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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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aussteigen und loslaufen sollte. Und tatsächlich, da warst du.«
    »Oh.« Ich leckte mir noch einmal über die Lippen. Mein Auto war ein Totalschaden.

    Incy sah mich prüfend an. »Liebes - du bist doch glücklich hier, oder? Dir geht's gut? Ich kann ruhigen Gewissens wegfahren, weil ich weiß, dass du dich hier wohlfühlst?«
    Wieder füllten sich meine Augen mit Tränen und Incy war sofort alarmiert. Ich bin nicht gerade als Heulsuse bekannt und die Wasserspiele der letzten zwei Monate hatte er nicht miterlebt.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war hin-und hergerissen. Ich konnte auf keinen Fall nach River's Edge zurück;kehren, all diesen Leuten gegenübertreten, mein Versagen eingestehen und dabei zusehen, wie sie meine ausweglose Dunkelheit erkannten. Aber wäre ich allein besser dran? Ich würde mir ein ganz neues Leben schaffen müssen. Was sollte ich tun? Wohin sollte ich gehen? Ich hatte zwar immer meine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus gehabt - Incy war einfach zu schlampig, um mit ihm zusammenzuwohnen -, aber trotzdem hatte ich immer gewusst, mit wem ich meinen Tag verbringen würde. Ich wusste im Prinzip stets,was ich tun würde. In gewisser Weise war das in River's Edge genauso, auch dort waren die Abläufe immer gleich.
    Wenn ich River's Edge verließ und nicht mit Incy ging, was würde ich dann tun? Panik erfüllte mich, als ich mir vorstellte, wie ich irgendwo lebte und dort vielleicht nur ein paar andere Unsterbliche kannte, zu denen ich keine Beziehung hatte. Das war das Letzte, was ich wollte.
    Aber welche Wahl hatte ich denn? Schließlich war mir Incy immer noch nicht recht geheuer - oder doch? Ich wusste es nicht. Er wirkte so ... wie immer. So normal. Total easy und ehrlich besorgt um mich und, oh ja, kein bisschen verrückt. Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen. Sie brannten und fühlten sich an, als wäre Sand darin. Es schneite jetzt heftiger.
    »Nas, jetzt mache ich mir doch wieder Sorgen. War jemand gemein zu dir? Soll ich in ein paar Hintern treten?«
    Allein die Vorstellung war zum Totlachen; er würde niemals sein Outfit aufs Spiel setzen. Ich lächelte ihn schwach an.
    Ich war wie erstarrt, aber jetzt nicht mehr vor Kälte, sondern vor Unentschlossenheit und kompletter Verwirrung.
    Wenn ich vor zwei Monaten verloren gewesen war und nicht gewusst hatte, wer ich war, dann hatte sich bis heute nichts daran geändert - es war eher noch schlimmer geworden. »Hör mal«, sagte Incy, der wirklich besorgt aussah. »Willst einfach hier verduften? Du kannst zu mir ins Auto kommen. Ich drehe die Heizung auf und in zwei Stunden sind wir in Boston. Da kannst du ein heißes Bad nehmen und dir einen Brandy genehmigen, der dich von innen aufwärmt. Wir bestellen den Zimmerservice. Du wirst dich fühlen wie ein neuer Mensch. Und morgen kannst du entscheiden, was du als Nächstes tun willst.«
    Das klang so unglaublich verlockend, dass ich beinahe ange;fangen hätte zu winseln. Aber wie konnte ich einfach in sein Auto steigen, als hätte ich den Reset-Knopf gedrückt?
    Ich hatte mir die letzten beiden Monate solche Mühe gege;ben, mich vor Incy zu verstecken. Aber klar war auch, dass ich hier nicht bleiben konnte.
    »Ich will dich ja nicht bedrängen. Ich weiß, dass du dieses... Experiment oder was immer es ist, für dich selbstmachst, und das unterstütze ich natürlich«, sagte Incy freundlich. Das erinnerte mich daran, wie ich in Paris in den späten Vierzigerjahren beschlossen hatte, Ballettstunden zu nehmen. Incy hatte mich taktvoll darauf hingewiesen, dass die meisten erfolgreichen Ballerinen schon mit fünf, sechs oder vielleicht sieben Jahren mit dem Training begannen. Und ich war ... nun ja, jedenfalls über vierhundert. Aber er hatte mich trotzdem unterstützt und mir geholfen, den Ballettanzug und die Schuhe zu kaufen. Er war sogar zu einer Probe gekommen, bis ich endlich zur Vernunft kam und das Ganze sein ließ.
    »Ich will nur sagen, wenn du willst, kannst du gern mit uns abhängen. Du brauchst aber nicht bei uns zu bleiben, oder bei mir, wenn du mehr Freiraum haben willst«, fügte er hastig hinzu. »Tu das, was du tun willst. Du kannst morgen von Boston abfliegen und irgendwo anders hingehen. Aber natürlich bist du uns willkommen. Ich fände es toll, wenn du
    mit uns auf die Kreuzfahrt kämst. Wer sonst kann so schön über diesen Querschnitt der Menschheit lästern, dem man auf einem Kreuzfahrtschiff

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