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Inhalt, ohne ihn zu verändern, absaugte und über eine Verbindung mit hoher Bandbreite zwecks (wie sie vermutete) Entschlüsselung und Analyse in die Vereinigten Staaten überspielte. Dann ging er in sein Quartier und duschte. Olivia folgte seinem Beispiel, nicht weil sie schmutzig war, sondern weil sie dieses schmuddelige, eklige Gefühl hatte, das man bekam, wenn man den ganzen Tag auf einem Sofa gelegen und ein dämliches Spiel gespielt hatte. Sie wollte sich ein bisschen Bewegung machen, wusste aber nicht, wie das möglich sein sollte. Im Hof ihres kleinen Wohnkomplexes hatte Seamus’ Team eine Art Trainingsparcours mit Seilen eingerichtet, und Olivia hatte gesehen, wie sie sich gestern dort betätigt hatten. Aber das war Training, das einen Zweck verfolgte – Beim nächsten Einsatz könnte mir das einen winzigen Vorteil verschaffen –, während sie etwas Gesundes tun wollte, zum Beispiel einen Spaziergang machen.
Es gab eine mehrstündige Pause. Man aß und checkte E-Mails. Dann drehte Seamus seinen Laptop um. Der Bildschirm zeigte ein Videofenster: eine ziemlich hoch auflösende Übertragung aus einem kleinen, fensterlosen, hell erleuchteten Raum. Ein Mann mit nacktem Oberkörper saß auf einem Holzstuhl, die Hände auf dem Rücken, wie mit Handschellen gefesselt. Seine Gesichtszüge waren die eines Malaien oder Filipino, aber er hatte sich einen zottigen Bart stehen lassen. Ein Auge war von einem riesigen Veilchen zugeschwollen, und wo einmal Knochengrate dicht unter der Haut gelegen hatten, hielten Klammerpflaster mühsam Platzwunden zusammen. Die Schwellung erstreckte sich bis zum Kinn, und Olivia fragte sich, ob man ihm den Kiefer gebrochen hatte. Er murmelte etwas in einer Sprache, die Olivia nicht kannte.
Einer von Seamus’ Leuten, den sie zuvor für einen Hispano gehalten hatte, rückte näher, schloss ein Paar große, teuer aussehende Kopfhörer an und beugte sich lauschend vor. Nach einigen Augenblicken begann er Satzfragmente auf Englisch herunterzurasseln: »Es ist so, wie ich schon gesagt habe … ich schwöre … ich sage Ihnen alles, was Sie hören wollen, das wissen Sie jetzt … aber Sie wollen die Wahrheit, oder? Die Wahrheit ist, wir haben ihn nicht gesehen. Haben nichts gehört, bis vor ein paar Tagen. Dann haben wir Nachricht bekommen … E-Mails geschickt, Sie wissen schon. Das konnte alles Mögliche sein, war völlig beliebig.«
Seamus erklärte: »Laut den Analytikern in Langley wurde mit diesem Laptop ein Haufen Junk-Mails verschickt, beginnend vor ein paar Tagen.«
»So was wie Spam?«, fragte jemand.
»Sie haben einfach mit Kopieren und Verschieben beliebige Textschnipsel aus Bedienungsanleitungen aneinandergehängt, das Ganze verschlüsselt und verschickt. Versucht, die Illusion von E-Mail-Verkehr zu erzeugen. Falsches Geplapper.« Seamus’ Blick richtete sich auf Olivia. Dann ruckte sein Kinn fast unmerklich in Richtung Tür. Sie stand auf und steuerte den Ausgang an, und er folgte ihr bis in ihre Unterkunft.
»Es geht jetzt nicht ums Vögeln, nehme ich an?«, fragte sie.
Er verdrehte die Augen. »Nein, ich bin jetzt in einem völlig anderen Gemütszustand; was ich vorhin gesagt habe, tut mir leid.«
»Nun gut«, sagte sie ruhig.
»Obwohl das eine süße Frisur ist.«
Das war ganz sicher ein Versuch, sie zu ködern, und so blieb sie stumm und, wie sie hoffte, unergründlich.
»Eigentlich wollte ich Ihnen sagen, dass … Sie haben, weshalb Sie hergekommen sind«, sagte Seamus.
»Und was glauben Sie, weshalb ich hergekommen bin?«
»Um die Theorie zu untermauern, an die Sie wirklich glauben.«
»Und die wäre?«
»Das fragen Sie mich?«
»Ich dachte, ich hole Ihre Meinung ein«, sagte Olivia, »ehe ich meine Karten aufdecke.«
Er kaute nachdenklich auf der Unterlippe.
»Wir spielen hier nicht Poker«, sagte sie. »Es entsteht Ihnen kein Nachteil, wenn Sie mir sagen, was Sie meinen. Wir versuchen beide, denselben Schweinehund zu erwischen.«
»Wenn Jones etwas so Fantastisches wie einen Businessjet hatte«, sagte Seamus, »würde er es dann dazu verwenden, wie eine Maus in das nächste Loch zu wuseln? Ich glaube, nein.«
»Er würde etwas richtig Cooles tun, zum Beispiel ihn in ein Gebäude fliegen«, sagte Olivia nickend.
Seamus hielt mahnend einen Finger hoch. »O nein«, sagte er, »denn das würde ja heißen, er stirbt, nicht wahr?«
»Höchstwahrscheinlich ja.«
»Und sterben will er nicht.«
»Für jemanden, der nicht sterben will, bringt er sich aber
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