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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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Absaugrohrs im Laufe der nächsten halben Stunde die Tonne zu leeren.
    Als er dann in der Hoffnung, eine triumphale und dramatische Erhöhung des Füllstands zu beobachten, erneut den Stab in den Tank tauchte, musste er feststellen, dass seine ganze Mühe wirkungslos geblieben war; in der dafür aufgewandten Zeit hatten sie so viel verheizt, wie er hinzugefügt hatte.
    Als er mit all dem fertig war, wurde es am östlichen Himmel schon heller. Er ging auf die Brücke hinauf, wo er Yuxia allein vorfand, das Boot in Richtung Osten steuernd und leise vor sich hin weinend. Marlon hatte sich anscheinend unten in einer der Kabinen schlafen gelegt.
    Csongor brauchte nicht viel Fantasie, um zu verstehen, warum Yuxia die Tränen übers Gesicht liefen. Während der letzten paar Stunden hatten sie blödsinnige Risiken auf sich genommen und ihre ganz Energie darauf gerichtet, aus China zu entkommen. Im Rückblick konnte Csongor keinen einzigen Moment ausmachen, wo sie sich anders hätten entscheiden können. Er und Marlon hätten Yuxia nicht dem wie auch immer gearteten Schicksal überlassen können, das die Dschihadisten für sie vorgesehen hatten. Nachdem sie dann unerwarteterweise an dieses Fischereifahrzeug gekommen waren, mussten sie irgendetwas damit tun, und aus der Volksrepublik China zu verschwinden war ihnen als gute Idee erschienen. Für Csongor war das zufällig gleichbedeutend damit, sich der Heimat zu nähern. Marlon schien dieser überhastete und ungeplante Aufbruch aus seinem Vaterland nicht besonders viel auszumachen; für ihn war es wahrscheinlich ein Abenteuer, wie jeder junge Mann es gerne einmal erleben würde. Er musste ohnehin ein wenig Distanz zwischen sich und die Wohnung legen, in der er REAMDE erschaffen hatte, und das war eine ausgezeichnete Gelegenheit dazu. Yuxia dagegen war ursprünglich nur deshalb in diese Sache hineingezogen worden, weil sie sich gerne mit ein paar ratlosen Menschen aus dem Westen anfreunden wollte, die sie in den Straßen hatte umherirren sehen. Sie hatte Verwandte in Yongding, Verwandte, die sich sicher Sorgen um sie machten, und Yuxia musste sich jetzt fragen, ob sie sie je wiedersehen würde.
    Und auch wenn sie es täte, wie könnte sie ihnen gewisse Dinge erklären? Den Kampf auf dem Kai? Die Quälerei in dem Eimer mit Meerwasser? Die Tatsache, dass sie eine Pistole auf Mohammed gerichtet und versucht hatte, ihn zu erschießen?
    Kein Wunder, dass sie am Boden zerstört war.
    »Ich übernehme das«, sagte Csongor. »Geh was essen. Leg dich schlafen.«
    Sie rührte sich nicht.
    »Es wird alles gut«, sagte er. »Irgendwie kriegen wir das hin. Nichts davon ist deine Schuld. Und eines Tages wirst du zurückkehren.«
    Das war als Trost gemeint, ließ Yuxia jedoch unter lautem Wehklagen aus der Brücke hinausrennen. Besorgt, sie könnte sich jeden Augenblick ins Meer stürzen, folgte Csongor ihr ein Stück, doch sie stampfte die Stahltreppe hinunter, lief in eine Kabine und knallte die Tür hinter sich zu.
    Csongor steuerte das Schiff weiter in den Sonnenaufgang hinein, während er auf den Bedienelementen des GPS -Geräts herumdrückte und versuchte, sich eine Vorstellung davon zu machen, wo sie sich befanden. Dank des Lichts, das durch die vorderen Fenster hereinfiel, konnte er sich viel besser auf der Brücke umsehen und entdeckte erst jetzt ein Fach mit Seekarten, das im Dunkeln ihrer Aufmerksamkeit entgangen war. Er breitete sie nach und nach aus und versuchte, sich darauf zurechtzufinden. Die meisten waren großformatige Darstellungen komplexer Gebilde entlang der Küste von China, und er hatte Mühe, ihren jeweiligen Kontext zu verstehen. Ein Blatt jedoch fiel ihm besonders ins Auge, denn darauf war eine Gruppe kleiner Inseln abgebildet, deren Form seinem Gedächtnis auf die Sprünge half: Er hatte sie vor einer Weile gesehen, als er mit dem GPS herumhantiert hatte. Auf der Karte waren sie als Pescadores ausgewiesen. Sie lagen mitten in der Formosastraße, näher an Taiwan als am Festland, aber immer noch gut fünfzig Kilometer näher an der augenblicklichen Position des Schiffes als die taiwanesische Küste selbst. Und dem GPS nach zu urteilen befanden sich diese Inseln ziemlich nah an dem Kurs, den sie ohnehin gefahren waren. Also schien es nahezuliegen, auf die Pescadores zuzuhalten. Csongor änderte seinen Kurs entsprechend, indem er das Schiff etwas weiter nach Süden ausrichtete. Wenn es stimmte, was er den Karten und dem GPS entnahm, würden sie die Inselgruppe gegen

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