Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Behandlungszimmers hinter sich geschlossen hatte.
»Beschäftigungsverbot – du Ärmste! Und was meint sie denn mit ›in deinem speziellen Fall‹?«
»Keine Ahnung«, sagte ich so locker wie möglich, denn mir war sehr, sehr schwummrig, »wahrscheinlich, dass ich nicht mehr die Jüngste bin? Alles über dreißig gilt ja heutzutage schon als Risikoschwangerschaft!«
Mir erschien es tatsächlich unmöglich, meiner besten Freundin zu erzählen, was die Ärztin beim zweiten Ultraschall entdeckt hatte. Nein, dachte ich, das bleibt mein Geheimnis. Charlotte macht sich nichts aus Kindern. Und deshalb geht es sie nur begrenzt etwas an, wie viele davon ich erwarte. Und dass aus zwei Babys auch wieder nur eines werden kann, wenn wir nicht aufpassen. Eigentlich geht es niemanden etwas an. Hat nicht die Ärztin gesagt, diese Schwangerschaft sei eine sehr, sehr fragile Geschichte? Eben. Ich würde mein Geheimnis erst lüften, wenn wir alle drei auf der sicheren Seite waren. Ich umklammerte daher Charlottes Unterarm, stakste die Treppen zum Besucherparkplatz hinunter und sagte nur vage: »Du hast es ja gehört: Ich muss nach Hause und mich hinlegen. Und weil ich nicht mehr aufstehen darf, muss ich mir dringend überlegen, was und wie ich vom Sofa aus arbeiten kann.«
»Darauf willst du dich legen? Auf diese Ruine?« Charlotte sah skeptisch zu mir hinunter, als ich meine Schuhe abgestreift und mich in die Ecke unseres L -förmigen Cordsofas gefläzt hatte.
»Warum legst du dich nicht gleich ins Bett? Meine Cousine Marissa hätte sich nie auf ein derart abgewetztes Ding gelegt, sie war absolut überzeugt von pränataler Geschmacksbildung.«
Ich winkte ab und öffnete meinen Hosenknopf.
»Ich will nicht ins Bett, das würde mich deprimieren. Das hier wird meine Kommandozentrale. Und diese sogenannte Ruine ist original aus den Siebzigern und saugemütlich. Und jetzt holst du mir bitte den Laptop und das Telefon und hängst ein Betriebsurlaub-Schild an den Laden. Aber nur bis nächste Woche. Bis dahin brauche ich einen Plan, und den mache ich jetzt. Lässt du mich bitte alleine? Und tschüs.«
Ich hatte in der Klinik Zeit gehabt nachzudenken, und ich war bereits zu einem − wie ich fand − sehr naheliegenden Ergebnis gekommen. Aber zu welchem, auch das konnte ich Charlotte nicht erzählen. Nur jemandem, der weniger höhere Tochter war als sie. Ich wählte eine spanische Nummer und hoffte, dass Josef nicht gerade am Strand oder in einer Produktion war.
18
Josef war dagegen. Am Anfang.
»Telefonsex? In den Zeiten von Internet und PornHub? Ist das nicht total yesterday? Und außerdem – nur weil du es einmal deinem Alten und einmal einem Kaufhausdetektiv gezeigt hast, glaubst du, dass du das kannst?«
Aber als ich ihm die finanzielle Lage meines Hauptlieferanten im Allgemeinen erklärt hatte und dass ich im Speziellen auch noch liegen sollte in den nächsten Monaten, fing er an, mir besser zuzuhören.
»Ich meine nicht Telefonsex im klassischen Sinne! Eher eine Art sexuelle Seelsorge. Und da ist es einfach besser, wenn man eine echte Stimme hört und sich nicht irgendwelche abgewichsten anonymen Filmchen ansieht.«
Sagte nicht sogar mein Vater immer: »Schlummernde Talente soll man unsanft wecken?« Wie recht er hatte. Aber Josef schien mir trotzdem in Sachen Dirty Talk der bessere Coach.
»Ich dachte, du würdest dich, äh, mit erotischen Hotlines ein wenig auskennen? Ich weiß nicht, wem ich sonst davon erzählen soll – ist ja bisher auch nur so eine Idee! Ich brauche schnell viel Geld, wenn ich Cashmiti und damit meinen Laden retten will, und ich habe jetzt Wochen damit verschwendet, auf Felix zu warten, und darauf, dass Charlotte mal mit Zockel redet. Ich muss so weitermachen, wie ich in den letzten Jahren am besten gefahren bin: allein. Wenn du dich auf andere verlässt, bist du verlassen.«
Josef schien tatsächlich einen unverkrampften Zugang zu meinen Plänen zu haben.
»Klar, darauf zu warten, dass andere aus dem Quark kommen, nervt ohne Ende. Vielleicht gar keine so schlechte Idee, reden konntest du schon immer. Und unabhängig wärst du dann.«
Er machte eine Pause und seufzte.
»Du spinnst. Aber ich bin auf deiner Seite. Und ich halte selbstverständlich die Klappe. Wie willst du das mit Felix organisieren, ihn einweihen?«
Ha, Felix einweihen! Das ging auf keinen Fall!
»Felix wird nicht viel hier sein in den nächsten Monaten. Wenn er schlau ist, macht er nach seiner Auszeit das, was ich ihm
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