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Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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nämlich das Selbstvertrauen, wichtige Entscheidungen so aus dem Bauch heraus zu treffen. Sie brauchten einen Überbau aus rationalen Argumenten. Nicht so Zula. Sie brauchte gar nicht zu entscheiden. Sie brauchte nur die Neuigkeit zu verkünden.

Erster Tag
    Am Freitag hatte Zula bei der Arbeit früh Schluss gemacht und war direkt zu Peters »Hütte« (wie er sein Haus immer nannte) gefahren. Sie hatte ihr Auto innerhalb des eher lagerhausartigen Gebäudeteils geparkt, der von der Hintergasse aus durch ein riesiges, ebenerdiges Rolltor zugänglich war, und ein paar von den Dingen, die sie für die Arbeit brauchte, dort gelassen. Deshalb musste sie trotz dem beziehungsbeendenden Ereignis noch einmal zu seiner Wohnung, um ihr Auto und ihre Sachen zu holen. Von der Interstate-5 fuhr sie auf die Michigan Avenue, die diagonal dazu entlang der nördlichen Grenze des Boeing Fields verlief, und nachdem sie ihr zwei Häuserblocks in Richtung Meer gefolgt war, machte sie erneut einen Schwenk nach Norden und befand sich in Georgetown.
    Hundert Jahre zuvor war Georgetown eine unabhängige Stadt gewesen, die sich auf die Herstellung und den Konsum alkoholischer Getränke spezialisiert hatte. Begrenzt wurde sie von Haupteisenbahnlinien und industriellen Wasserstraßen. Anfang des 20. Jahrhunderts war sie von Seattle aufgesogen worden, das den Anblick einer so steuerträchtigen Stadt vor seinen Toren nicht ertragen hatte.
    Als es immer mehr Flugzeuge gab, wurde gleich daran anschließend im Süden der regionale Flughafen gebaut. Dieser wurde etwa zur Zeit von Pearl Harbor verstaatlicht und dann den ganzen Krieg über von Boeing dazu benutzt, B-17- und B-29-Bomber rauszuhauen. In den ruhigeren und schmaleren Straßen von Georgetown drängten sich inzwischen die kleinen Bungalows der Nieterinnen. Dennoch hatte das Viertel seine Identität bis ins späte 20. Jahrhundert gewahrt, war dann allerdings von Norden her unter Beschuss geraten; damals waren Dotcoms auf der Suche nach billigen Büroflächen in das industriell genutzte Flachland südlich der Innenstadt eingefallen und hatten Jagd auf Maschinenhallen und Gießereien gemacht, die einen Großteil ihres Geschäfts an China verloren hatten. Die Fräsmaschinen und Drehbänke waren herausgerissen und auf den Müll geworfen oder versteigert, die hohen Decken gesäubert und mit Kabelleitern ausgestattet worden, die unter dem Gewicht von kilometerweise blauem Ethernetkabel ächzten. Lastwagenfahrer mussten sich daran gewöhnen, die von Schlaglöchern übersäten Straßen mit Fahrradpendlern in bescheuerten Helmen und Elastanklamotten zu teilen. Genau zu dieser Zeit hatte Peter, der darin eine Chance witterte, das Gebäude erstanden. Zu der Kaufentscheidung hatte ihn vor allem die Perspektive bewogen, dort mit ein paar Freunden eine Hightechfirma zu gründen. Dazu war es aufgrund von Veränderungen im Finanzklima nicht gekommen, sodass er am Ende einen Teil des Gebäudes selbst als Wohn-/Arbeitsfläche nutzte und den Rest an Künstler und Handwerker vermietete, die allerdings, wie sich herausstellte, nicht dieselben Mieten zahlten wie Hightechunternehmen. Doch was für Peter schlecht war, war für Georgetown gut gewesen – zumindest insofern, als man dort reale Gegenstände produzierte, anstatt mit Bits herumzutricksen.
    Es war ein altes Backsteingebäude. Das Erdgeschoss hatte hohe Decken, die von Balken aus alten Tannenbeständen gestützt wurden, was, wenn das Gebäude an einer besser zugänglichen Straße gestanden und Georgetown nicht schon mehrere davon gehabt hätte, einen schönen Rahmen für ein Restaurant oder eine Braustube abgegeben hätte. So aber hatte er dieses Stockwerk in zwei Hallen unterteilt, von denen eine an einen Schweißer verpachtet war, der aus exotischen Metallen Teile für die Luft- und Raumfahrtindustrie herstellte, und die andere Peter selbst als Werkstatt diente. Dort hatte Zulas Auto das Wochenende verbracht. Im ersten Stock befand sich eine ausgebaute Etage mit hübschen alten Fenstern, die auf Boeing Field hinausgingen. Diese war ebenfalls unterteilt, und zwar in ein Loft mit offenem Wohn- und Arbeitsbereich, in dem Peter lebte, und eine weitere Einheit, die er in der Hoffnung hergerichtet hatte, sie an irgendeinen hippen Menschen zu vermieten, der, wie Peter es nannte, »in Gegenwart von Bögen« leben wollte.
    Diese Bemerkung war Zula ziemlich unsinnig erschienen, bis sie etwas Zeit in dem Viertel verbracht und allmählich erkannt hatte, dass die alten

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