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Erstens kommt es anders ... (German Edition)

Erstens kommt es anders ... (German Edition)

Titel: Erstens kommt es anders ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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gezogen. Aber dass Stevie wortwörtlich hungerte, weil sie nicht das Geld besaß, sich etwas zu Essen zu kaufen, dieser Gedanke war ihm bis vor Kurzem nicht gekommen. Ohne es zuvor überdacht zu haben, nahm er ihre Hand und drückte sie sanft. Es war ein instinktiver Vorstoß, vollführt, ohne ihn zuvor durchdacht zu haben. Er spürte ihre warme Haut auf seiner, und sie wich nicht sofort zurück. Flüchtig schloss er die Augen.
    Verdammt! Sie duldete es! Als er sie wieder ansah, musterte sie ihn, dann ihre ineinander verschlungenen Hände und seufzte.
    »Was hast du?«, erkundigte er sich verhalten.
    »Ich kann nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich brauche den Job.«
    »Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«
    »Alles«, hauchte sie nach einem langen Moment des Schweigens.
    Ergeben schloss er die Lider.
    Ja, genauso funktionierte Stevies seltsame Denkweise. Sie durfte nicht mit ihrem Chef zusammen sein. Egal, wie sehr sie ihn möglicherweise wollte. Was ihn sofort auf den nächsten Gedanken brachte: Wie sehr wollte sie denn?
    »Wenn ...« Nach kurzer Besinnung setzte er nochmals an, denn sein Herz dröhnte mit einem Mal zu laut und zu schnell, um dieses Phänomen einfach zu übergehen. »Wenn die Situation eine andere wäre, würdest du dann ...?«
    Aufmerksam betrachtete Stevie den erdigen Boden vor ihren Füßen. »Nein.«
    Was zweifellos gelogen war, denn sie sah ihm nicht in die Augen.
    Warum?
    Zwei Stunden.
    Schweigend saßen sie nebeneinander, in jener lauen Sommernacht in Portland. Auf einer einsamen Parkbank in der inzwischen menschenleer anmutenden, schlafenden Stadt.
    Noch immer hielt er ihre Hand und irgendwann lehnte sie den Kopf an seine Schulter. »Ich bin erledigt.«
    »Warum das?«
    »Den Job bin ich los. Ohne das Geld habe ich keine Chance.«
    »Es gibt immer eine Alternative!«
    »Michael! Du hast ...«
    »... keine Ahnung vom realen Leben, natürlich. Trotzdem verspreche ich dir, es gibt eine Alternative.« Er spürte, wie sie erstarrte, und fügte hastig hinzu. »Eine Erträgliche, Angemessene, Vertretbare. Aber bitte versprich mir, dass du nicht mehr dorthin gehst.« Er nickte zum ‚The Last Chance‘, dessen Leuchtreklame in einiger Entfernung die Dunkelheit erhellte.
    »Das kann ich ja in der Zwischenzeit wohl auch kaum noch.« Es klang bitter.
    »Oh, wie ich Lily kenne, wäre sie gern bereit, dir zu verzeihen«, lachte er. »Du bist zu lukrativ fürs Geschäft. Sie wird dich nur ungern ziehen lassen.«
    »Du kennst sie?« Überrascht musterte sie ihn.
    »Yeah.« Düster starrte er vor sich hin. »Sehr gut sogar. Ich weiß, wer in dieser Bar verkehrt. Das ist ja der Grund, weshalb ich nicht möchte ...«
    »Du willst also nicht, dass ich dort arbeite, weil dort Männer wie du verkehren?«
    »Ja«, sagte er nach kurzem Zögern.
    Lachend schüttelte sie den Kopf. »Ehrlich, du bist komisch!«
    Flüchtig lächelte er und wurde wieder ernst. »Bitte.«
    »Das ist unfair.«
    »Nein, es ist ... Lass es einfach. Für mich.«
    Darauf wusste Stevie nichts zu erwidern und auch Michael schwieg. Eines hatte er mittlerweile nämlich verstanden:
    Momentan befand sie sich bei ihm. Stevie, nicht, was er von Montag bis Freitag in seinem Büro ertragen musste. Ohne die geringste Ahnung, ob und wann sie ihm das nächste Mal so nah sein würde, hielt er ihre Hand. So zugänglich und so verdammt süß. Inzwischen war er verzweifelt genug, sich wie besessen an diese zwei Stunden, ihre Hand und ihren Duft zu klammern. Auch, wenn sie ihn erneut abgewiesen hatte.
    Nach exakt einhundertzwanzig Minuten rief er ein Taxi, gab ihr jedoch kein Geld. Sie hätte es nicht akzeptiert. Ihr trauriger Blick lag noch auf ihm, als der Wagen davon fuhr. Erst, als das Gefährt um eine Ecke gebogen war, ging er seufzend zum The Last Chance zurück und klärte die erforderlichen Dinge mit Lily.
    * * *
    A lles hatte sie falsch gemacht.
    So lautete die erste Schlussfolgerung, zu der Stevie gelangte, nachdem sie sich an diesem Abend einem ausgiebigen Heulkrampf hingegeben hatte.
    Begonnen damit, dass sie sich von diesem idiotischen Kerl entführen ließ, bis zu ihrem Geständnis, das niemals hätte stattfinden dürfen, hatte sie aber auch wirklich in jeder Beziehung versagt. Wenngleich er glücklicherweise keine Einzelheiten kannte. Aber jetzt konnte sie auch ihren tollen Nebenjob abschreiben.
    Einhundert Dollar pro Woche futsch! Ohne Trinkgeld.
    Das hatte es nämlich zusätzlich gegeben. Stevie hätte nie geahnt, wie freigiebig Männer

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