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Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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einholen.«
    »Warum zum Geier sollten wir sie einholen wollen?«
    »Alles, was ich tun muss, ist, mich Onkel Richard zu zeigen – ihn wissen zu lassen, dass sie mich nicht mehr als Geisel festhalten –, dann ist er frei, er kann in den Wald fliehen, diesen Leuten entkommen.«
    Chet sagte nichts. Nicht, weil er anderer Meinung war. Sondern weil er Schwierigkeiten hatte, sich zu konzentrieren.
    »Ich muss sein Leben retten«, sagte Zula. In beinahe sachlichem Ton. Ah, wie ich sehe, habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt … Die Situation ist folgende … Ich muss sein Leben retten.
    Das lieferte ihm etwas, worauf er sich konzentrieren konnte. »Na, wenn das so ist, bringe ich dich zum Tunnel«, sagte er und ließ das Motorrad vom Ende der Straße auf den lockeren Kies des Weges tuckern.
    Als sie es bis ans Ende geschafft hatten, wurde ihm irgendwie bewusst, dass Blut aus ihm herauskam. Er konnte sich nicht entsinnen, woher er das wusste und wodurch ihm das bewusst geworden war. Es gab da eine trübe, traumartige Erinnerung, wie das Mädchen auf dem Rücksitz – Zula – es ihm gesagt und wie er es mit einem Lachen abgetan und einfach mehr Gas gegeben hatte.
    Dann fiel ihm auf, dass er auf dem Boden lag und in einen blauen Himmel starrte.
    Hatten sie einen Unfall gebaut?
    Nein. Die Harley stand ordentlich geparkt neben ihm. Zula hatte eine Isomatte ausgerollt. Auf der lag er und döste. Mit einem Schlafsack zugedeckt.
    Sie hockte sich neben ihn und zog den Schlafsack weg, sodass die rechte Seite seines Oberkörpers freilag. Er hatte sein Hemd nicht mehr an. Von der kalten Luft bekam er eine Gänsehaut. Was sie sah, tat ihr leid, aber es überraschte sie nicht. Sie hatte es betrachtet, während er da lag.
    »Wie lange halten wir hier schon?«, fragte er.
    »Nicht zu lang.«
    Es war ihm zu peinlich, direkt zu fragen, was mit ihm los war. Er hatte das Gefühl, dass es nicht zu übersehen war.
    Sie machte irgendetwas mit einem Verband. Sie hatte einen jämmerlichen kleinen Erstehilfekasten.
    »Hör auf«, sagte er sanft. »Das ist Zeitverschwendung.«
    »Was willst du dann machen?«
    »Dich auf den Weg bringen. Dodge retten. Ich komme nach.«
    »Du … kommst nach?«
    »Ich kann nicht annähernd so schnell gehen wie du. Aber das ist noch lange kein Grund für mich, einfach hierzubleiben. Ich will auf dem neunundvierzigsten Breitengrad sterben.«
    Sie hockte, die Arme über den Knien gekreuzt, auf den Fersen. Sie blickte nach Süden, ins Sonnenlicht, in Richtung Grenze. Dann ließ sie den Kopf auf die Unterarme sinken und schluchzte eine Weile.
    »Es ist okay«, sagte er.
    »Nein, ist es nicht. Menschen sind tot.« Sie hob das Gesicht, ließ sich nach hinten aufs Gesäß sinken, streckte neben Chet die Beine aus. »Ich hab sie nicht umgebracht. Aber sie sind tot, weil ich bestimmte Dinge getan habe. Verstehst du das? Peter. Die Piloten. Die Leute in dem Wohnmobil. Sie wären alle noch am Leben, wenn ich anders entschieden hätte.«
    »Aber du hilfst den Killern nicht«, sagte Chet. Irgendetwas am Auf-dem-Boden-Liegen hatte ihn zusammen mit ihrem Gefühlsausbruch ein wenig wiederbelebt, und er fühlte sich fast wieder normal.
    »Natürlich helfe ich ihnen nicht.«
    »Du hast die Flinte abgefeuert, stimmt’s? Um mich zu warnen.«
    »Jahandar – der Scharfschütze – hat dich aufs Korn genommen. Ja. Ich habe die Flinte abgefeuert, um dich zu warnen.«
    »Also kämpfst du gegen sie.«
    »Natürlich. Aber was nützt das, wenn es bloß dazu führt, dass eine andere Gruppe von Menschen getötet wird?«
    »Zu schwierige Frage für mich«, sagte er. »Du tust einfach, was du kannst, schöne Lady.«
    Sie versuchte, dagegen anzukämpfen, aber ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. »So nennst du doch alle Frauen.«
    »Es stimmt.«
    »So was hab ich schon länger nicht mehr gehört.«
    Chet zuckte verschämt die Schultern.
    »Tja«, fuhr Zula fort, »alle diese Menschen sind umsonst gestorben, wenn ich Richard nicht helfe zu fliehen. Und dann können wir Hilfe holen. Aber zuerst muss ich zur Grenze. Und dafür brauche ich deine Hilfe.«
    »American Falls«, sagte Chet. »Da gehen wir hin.«
    »Wie komme ich – wie kommen wir – da hin?«
    Er drehte den Kopf, hob den gesunden Arm, deutete auf den Gebirgskamm, der sich im Süden vor ihnen erhob: ein Grat aus cremefarbenem Granit, schneegefleckt, gesäumt von einer Schräge aus Felsblöcken, die sich seit Millionen von Jahren davon lösten und ins Tal

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