Ersehnt
Arm.
»Nastasja, hör mir zu!«, sagte sie energisch. »Du solltest -« »Ich sollte – was?« Ich merkte selbst, wie die Hysterie meine Psyche auflöste. Ich dachte an alles, was River nicht von mir wusste. Einschließlich - »Oh, Gott!« Ich hielt mir die Hand vor den Mund. Dann ließ ich mich auf die Knie fallen und kroch unters Bett.
»Was machst du da?«, fragte River.
Ich hebelte die Fußleiste ab und fuhr mit den Fingern in den Hohlraum. Mit dem geknoteten Halstuch in der Hand robbte ich wieder unter dem Bett hervor. Ich hatte das Amulett meiner Mutter noch nie jemandem gezeigt. Hastig entknotete ich das Tuch und warf River den goldenen Gegenstand praktisch in die Hände. »Hier! Nimm du das! Es ist dunkel - böse! Ich kann es nicht länger behalten.« Ich musste total irre aussehen und atmete schwer. Ein Teil von mir fühlte sich wie ein Zuschauer, der alles beobachtete, aber nicht ein—greifen konnte.
River fing es und öffnete langsam ihre Hände, um das Amulett zu betrachten, das in der Mitte durchgebrochen war und dessen Stein fehlte. Sie machte große Augen. Erstaunlich schnell ging sie zur Tür, schloss sie und fuhr mit den Fingern am Türrahmen entlang, sodass sie keiner von außen öffnen konnte.
»Was ist das?« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Du weißt, was es ist«, sagte ich zittrig.
Sie starrte mich verblüfft an und betrachtete das Amulett erneut. Ihre Finger fuhren über die eingravierten alten Runen und anderen Symbole. »Der Tarak-Sin des Hauses von Ülfur. Ich kann nicht glauben ... Er ist ... wundervoll«, murmelte sie mit merkwürdiger Stimme und versuchte dann, mir das Amulett zurückzugeben.
»Ich brauch es nicht«, sagte ich verbittert. »Ich trage es immer mit mir herum.« Ich zerrte mir den Schal vom Hals, drehte mich um und strich mir die Haare aus dem Genick. Noch eine Premiere: Ich zeigte jemandem absichtlich meine Narbe.
River keuchte tatsächlich. »Oh, Nas«, hauchte sie.
»Wie -«
»Es hat sich da eingebrannt. Aus Versehen«, antwortete ich knapp. »Also kannst du das da behalten. Ich will es nicht in meiner Nähe haben.«
»Es ist zerbrochen«, sagte River und drehte es in der Hand um. Das Amulett schien eine goldene Wärme zu verströmen, als erwachte es in den Händen einer starken Unsterblichen zum Leben.
»Es waren zwei Hälften. Und ein Mondstein.« Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen. »Du musst es zerstören - es ist böse. Es hat das Böse hergebracht.« Ich schluckte halb erstickt. »Es hat mich hergebracht.«
»Nein, du irrst dich«, sagte River, die offenbar vollkommen fasziniert von meinem Amulett war.
Die Vorstellung, dass mein Tarak-Sin dunkel genug sein konnte, um Diavola aus ihrem Versteck zu locken, war so abstoßend, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich war Gift, so tödlich wie der Eintopf, und ich musste hier weg, bevor ich alles zerstörte, wofür River all die Jahre gearbeitet hatte.
Ich hatte mein Amulett nie aus den Händen gegeben - hatte es immer bei mir oder in meiner Nähe gehabt - und der Gedanke, es bei River zu lassen, brachte mich beinahe zum Kreischen. Aber ich war nicht stark genug, um damit umzugehen - vielleicht konnte River es. Ich hoffte es. Wenn sie nicht -
»Ich muss gehen«, sagte ich und rauschte an River vorbei.
Ich riss die Tür auf und stürmte den Flur entlang, obwohl River mir auch diesmal nachlief. Ich beschleunigte, sprintete die Treppe hinunter und schoss wie von Furien gehetzt durch die Haustür hinaus in die Nacht.
16
Ich rannte.
Ich rannte durch das Waldstück, in dem Reyn mich erst letzte Woche geküsst hatte. Die eisige Luft verätzte meine Lunge und ließ meine Augen tränen. Ich hoffte, dass das Rennen mich aufwärmen würde, aber ich zitterte schon jetzt vor Kälte und Angst.
Dünne Zweige peitschten mir ins Gesicht und gegen die Arme. Der Schnee knirschte unter meinen Füßen und dämpfte meine Schritte. Ich hatte plötzlich einen Flashback zu meinem grauenvollen Traum, in dem ich mir die Hände an einem Feuer wärmte, das Incy aus meinen Freunden entfacht hatte. Ich stieß mit der Schulter hart gegen einen Baum und rannte kopflos aus dem Wald. Ich erkannte, dass ich weit hinter der Farm war, auf einer Weidefläche, die nicht genutzt wurde. Ich rannte lange Zeit am Zaun entlang, bis sich jeder Atemzug anfühlte wie ein Eiszapfen, der in meinen Hals gerammt wurde. Kalter Schweiß gefror auf meiner Stirn; meine Lunge
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