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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Ich finde, der Arzt sollte ihn sich ansehen.« Er hielt inne. »Allie braucht Hilfe. Dringend. Du weißt das so gut wie ich.«
    »Nein.« Diana schüttelte den Kopf. Tränen liefen ihr über die Wangen. »Nein, wir bringen das alles selbst wieder in Ordnung. Keine Sorge. Allie geht es bald wieder gut, sie muß einmal richtig ausschlafen. Dein Fuß ist nicht so schlimm, Greg. Er sieht schon besser aus, das hast du selbst gesagt, und dein Vater muß sich nur ausruhen -«
    »Di.« Roger hob den Kopf. Er rieb sich müde mit den Händen über die Wangen, und sie hörten alle das kratzende Geräusch seiner Hände auf dem 24-Stunden-Bart. »Wir schaffen das nicht allein. Das weißt du auch. Da draußen im Cottage liegt ein Toter. Ein Toter, Di. Das ist keine Einbildung. Und das bringt sich auch nicht von selbst wieder in Ordnung.«
    »Allie hat nichts mit dem Auto zu tun, Ma«, warf Patrick plötzlich ein. »Da draußen muß noch jemand sein.«
    »Patrick und ich gehen zu den Farnboroughs, um zu telefonieren.« Kate stand auf. »Ich denke, wir sollten jetzt wirklich los.«
    »Nimm das Gewehr mit, Paddy.« meinte Roger. »Greg und ich kommen hier schon klar.«
    Patrick blickte unsicher vom Gesicht seiner Mutter zu dem seines Vaters, dann wandte er sich Kate zu. »Okay?« flüsterte er.
    * Coleridge hat behauptet, er habe sein Gedicht Kubla Khan œ »In Xanadu did Kubla Khan a stateley pleasure dorne decree« œ im Opiumrausch
    geträumt und sei gerade beim Aufschreiben gewesen, als ein Mann aus Porlock gekommen sei und so lange auf ihn eingeredet habe, bis er den Rest vergessen hatte. (Anmerkung der Übersetzer)

XLVIII
    Die Küche war blitzblank, der Braten im Ofen, und die Kartoffeln brieten langsam vor sich hin. Cissy sah sich mit einem zufriedenen Lächeln um. Sogar Joes Sonntagszeitungen waren am äußersten Ende des Küchentischs zu einem mehr oder weniger ordentlichen Stapel aufgeschichtet. Nichts würde ihr jetzt mehr ein schlechtes Gewissen bereiten, wenn sie und Sue runter zur Redall-Farm fuhren und in der Ecke beim Kamin eine Tasse von Dianas wunderbarem Kaffee aus dem Laden in Ipswich tranken.
    Sie fragte sich oft, weshalb sie Dianas Haus so sehr mochte. Das Wohnzimmer der Redall-Farm war genau das, was es sein sollte, ein Zimmer zum Wohnen, wo man immer knietief durch Zeitungen, Nähzeug und Katzen watete und wo haufenweise Gregs Bilder und Patricks Bücher herumlagen. Diese Unordnung war allerdings immer durch frische Blumen verschönt; sogar im tiefsten Winter gelang es Diana, im Wald etwas zu finden. Und das Haus duftete immer nach Kaffee, selbstgebackenem Brot und getrockneten Kräutern, und auch wenn es gelegentlich ein wenig nach Katze roch, war doch alles sehr einladend.
    Mit einem Seufzer blickte sich Cissy in ihrer eigenen Küche um. Auch wenn sie sich noch so sehr bemühte, Dianas Durcheinander war nichts für sie. Jedenfalls nicht, wenn es ihr eigenes Haus betraf. Sie hatte versucht, Blumen zu trocknen, aber überall waren verschrumpelte Blütenblätter auf den Boden gefallen; sie versuchte auch, Brot zu backen, aber sie ärgerte sich über den Anblick der mit Tüchern bedeckten Pfannen, in denen der Teig seitlich nach oben stieg; und das Ergebnis, auch wenn es gut roch, lag schwer wie Blei im Magen.
    »Sue!« Sie stand am Fuß der Treppe und rief hinauf. »Kommst du mit runter nach Redall?«
    »Komme schon.« Sie war tatsächlich zu Sue durchgedrungen. Der Walkman lag aus irgendeinem Grund (keine Batterien, vermutete sie) unbeachtet auf dem Nachttisch. Sue tauchte auf, zugänglich für menschliche Kommunikation. »Toll. Kommen sie dann mit zum Mittagessen?«
    »Das hoffe ich. Hol deine Handschuhe, Schatz.« Cissy betrachtete skeptisch die Ausstattung ihrer Tochter œ schwarze Leggings, schwarzes T-Shirt, einen schwarzen Pullover, der vorn bis zu den Knien reichte und hinten gerade eben den Po bedeckte, einen schwarzen, um den Kopf gewickelten Schal und schwarzen Eyeliner. Sie seufzte. Als sie heute morgen aufgestanden war, hatte das Kind wie ein normaler Teenager ausgesehen. Jetzt sah sie aus wie ein Zombie aus den Sümpfen.
    Mit einem Seufzer der Verzweiflung nahm Cissy die Schlüssel für den Range Rover vom Tisch in der Diele und ging voran nach draußen. Es war ein kalter, feuchter Morgen; der Himmel war stark bewölkt. Jeden Moment würde es wieder anfangen zu schneien. Sie kletterten in den Range Rover, und Cissy ließ den Motor an. Sie ließ ihn ein paar Augenblicke lang laufen, während sie

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