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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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letztes Mal umgesehen hatten, gingen auch sie hinein.
    Sokolow verließ seine Deckung und rannte um das Haus herum zu der Seite, die aufs Wasser und die Lichter von Xiamen hinausging. Olivias kleiner Balkon befand sich zwei Stockwerke über seinem Kopf. Aus dem Boden wuchs nahe der Hausecke, zu nah an dem Gebäude, ein Baum. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war er vermutlich ein wilder Sämling gewesen. Während der Jahrzehnte, in denen niemand sich um das Anwesen gekümmert hatte, war er gänzlich verwildert, bis die neuen Besitzer, die diesen reifen, fünfzehn Meter hohen Baum auf ihrem Grundstück vorfanden, ihn mit Astsägen bearbeitet, seine unteren Äste abgehackt und ihn zu etwas zurückgestutzt hatten, was etwas mehr nach vernünftiger Gartengestaltung aussah. Es war weder der einfachste noch der schwierigste Kletterbaum, den Sokolow je gesehen hatte; der einzige Grund, warum er ihn beim ersten Mal nicht benutzt hatte, war die Tatsache, dass ihn am helllichten Tag aus den Fenstern der unteren Wohnungen jeder hätte sehen können.
    Jetzt kletterte er ihn hinauf, nicht gerade mit viel Anmut oder Würde, aber er fiel nicht hinunter und verschwendete nicht viel Zeit. Ein Ast, der überlebt hatte, bog sich vom Stamm weg auf die Hausecke zu. Nachdem Sokolow daraufgeklettert war, fand er sich in zwei Meter Entfernung zwei Meter oberhalb des Daches wieder. Der Sprung war nicht besonders schwierig, doch als er sich abstieß, ließen ihn Jeremy Jeongs Anzugschuhe im Stich und er bekam die Dachtraufe in den Bauch, statt, wie er sich vorgestellt hatte, flach auf den Dachziegeln zu landen. Er holte mit der linken Hand aus und griff nach der Halterung einer Satellitenschüssel. Mit der Rechten packte er das Koaxialkabel, das zu ihr hinaufführte. Als er beide Hände an dem Kabel hatte, ließ er sich so weit hinunterrutschen, bis seine strampelnden Füße das fanden, was, wie er mit ziemlicher Sicherheit annahm, das Betongeländer um Olivias Balkon war. Während er sein Gewicht darauf verlagerte, lehnte er sich zurück, um von der Dachtraufe loszukommen, drehte sich dann um und ließ sich in der Hocke auf den Balkon fallen. Dieser war gerade mal groß genug für einen Stuhl und einen kleinen Tisch. Von hier war der Zugang zu ihrer Wohnung durch eine Glastür mit einem Eisengitter versperrt, die jetzt den Blick durch Olivias Schlafzimmer hindurch bis zu dem kleinen Wohnzimmer jenseits davon freigab.
    Die Tür war verschlossen. Am Tag hatte er sie aufbekommen, indem er die Scharnierbolzen herausgerissen hatte. Auf einem ihrer Fotos war ihm nämlich aufgefallen, dass die Fensterbauer den schwerwiegenden Fehler gemacht hatten, sie außen anzubringen. Dennoch hatte es eines mehrere Minuten dauernden Herumschraubens bedurft.
    Er konnte Olivia selbst nicht sehen, wohl aber ihren Schatten, der sich an den Wänden und auf dem Fußboden bewegte. Sokolow war sich ziemlich sicher, dass sie in der Nähe der Wohnungstür stand.
    Er zog seine kleine Taschenlampe aus dem Trinkrucksack, schob sie durch die Gitterstäbe und klopfte damit heftig an die Glasscheibe. Dann knipste er sie an und richtete sie auf sein Gesicht.
    Der Schatten erstarrte, bewegte sich dann in Zeitlupe. Olivia spähte einen Moment lang um die Ecke, bevor sie abrupt den Kopf zurückzog. Er konnte sehen, wie ihre Hand an ihren Mund fuhr. Dann wagte sie noch einmal einen Blick.
    Was würde sie tun, wenn sie ihn erkannte? Die Polizei zu rufen, wäre eine völlig vernünftige Option.
    Stattdessen kam sie entschlossenen Schrittes auf ihn zu, schloss die Balkontür auf und trat zur Seite, um ihn in ihr Schlafzimmer zu lassen.
    »Jemand klopft an die Tür – sagt, er sei ein Sicherheitswachmann«, erklärte sie.
    »Holen Sie dunkle, warme Kleidung«, sagte Sokolow. »Packen Sie sie zusammen mit Wasser und etwas zu essen in eine Tasche. Ansonsten ignorieren Sie alles.«
    »Was soll das heißen?«
    » Alles .«
    Sokolow lud die Makarow durch. Dann steckte er sie sich wieder in den Hosenbund.
    Mit großen Schritten ging er zu Olivias Wohnungstür, drehte den Schlüssel im Schloss und riss die Tür auf.
    Da stand der Mann in der Uniform des Sicherheitswachmanns, die Hand schon gehoben, um noch einmal zu klopfen. Zwei seiner Freunde lauerten zwei Schritte hinter ihm. Der Dritte war weiter weg, stand an der Treppe Schmiere.
    Sokolow packte den »Sicherheitswachmann« an den Haaren, zerrte ihn in die Wohnung, schlug die Tür zu und schloss wieder ab.
    Der Wachmann zog ein Messer

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