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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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Xiamen zugezogen hatte. Erst in den letzten paar Tagen hatte er sich richtig von seiner Koje hochgerappelt und wieder zu trainieren, auf dem Schiffsdeck zur großen Erheiterung der Mannschaft seine Fall- und Abrolltechniken zu üben begonnen.
    Eine Gezeitenströmung schien ihn am Ufer entlangzuziehen. Ein Strand kam in Sicht, und er arbeitete sich darauf zu, so gut es in dem Anzug ging. Er brauchte ihn zwar nicht wegen seiner Schwimmeigenschaften, wagte aber nicht, ihn abzustreifen, um nicht in Sichtweite von Land an Unterkühlung zu sterben. Die Sonne war noch keineswegs aufgegangen und würde, wenn sie irgendwann über den Horizont trat, von dichten Wolken verdeckt werden; aber der Himmel wurde eindeutig heller, sodass er auf dem Strand ein paar Details ausmachen konnte: verstreute Treibholzstücke, Feuerstellen und eine öffentliche Toilette.
    Rudernd und strampelnd kämpfte er sich durch einen Wald von Seetang, gelangte schließlich an eine Stelle, wo er steinigen Boden unter den Füßen spürte, und stapfte vorsichtig auf ein größeres Stück Treibholz zu, wobei er sich Zeit ließ, um sich nicht in einem Augenblick gedankenloser Hast den Knöchel zu verstauchen. Als das Wasser nur noch knietief war, kauerte er sich – für den Fall, dass er aus einer der Behausungen auf dem Steilufer beobachtet wurde – hinter dem Stück Treibholz nieder und streifte den Anzug ab. Darunter führte er, in einen Müllsack verpackt, eine Garnitur Kleider mit. Er zog sie bis auf Schuhe und Socken an, die er sich vorläufig um den Hals hängte. Da der Überlebensanzug Aufmerksamkeit erregen könnte, wenn er ihn liegen ließ, stopfte er ihn in den schwarzen Müllsack und warf sich diesen über die Schulter. Dann stieg er den Strand ein Stück weiter hinauf und marschierte in Richtung Süden los. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, aber der Frachter war Südkurs gefahren, und so schien es vernünftig, davon auszugehen, dass in dieser ungefähren Richtung Hafeneinrichtungen und eine größere Stadt lagen.
    Ein halbes Dutzend Teenager, Jungen und Mädchen, lagen dicht beieinander um die Reste eines Lagerfeuers. Die leeren Bierflaschen und Fastfoodverpackungen überall um sie herum waren ein beredtes Zeugnis davon, wie sie den vorangegangenen Abend verbracht hatten. Immerhin waren sie so vorausschauend gewesen, Decken und Schlafsäcke mitzubringen, um einen draufzumachen. Während Sokolow sich näherte, stand einer von ihnen auf und wankte den Strand hinunter, bis er das Gefühl hatte, weit genug gegangen zu sein, um seinen Penis herausfischen und urinieren zu können, ohne bei den weiblichen Mitgliedern seiner Gesellschaft, die eventuell schon wach waren, Anstoß zu erregen. Dabei schien er übervorsichtig zu sein, denn er blickte häufig nach hinten über die Schulter. Sokolow hieß das gut.
    Er pinkelte immer noch mit der beneidenswerten Kraft der Jugend, als Sokolow sich bis auf Rufweite näherte. Sein Blick wanderte an Sokolows Körper auf und ab. Sein Gesicht verriet wachsame Neugier, aber keine Angst; er hatte Sokolow nicht als Obdachlosen oder Kriminellen eingestuft.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Sokolow.
    »Das ist der Golden Gardens Park«, antwortete der junge Mann in dem rührend naiven Glauben, dass das Sokolow etwas sagte.
    »Was ist Name von Stadt, bitte?«
    »Seattle.«
    »Danke.« Dann, während Sokolow an ihm vorbeiging, fragte er: »Sind Sie gerade von einem Zug gesprungen oder so was?« Denn der Strand war, wie Sokolow bemerkt hatte, durch ein Eisenbahngleis von der Stadt getrennt.
    »Oder so was«, bestätigte Sokolow. Dann deutete er mit dem Kinn den Strand entlang. »Gibt Bus?«
    »Ja. Gehen Sie einfach weiter bis zum Yachthafen.«
    »Danke. Schönen Tag.«
    »Ebenfalls. Bleib locker, Mann.«
    »Ist nicht mein Ziel. Aber freundlicher Wunsch. Viel Spaß bei Pinkeln.«

Neunzehnter Tag
    Olivias Plan, so schnell wie möglich aus dem Hotel zu verschwinden und den Tag zeitig in Angriff zu nehmen, erwies sich in mehr als einer Hinsicht als geradezu peinlich und töricht optimistisch. Am Abend zuvor war sie in den Kleidern eingeschlafen und hatte mehrere Dinge unerledigt gelassen, darunter Duschen, nach ihren E-Mails Schauen und sich bei Inspektor Fournier melden, der so nett gewesen war, ihr diese Polizeiberichte zu schicken. Nachdem Seamus sie geweckt hatte, machte sie sich daran, das alles zu tun. Das Duschen ging schnell und verlief nach Plan; alles andere nicht. Was sie sich als rasche Sichtung ihrer

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