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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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er seine Langeweile lindern könnte, indem er den Umriss der Berge betrachtete, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tales erhoben.
    So viel zu den Leuten, die in Richards Hörweite sitzen würden. Von da an pflanzte sich die Sitzordnung tischabwärts gemäß der Vorstellung fort, die irgendjemand von Hierarchie und Vorrang hatte. Das Menü bestand aus mitteleuropäischer Jagdhausküche, neu interpretiert durch das Köcheteam, das Richard und Chet im Laufe der Jahre hergelockt hatten. Das Wildfleisch beispielsweise stammte aus Gehegehaltung, war daher nachweislich prionfrei und stellte sicher, dass Corporation 9592 nicht in ein paar Jahrzehnten dichtmachen müsste, weil die ganze obere Etage vom Rinderwahn dahingerafft worden war. Die Weinliste vollführte eine oder zwei diplomatische Verbeugungen vor dem aufstrebenden Weinbausektor von British Columbia und dann einen entschiedenen Ausfallschritt über die Grenze nach Süden. D-Quadrat machte ein paar einfühlsame Bemerkungen über einen anständigen trockenen Riesling von den Horse Heaven Hills, und Devin bat um eine Diät-Cola. Von allen Seiten hagelte es neugierige Fragen über das Schloss und wie Richard und Chet darauf gekommen seien, es zu bauen. Richard erklärte, es sei ursprünglich aus Einzelteilen von drei verschiedenen Bauwerken in den österreichischen Alpen, die ein gewisser österreichisch-ungarischer Kohlebaron aufgekauft hatte, zusammengesetzt worden. Dieser ( echte ) Baron habe veranlasst, dass die Teile donauabwärts zum Schwarzen Meer, von dort um die halbe Welt bis zur Mündung des Columbia River und dann flussaufwärts zu einem Ort verschifft wurden, wo das Zeug auf eine schmalspurige Bergwerksbahn umgeladen werden konnte, die nicht mehr existiere und deren Fahrweg, inzwischen eine Rad- und Skistrecke, durch das Gelände des Schlosses führe. Dann im Schnellvorlauf zu dessen Entdeckung und langwieriger Sanierung durch Richard und Chet. Richard ließ alles aus, was mit Drogengeld und Motorradgangs zu tun hatte, schließlich war das durch den Wikipedia-Eintrag, den alle Anwesenden vermutlich gelesen und vielleicht sogar bearbeitet hatten, ausreichend abgedeckt.
    In den späten Achtzigerjahren war das Marihuanading nämlich allmählich düsterer, brutaler geworden; vielleicht hatte Richard aber auch nach seinem dreißigsten Geburtstag angefangen, die Düsterkeit zu bemerken, die schon die ganze Zeit da gewesen war. Er hatte sich auszahlen lassen und war zurück nach Iowa gegangen, wo er an der Iowa State University Kurse in Hotel- und Restaurantmanagement belegte. Das war der Punkt, an dem die Geschichte so unverfänglich wurde, dass er das Gefühl hatte, sie auch in besserer Gesellschaft erzählen zu können. Nach ein paar Monaten in Iowa war er dank der Einsicht, dass man Leute mit solchen Fähigkeiten einfach anstellen konnte, zur Vernunft gekommen und nach B. C. zurückgekehrt. Dann hatten er und Chet begonnen, das Schloss ernsthaft zu renovieren.
    All das trug zu einer ausgesprochen angenehmen Unterhaltung bei, während der sie ein paar leichte Aperitifweine kosteten, sich bunte Appetithappen in den Mund steckten und Suppe löffelten; als sich das Dinner jedoch auf Speisen ausdehnte, die eher nach Hauptgerichten aussahen und von Rotwein begleitet waren, ertappte Richard sich bei der Wunschvorstellung, sie könnten einfach das Heftpflaster packen und abreißen. Der offizielle Zweck dieser Klausur und des Dinners bestand ja darin, feierlich das Ende von Devins Jahr als Writer in Residence zu begehen und die Fackel an Don Donald weiterzugeben, der endlich seine zur Tetradecalogie gewordene Trilogie fertig ausgefeilt hatte und bereit war, der weiteren Entwicklung der Hintergrundgeschichte und »Bibel« von T’Rain einige Zeit zu widmen.
    Während der letzten drei Monate seiner Amtszeit war Devin fast beunruhigend produktiv gewesen, was bei Corporation 9592 zu einem E-Mail-Thread (Thema: »Devin Skraelin ist eine Figur von Edgar Allan Poe«) geführt hatte, der mit Links zu Internetseiten über die psychiatrische Störung der Graphomanie gespickt war. Als Folge davon war ein neuer Jargonausdruck entstanden: Kanonverzögerung, was bedeutete, dass die Angestellten, die dafür zuständig waren, Devins Werk zu überprüfen und in den Kanon einzuarbeiten, mit seinem Ausstoß nicht hatten Schritt halten können. Gemäß einem etwas paranoiden Gedankengang war das eine von Devin bewusst angewandte Strategie. Fakt war allerdings, dass zum

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