Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
Vom Netzwerk:
waren, hatte Zulas Bewusstsein bereits gestreift, traf sie jedoch mit voller Wucht, als sie Qian Yuxia ans obere Ende der Treppe folgte. Die hilfsbereiten Fremden, die ihnen vermeintlich sinnlose Wege beschrieben hatten, schienen jedes Mal zu sagen, dass das Internetcafé »im Stockwerk über« oder »hinter« diesem oder jenem Geschäft lag, und daraus hatte Zula geschlossen, dass sie von kleinen Hinterzimmerunternehmen sprachen.
    Jetzt wurde ihr klar, dass diese Einrichtungen sich im Stockwerk über oder auch hinter anderen Geschäften befinden mussten , weil sie so riesig waren . Dieses hier füllte eine ganze Etage des Gebäudes aus. Brandneue PC s mit Flachbildschirmen standen so dicht nebeneinander, wie die Gesetze der Thermodynamik es erlaubten, und so gut wie alle waren besetzt. Mindestens hundert Menschen befanden sich in dem Raum, alle mit Kopfhörern versehen und deshalb sonderbar leise.
    »Ach du lieber Himmel«, sagte Csongor.
    »Was?«, fragte Yuxia.
    »Das ist zehnmal größer als das größte, das wir je gesehen haben«, erklärte Zula.
    »Das ist nur die eine Hälfte«, sagte Yuxia, mit dem Kopf auf eine andere Treppe deutend, die zu einem zusätzlichen Stockwerk führte. »Wie viele wollt ihr?«
    »Wie bitte?«
    »Wie viele von euch wollen an einen Computer?«
    »Einer«, sagte Zula, »es sei denn …?« Sie sah Sokolow an, der eine weitere an der Wand aufgehängte Dekoration anstarrte: eins aus einer Serie von Werbeplakaten, die die Marketingabteilung von Corporation 9592 kurz nach dem Start des Spiels produziert hatte, als sie noch wild darum bemüht waren, World of Warcraft Kunden abzujagen. Es waren nachgemachte Reiseposter in detaillierter fotorealistischer Manier. Dieses spezielle zeigte einen Dwinn, der, eine Angel in der Hand, auf einem Felsblock am Ufer eines unberührten Bergsees hockte und sich einen harten Kampf mit einem prähistorisch anmutenden Biest mit vorstehenden Zähnen lieferte, das man in mittlerer Entfernung, einen Haken mit Köder durch die Lippe gerammt, durch die Wasseroberfläche herausbrechen sehen konnte. Der eigentliche Zweck des Posters hatte darin bestanden, den unglaublichen Realismus von Plutos Geländeformationen erzeugender Software zu zeigen, der in den Berghängen am gegenüberliegenden Seeufer einen eindrucksvollen Niederschlag gefunden hatte. Die Ausstatter und Trickzeichner jedoch, die sich auch nicht hatten lumpen lassen, hatten viel Zeit und Energie darauf verwandt, die Haltung des Dwinns ganz exakt wiederzugeben: sich gegen den Zug der Angelschnur zurücklehnend, einen Fuß abgestützt, den anderen vom Boden abhebend. Für Zula war es, als betrachtete sie einen Schnappschuss von zu Hause, was ihr ziemlich zusetzte; darauf war sie hier nicht gefasst gewesen.
    Praktischerweise wählte Sokolow ausgerechnet diesen Moment, um gesprächig zu werden. Langsam drehte er den Kopf, um erst Zula, dann Yuxia anzusehen. »Vielleicht google ich Geschäft für Anglerausrüstung.«
    Zula rang immer noch mit einem beträchtlichen Kloß in der Kehle, und Yuxia hatte keine Ahnung, was sie von Sokolow halten sollte.
    »Angeln«, wiederholte Sokolow, wies mit dem Kopf auf das Plakat und mimte jemanden, der eine Angel auswarf und wieder einholte. »Mein Chef will angeln gehen. Wir haben aber die Ausrüstung nicht dabei.«
    »Wann?«, fragte Yuxia.
    Sokolow zuckte die Schultern. »Vielleicht morgen. Vielleicht übermorgen. Kommt drauf an. Könnte aber heute Ausrüstung besorgen. Muss Laden googeln.«
    »Das geht aber nicht«, sagte Yuxia, »wenn du kein Chinesisch lesen kannst.«
    »Brauche also Hilfe. Muss besondere Hüte kaufen. Kleine Kühlboxen. Koffer für Angelrute.« Er zuckte die Schultern. »Übliches.«
    Yuxia wandte sich ab und ging auf den vorderen Tresen des wangba zu, der mit seinen sechs Metern Länge und zwei Kassen für sich genommen schon ein recht ansehnliches Inventarstück darstellte. An der Wand dahinter standen zwei Kühlvitrinen voller Getränke und ein paar Regale, auf denen sich Instantnudelsuppenschälchen stapelten, die mit Foliendeckeln versiegelt und rundherum in schreienden Farben bedruckt waren. Hinter dem Tresen befanden sich drei Leute: zwei Angestellte, beides Männer in den Zwanzigern, und ein Polizeibeamter des Büros für Öffentliche Sicherheit in seinem hellblauen Hemd mit Krawatte und dunkler Hose. Letzterer saß mit dem Rücken zu ihnen und hielt seine Aufmerksamkeit auf zwei Flachbildschirme gerichtet, die jeweils in vier Felder

Weitere Kostenlose Bücher