise für ausgewiesene Genies.“
„Ah, diese romantische Ader. Genau das macht dich so unwiderstehlich für uns Frauen, Marvin!“
Sie flachste noch ein paar Minuten mit dem jungen Kollegen herum, dann verabschiedete Megan sich. Danach blieb sie jedoch im Garten stehen, sah auf die ruhige graublaue Fläche des Atlantiks hinaus, und nagte nachdenklich auf einer Ecke ihres Nokias herum.
Ein schwerreicher Industrie-Tycoon, der nicht wollte, dass sich die Polizei um seine entführte Tochter kümmerte. Eine obskure Firma aus Saudi-Arabien, für die sich schon der CIA interessierte. Und dazwischen sie und ihr Grünschnabel-Partner auf einem – bei Licht betrachtet – einigermaßen fragwürdigen Trip. Ein Trip, der vor allem deshalb attraktiv erschien, weil sie damit dem Captain eins auswischen wollte, und der sie ohne Weiteres ihren Job kosten konnte. Wie zum Henker hatte sie sich nur in diese Situation
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