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Erstens kommt es anders ... (German Edition)

Erstens kommt es anders ... (German Edition)

Titel: Erstens kommt es anders ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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Krankenwagen. Ich werde einen Arzt holen.«
    Das genügte, jetzt durfte Stevie schlafen.
    Schlafen.
    »Miss Grace?«
    Diesmal fühlte sich die Hand auf ihrer Stirn nicht mehr ganz so kühl an.
    Mühsam öffnete sie die Lider und konnte zunächst nur eine unscharfe Gestalt ausmachen. Nach einem heftigen Blinzeln versuchte sie es erneut. Doch erst beim dritten Anlauf nahmen die wabernden Formen ein wenig an Schärfe zu. Eine große, lächelnde Brünette hatte sich über sie gebeugt.
    »Hi, Sie sind wach!«
    Das klang so freudig überrascht, dass Stevie augenblicklich Grausames schwante. Der Versuch zu sprechen scheiterte, ihre Zunge schien ungefähr auf das doppelte Volumen angeschwollen zu sein. Aber die Fremde hielt die Abhilfe bereits in der Hand. Stevie ließ sich etwas nach oben ziehen – ignorierte verbissen ihren Kopf, der nach wie vor zu zerplatzen drohte – und trank einen wahnsinnig köstlichen Schluck Mineralwasser. Es machte sie klarer und brachte ihre Stimme zurück.
    »Wie lange war ich weg?«
    Die Frau zögerte, doch als Stevie sich entsetzt weiter aufrichten wollte, hielt sie eine entschiedene Hand davon ab. »Eine Woche.«
    »Oh, Scheiße!«
    Das begleitete die Fremde mit lautem Gelächter und einem »Ja, so kann man es auch ausdrücken!«
    Diesmal betrachtete Stevie die Frau eingehender. Dunkles, gewelltes langes Haar, große, schokoladenbraune Augen, hohe Wangenknochen, eine kleine, gerade Nase, volle, rote Lippen ... sehr hübsch. »Wer sind ...?«
    Der brünette Engel mit dem Gassenhumor kam ihr zuvor. »Ich bin Diana und habe das Pech, die einzige Schwester meines idiotischen Bruders Michael zu sein«, wurde Stevie munter informiert. »Und wie war dein Name noch gleich?«
    »Stevie«, antwortete die nach kurzem Zögern und lächelte zaghaft.
    Jeden Morgen tauchte Diana auf und bereitete Stevie das Essen zu.
    In den ersten Tagen musste sie wortwörtlich gefüttert werden, denn da gelang es ihr nicht einmal, den Arm zu heben. Die Schwester ihres Chefs kümmerte sich um Stevies Körperpflege, wusch unter wilden Flüchen das Geschirr mit der Hand ab, sorgte für Ordnung in dem schmucklosen Zimmer und stopfte trotz wütender Proteste der kranken Hausherrin unzählige Dollarnoten in die vorsintflutliche Heizung.
    Wann immer Stevie aufstehen und endlich wieder arbeiten gehen wollte, wurde sie wortlos in die Kissen zurückgedrückt. Wenn sie deshalb heulte, wischte Diana tröstend die Tränen von ihren Wangen. Doch sie gab nie nach und stellte nie unangenehme Fragen. Stattdessen saß sie stundenlang am Krankenbett und plauderte, erzählte von Leuten, die Stevie nicht kannte und wahrscheinlich auch nie kennen würde, von ihrem Dad, ihrer Mom und der Arbeit. Anscheinend war sie in der Installationsbranche tätig. Doch nie kam das Gespräch auf den mit Sicherheit idiotischen Bruder.
    Einmal täglich kam ein Arzt vorbei, der sich mit Dr. Burn vorstellte und sich als sehr nett und äußerst strikt erwies. In der folgenden Woche konnte Stevie sich über die Konsequenzen seiner Besuche kaum Gedanken machen. Das gelang ihr erst, nachdem der dritte Sonntag vergangen war, den sie im Bett zubrachte. Langsam ging ihr nämlich auf, in welcher miesen Lage sie sich befand, und der Schock fiel beachtlich aus.
    »Diana!«
    Die ließ sich diesmal verdammt viel Zeit, und als sie sich endlich an ihr Bett setzte, geschah dies mit dieser nervend geduldigen Miene. Du-kannst-erzählen-was-du-willst-ich-höre-dir-ja-sowieso-nicht-zu.
    Nun ja, dann musste Stevie sie wohl zwingen. »Du wirst den Doktor abbestellen!«
    »Ach?«
    »Ja! Tu einfach, was ich dir sage!«
    »Nein.«
    Stevie schloss die Augen und zählte langsam bis zehn. Danach schien ihr hysterischer Anfall keineswegs erfolgreich abgewendet. Daher hängte sie noch einmal fünf dran. Und schließlich fühlte sie sich der bevorstehenden Diskussion gewachsen. Annähernd zumindest. Ihre Lider flogen auf. »Du verstehst das nicht! Ich kann ihn nicht bezahlen!«
    Dafür kassierte sie von Diana einen ungläubigen Blick, sie tippte sich an die Stirn und widmete sich grummelnd wieder dem Abwasch.
    »Diana!«
    »Ich kann dich gerade überhaupt nicht hören!«
    »Verdammt!«
    »Da gebe ich dir ausnahmsweise recht!«
    »Ich kann ihn nicht bezahlen! Begreife das! Bestelle den Kerl ab! Das ist kein Spiel!«
    Mit einem lauten Platsch! , landete der Teller, den Diana soeben am Wickel hatte, in der Spüle. Das Wasser spritze über den Spültisch, auch der Boden innerhalb eines

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