Ersehnt

will nicht dauernd föhnen und alles Mögliche mit meinen Haaren anstellen müssen.« Der Blick der Stylistin traf mich im Spiegel und ihre Miene war so starr, als hätte ich gerade vorgeschlagen, dass sie mir von diesen Kräusel-Dauerwellen im Stil der Achtziger machen sollte. Ich hob die Brauen und lächelte.
    Incy seufzte, grinste mich an und hob die Hände. »Was immer du meinst, Babe«, sagte er. »Es sind deine Haare.« Dann drehte er sich seitwärts, legte die Füße auf den Platz neben sich und begann, in einer eselsohrigen Klatschzeitschrift zu blättern.
    Reg dich ab, befahl ich mir. Okay, du hattest ein paar Träume und Visionen. Sieh ihn dir an: Er versucht nicht, dir jede Bewegung vorzuschreiben. Also entspann dich. Ich schaute zurück in den Spiegel und suchte den Blick der Stylistin. »Kein Magenta«, sagte ich. »Aber irgendwie rot.«

    ***
    Wie etwa ein verdammtes Magenta-Rot zum Beispiel? »Ich sagte, irgendwie rot«, beschwerte ich mich und drehte den Kopf, um meinen neuen Haarschnitt wippen zu sehen. Abgesehen davon, dass ich aussah, als hätte man mich mit dem Kopf voran in Kool-Aid getaucht, war der Schnitt super und wippte prachtvoll. Ich genoss das Gefühl, solange es ging, denn dieser Effekt erforderte Fönen und Mousse und Glanzspray und wer weiß was noch. Für die Entstehung dieses tollen Wipp-Effekts hatten unzählige Haarpflegeprodukte ihr Leben gelassen. Ganz abgesehen von dem beknackten Magenta. »Ich habe ganz deutlich gesagt, kein Magenta.«»Es sieht trotzdem fantastisch aus«, beteuerte Cicely, die neben mir stand. Wir waren wieder im Hotel und machten uns bereit, ins Den zu gehen, einen Club, den die anderen mir als »superheiße Location« anpriesen.
    »Es ist Magenta.« Ich versuchte mich an den Entfärbungs;zauber von River zu erinnern, aber natürlich wusste ich nur noch, dass es ein Haufen magisch klingendes Gebrabbel gewe;sen war. »Ich erkenne mich selbst nicht wieder.«
    »Weil du nicht mehr aussiehst wie Hilda, die Ziegenhirtin?« Katy stellte sich neben mich vor den Spiegel und verzog beim Auftragen der Wimperntusche das Gesicht. Sie bemerkte meinen Blick und hob die Brauen. »Liebes, du hast ausgesehen wie Hilda, die Ziegenhirtin. Oder Schlimmeres. Aber jetzt siehst du fantastisch aus. Wie du selbst.«
    Ich hatte grell magentafarbene Haare, die zu einem schulterlangen Pagenschnitt getrimmt waren, und einen fransigen Pony, der mir in die Stirn hing. Die Stylistin hatte die zu kurzen Partien gestuft und die ganze Frisur sah nicht nur schick aus, sondern auch als wäre das Absicht. Um den Hals trug ich ein breites Halsband, das aus mehreren Reihen grüner und purpurroter Swarowski-Kristalle bestand. Da ich wegen meines Nackens immer noch total paranoid war, hatte ich darunter einen dünnen Seidenschal gewickelt, um meine Narbe doppelt zu schützen.
    Ich zerrte an meinem giftgrünen Satin-Bustier, das zwei Stellen betonte, an denen ich eindeutig zugenommen hatte. Wahrscheinlich musste das Ding so sitzen, aber ich sollte mich wohl besser nicht vorbeugen, um etwas aufzuheben. Ich fragte mich, was River - oder Reyn - wohl von meiner extrem unpraktischen, hautengen schwarzen Satin-Hose und den ebenso extrem unpraktischen und unglaublich unbeque;men Louboutin-Stiletto-Pumps halten würden. Zum Glück waren weder River noch Reyn hier und ebenfalls zum Glück war es mir vollkommen egal, was sie dachten. Ich sah unglaublich aus. Wirklich hübsch, stellte ich überrascht fest. All meine knochigen Ecken hatten sich in River's Edge mit Hirse oder was auch immer gefüllt und ich konnte mich nicht erinnern, wann meine Haut das letzte Mal so glatt und seidig gewesen war. Ich sah heiß und total modisch aus.
    Wow. Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so gut ausgesehen hatte. In den Sechzigern? Den späten Siebzigern?
    »Ladys?« Boz streckte den Kopf zur Badezimmertür herein. Als ich ihm das erste Mal begegnet war, hätte ich ihn nur als »unglaublich gut aussehend und blond« beschreiben können. Aber nachdem nun ein paar Jahrzehnte verstrichen sind, kann ich eine genauere Beschreibung abgeben: »Falls Robert Redford und Brad Pitt ein Kind der Liebe hätten, dann wäre es Boz.« Und jedes Mal, wenn ich Boz nicht in großen Stücken minus sein Blut sah, war ich erleichtert. Das waren echt verrückte Träume gewesen. Wahrscheinlich verursacht durch zu viel gesundes Essen. Nur gut, dass ich diesen ganzen Öko-Kram jetzt aus