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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Statuen aufzustellen. Wir aßen und tranken an diesem Abend alles, was man sich nur vorstellen konnte. Alles war da, ob es nun aus einheimischem Anbau kam oder gerade Saison hatte oder nicht. Und ich brauchte nichts davon selbst zuzubereiten oder hinterher aufzuräumen. Das gefiel mir daran am besten. Wir waren gegen zwei ins Hotel getorkelt, ziemlich früh -
    in Boston gibt es tatsächlich eine Sperrstunde -, aber wir hatten dann in unserer Suite weitergefeiert, bis das Hotelmanagement um etwas Zurückhaltung bat. Wie in alten Zeiten.
    Es war nur ... Ich hatte die unvermeidlichen Spätfolgen einer Partynacht vollkommen vergessen. Jetzt fühlte ich mich schrecklich. Als hätte ich die Pest. Zumindest so wie ich mir die Pest vorstellte, nachdem ich ihre Auswirkungen gesehen hatte. (Kleine Anmerkung an dieser Stelle: Der Schwarze Tod, der im Laufe eines Jahrhunderts etwa 40 Prozent der Europäer dahingerafft hat, kann heutzutage fast immer mit Antibiotika geheilt werden. Das muss man sich mal vorstellen: Antibiotika. Gegen die Beulenpest. An der fast die Hälfteder Bevölkerung in ganz Europa gestorben war. Solche Sachen machen mich echt fertig und dann wünsche ich mir immer, in der Zeit zurückreisen zu können.) Aber dieses spezielle Pestopfer - ich - schaffte es nicht andie Tür, als der Zimmerservice klopfte, doch er ließ sich selbst ein und stellte ein raffiniertes, kleines Frühstückstablett auf das Bett neben mir.
    »Würden Sie bitte die Vorhänge weiter zuziehen?«, fragte ich und griff nach dem ersten Mimosa. Mmmh. Champagner gemixt mit Orangensaft als perfektes Katerfrühstück. Und das Vitamin C aus dem Saft machte auch Sinn: Immerhin war jetzt Erkältungs-und Grippesaison.
    Der Kellner sperrte die Morgensonne aus und schuf eine angenehm dämmrige Atmosphäre im Zimmer.
    Ich aß ein halbes Croissant, trank den zweiten Mimosa und spülte damit mein Aspirin runter. Ich musste leider erkennen, dass ich total erledigt war und keinen Grund zum Aufstehen hatte. Also schob ich das Tablett zur Seite, klopfte meine Kissen zurecht und kuschelte mich in die riesige, weiche Matratze. Ich zog mir die Steppdecke bis ans Kinn und stellte fest, dass ich es in meinem ganzen Leben noch nie so gemütlich gehabt hatte. Dies war eindeutig das Leben, das ich führen sollte. Was für ein Luxus.
    ***
    »Aufstehen! Aus den Federn, Schlafmütze!«
    Jemand schlug mir ein Kissen ins Kreuz. Zögerlich hob ich die Nase über die Bettdecke. Die Vorhänge waren weit geöffnet und das grelle Winterlicht flutete den Raum und attackierte meine Augäpfel.
    »Aah, hör auf«, murmelte ich und hob die Hand.
    Incy setzte sich auf die Bettkante. »Es ist zwei Uhr«, sagte er. »Nachmittags.«
    Es war merkwürdig, ihn hier zu sehen, nachdem ich mich bereits gefragt hatte, ob ich ihn jemals wiedersehen würde. Nachdem ich aus irgendwelchen Gründen solche Angst vor ihm entwickelt hatte. Er sah immer noch ... normal aus. Klarer Blick, nicht verrückt, und wir waren schon bei Tag zwei, sozusagen. Wie oft war ich in einem Hotel oder einer Wohnung aufgewacht und hatte Incy an meiner Seite vorge;funden? Eine Million Mal? Jedenfalls sehr oft.
    Und jetzt war es wieder so weit.
    »Ich sehe, Madame haben bereits gefrühstückt«, sagte er und benutzte den altmodischen Ausdruck, um mich zum Lächeln zu bringen.
    »Ja«, gab ich zu, setzte mich auf und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Wenigstens ein bisschen.«
    »Du musst jetzt aufstehen.« Incy warf das Kissen ans Fußende und sprang auf. »Wir haben heute viel vor.«
    »Und was?« Jedenfalls keine Eier von Teufelshühnern einsammeln oder Ställe ausmisten. Gott sei Dank, Dank, Dank.
    Er kickte angewidert gegen meine Klamotten, die auf dem Boden lagen. »Diese Sachen sind scheußlich und du kannst dir nicht ständig etwas leihen. Deine Haare sind eine Schande. Hättest du dir gestern nicht Cicelys Miu-Miu-Oberteil geliehen, hätte ich mich nicht mit dir in die Öffentlichkeit gewagt. Also statten wir dich neu aus. Los, beweg dich! Du hast siebzehn Minuten!«
    Ich lächelte. Incy war wirklich witzig. So temperamentvoll und lebendig. Er konnte ziemlich nerven, aber er war auch lustig. Mr Action. Die Party begann immer, wenn er zur Tür hereinkam. Er war wie ein Katalysator - er ließ die Dinge richtig abgehen. Und ich war immer an seiner Seite, wenn es losging.
    »Was?«, fragte er.
    »Dich interessiert, was ich trage«, sagte ich. Immer

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