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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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feucht und klamm an.
    »Warum eigentlich nicht«, sagte sie langsam. »Es dauert nur ein paar Minuten.« Sie war genauso wenig erpicht darauf wie er, den dunklen Weg hochzugehen.
    Sie kämpften sich durch das hohe Gras zu dem Sandstück, das zwischen dem Garten und dem Watt lag, und blieben einen Moment lang stehen, um hinaus auf den Schlick zu blicken. »Die Flut ist weit genug draußen. Ich gehe hin und seh‘ es mir an.« Patrick gab ihr das Gewehr. »Warten Sie hier?«
    Sie nickte. Das Gewehr war überraschend schwer. Sie hatte Zweifel, ob sie es zur Schulter führen und dann ruhig halten konnte, wenn sie mußte. Aber es fühlte sich beruhigend an. Sie kniff die Augen zum Schutz vor dem Wind zusammen und sah zu, wie Patrick in seinen langen Stiefeln von Grasbüschel zu Grasbüschel sprang, sich so hinaus zum Schlick kämpfte, ab und zu spritzend durch das zurückgehende Wasser stapfte und sandige, schlammige Sandbänke hochkletterte, die wie kleine Inseln aus dem Wasser ragten. Er erreichte den Wagen, und sie sah, wie er durch die Fenster spähte und vorsichtig um ihn herum ging. Er suchte in seiner Tasche, holte den Schlüssel heraus, sperrte die Beifahrertür auf und schlüpfte hinein. Mit angehaltenem Atem sah sie zu. Der Garten hinter ihr war vollkommen still. Sie stellte sich vor, daß Diana und Greg vom Küchenfenster aus zusahen, und der Gedanke tröstete sie.
    Nur Sekunden später kam Patrick wieder aus dem Wagen geklettert. Sorgsam schloß er die Tür ab œ etwas, das ihr unglaublich komisch vorkam, weil es so fehl am Platze war. Dann machte er sich auf den Rückweg. Er war schmutzig und außer Atem, als er schließlich wieder neben ihr stand.
    »Er war abgeschlossen. Es gibt keine Spur, daß jemand versucht hat, die Tür aufzubrechen und die Drähte unter dem Armaturenbrett kurzzuschließen. Alles war so, wie es sein sollte. Kein Schmutz, kein Wasser, keine Kratzer. In bestem Zustand.«
    »Sollten wir uns darüber freuen?« fragte Kate trocken. Patrick sah sie an. »Wie ist er da hingekommen, Kate?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Das überlegen wir uns später. Konzentrieren wir uns jetzt lieber darauf, zur Straße hinaufzukommen.« Sie gab ihm das Gewehr und drehte sich um, weg vom Meer.
    Er nickte. »Es gibt eine Abkürzung. Nehmen wir die. Ich zeige sie Ihnen.« Er ging voraus, zurück über das Gras.
    Im Haus wandte Greg sich vom Fenster weg. Hinter ihm hatte sein Vater sich auf das Sofa gelegt. Innerhalb von Sekunden war er eingeschlafen. Mit einem mitfühlenden Blick auf Rogers erschöpftes Gesicht humpelte Greg zurück zur Küche. »Sie sind fort. Hör mal, Ma, was machen wir jetzt mit Allie? Sie schläft bestimmt nicht mehr sehr lange.«
    Er wußte, was er zu tun hatte œ sie irgendwo einsperren -, und er wußte auch, daß seine Mutter nichts davon hören wollte. »Wir können nicht die Augen davor verschließen, daß sie wieder gefährlich werden könnte. Ich weiß, daß es nicht ihre Schuld ist; es ist nicht Allie, um Gottes Willen. Aber wir müssen vorsichtig sein.«
    »Was schlägst du also vor?« Dianas Stimme war heiser vor Erschöpfung.
    »Hat die Tür zu ihrem Zimmer einen Schlüssel?«
    »Das weißt du doch. Sie sperrt sich schließlich dauernd ein.«
    »Dann ist es auch kein Unglück für sie, wenn wir sie hinaufbringen und einsperren, wenn wir sie ms Bett gebracht und gut zugedeckt haben. Für unseren eigenen Seelenfrieden.«
    Zu seiner Überraschung zuckte sie nur mit den Schultern. »Ist gut.«
    Er warf einen Blick auf seinen Vater und dann zurück zu ihr. »Wir beide werden es tun müssen, Ma.«
    Sie nickte. Einen Augenblick lang saß sie still, wurde sichtlich matter, dann straffte sie ihre Schultern und hob den Kopf. Sie versuchte, tapfer zu lächeln. »Tut mir leid, Greg. Ich bin nicht gerade eine große Hilfe. Du hast natürlich recht.« Sie stand auf. »Ich bringe sie nach oben.«
    »Das kannst du nicht allein.«
    »Natürlich kann ich -« Diana brach plötzlich ab. Für einen Moment hatte keiner von beiden mehr Alison beobachtet, aber jetzt, während sie sprachen, bemerkten sie, daß das Mädchen die Augen aufgeschlagen hatte.
    »Allie?« Es war Greg, der zuerst sprach. »Alles mit dir in Ordnung?«
    Ihre Augen waren weit, ängstlich, verwirrt. Es waren wieder ihre eigenen. Er blickte seine Mutter an und sah, daß auch sie es gesehen hatte. Sie ging auf ihre Tochter zu, kniete sich nieder und legte die Arme um sie. »Allie, Liebes. Du hast uns einen schönen Schrecken

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