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»Also gut«, sagte Zula und tippte auf ihr Handy, um nachzusehen, wie viel Uhr es war. »Könntest du von meinem Onkel und mir ein Bild machen, bevor wir aufbrechen?«
Wie Google Maps auf entmutigende Weise klarmachte, gab es keine angenehme Möglichkeit, aus diesem Teil von B. C. nach Seattle, ja überhaupt irgendwohin zu fahren; sämtliche Gebirgszüge verliefen senkrecht zu den Fahrtvektoren.
Die Zufahrtsstraße zum Schloss brachte sie über den Damm und entließ sie in den Beginn einer zweispurigen Provinzstraße, die am linken Flussufer entlang bis zum südlichen Ende des großen Kootenay-Sees führte: ein tiefer, zwischen den Selkirks und den Purcells eingeklemmter Streifen Wasser. Auf eine breitere Schnellstraße stießen sie dann an einer T-Kreuzung mitten in Elphinstone, einer hübsch restaurierten Stadt von etwa zehntausend Einwohnern, von denen neuntausend in der Gastronomie zu arbeiten schienen. Dort wurde ein Zwischenstopp zum Tanken zu einer halbstündigen Pause, in der sie thailändisch aßen. Peter sagte so gut wie gar nichts. Zula war langes Schweigen von ihm gewöhnt und im Prinzip machte es ihr auch nichts aus, denn zwischen ihrem Handy, dem eBook-Lesegerät und ihrem Laptop fühlte sie sich selbst auf langen Fahrten durchs Gebirge eigentlich nie allein. Doch normalerweise, wenn Peter längere Zeit still war, dann, weil er über irgendein spezielles Computerproblem nachdachte, an dem er gerade arbeitete, was ihn aber eher in heitere Stimmung versetzte. Sein Schweigen auf der Fahrt von Schloss Hundschüttler herunter hatte eine andere Tonart gehabt.
Von Elphinstone aus würden sie nach Westen über den Kootenay- Pass fahren. Danach müssten sie sich, was die Route anging, für das kleinere von zwei Übeln entscheiden. Sie könnten nach Süden fahren und den Grenzübergang bei Metaline Falls nehmen. Das würde sie in die äußere nordöstliche Ecke von Washington bringen, von wo aus sie innerhalb von zwei Stunden Spokane erreichen und dann auf der Interstate-90 den Bundesstaat durchqueren könnten. Das war die Strecke, auf der sie am Freitag gekommen waren. Oder …
»Ich hab mir gedacht«, sagte Peter, nachdem er fünfzehn Minuten lang seine Reisbandnudeln um die Gabel gedreht und versucht hatte, mit dem Blick ein Loch in den Tisch zu brennen, »wir sollten durch Kanada fahren.«
Er sprach von einer Alternativstrecke, die sie über den Oberlauf des Columbia River, durch die Okanagans und schließlich nach Vancouver führen würde, von wo aus sie die Grenze überqueren und am nördlichen Ende in die Interstate-5 einsteigen könnten.
»Warum?«, fragte Zula.
Zum ersten Mal, seit sie sich hingesetzt hatten, sah Peter sie an. Er war beinahe verletzt durch die Frage. Einen Moment lang schien es, als würde er sich in die Defensive begeben. Dann zuckte er mit den Achseln und brach den Blickkontakt ab.
Später, als Peter sie Richtung Westen fuhr, räumte Zula ihre nutzlosen elektronischen Geräte weg (in Kanada war das Telefonieren über Handy teuer und das eBook-Lesegerät konnte man im Dunkeln nicht benutzen) und ließ, während sie vorne auf die Straße starrte, die Sequenz noch einmal Revue passieren. Es ging um das Wort »sollten«. Wenn er gesagt hätte: Es wär doch lustig, eine neue Strecke auszuprobieren oder Ich würde gerne nur so zum Spaß durch Kanada fahren , hätte sie nicht mit Wa rum? reagiert, denn sie hatte selbst ganz ähnliche Gedanken gehabt. Er hatte aber gesagt: Wir sollten durch Kanada fahren , was etwas völlig anderes war. Und die Art, wie er hinterher ihre Frage abgebogen hatte, erinnerte sie daran, wie er sich im Zusammenhang mit diesem Fremden in der Gaststätte verhalten hatte. Onkel Richards Frage nach einem Drogengeschäft hatte sie in dem Moment geärgert. Peters Aussehen, seine Kleidung, sein Auftreten führten dazu, dass ältere Leute ihn falsch einschätzten. Sie wusste aber ganz genau, dass er ein lieber, anständiger Kerl war und dass er seinem Körper nie etwas Stärkeres als Mountain Dew einflößte.
Sollten . Welchen Unterschied konnte es bloß ausmachen? Der Grenzübergang bei Metaline Falls war zwar schäbig, aber gerade deswegen auch wenig benutzt, sodass man nur selten warten musste. Die Grenzbeamten waren so einsam, dass sie praktisch herausgerannt kamen und einem um den Hals fielen. Die Übergänge bei Vancouver dagegen zählten zu den größten und meistbenutzten an der ganzen Grenze.
Er mied irgendetwas.
Das war das Einzige, was sie
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