Erstens kommt es anders ... (German Edition)
wurden, wenn man sie ein bisschen nett anlächelte. Besonders unter Alkoholeinfluss.
Wie es weitergehen sollte, wusste sie nicht. Nach dieser gemeinen Manipulation stand ein Weiterarbeiten in der Bar nicht mehr zur Debatte.
Für ihn! Ja, Stevie, lass es für ihn!
Womit sie die schlimmste aller Katastrophen erreicht hatte, die mit Wirkung des heutigen Abends über sie hereingebrochen waren. Denn Stevie war ihren strikten Vorsätzen untreu geworden. Und das so umfassend, dass sie momentan nur heulen wollte. Endlich konnte sie sich nämlich eingestehen, sich achtkantig in diesen sozialen Idioten verliebt zu haben. Bis über alle Ohren, so heftig, dass sie nicht einmal ahnte, wie sie das wieder hinbiegen sollte.
Bis zu diesem Abend hatte sie es immer noch unter Kontrolle gehalten. Irgendwie.
Ja, er bemühte sich um sie, nett und ehrlich, selbstverständlich war ihr das nicht entgangen, Stephanie Grace war schließlich nicht blind! Doch damit führte er eine längst verlorene Schlacht! Ihre Ziele unterschieden sich zu eklatant. Inzwischen hätte Stevie sich mit (beinahe) jedem anderen auf eine flüchtige Affäre eingelassen.
Nur nicht mit ihm.
Niemals!
Das wäre unfair gewesen und außerdem gegen die Regeln. Und diesmal bezog sich Stevie nicht auf die verdammten Gesellschaftlichen, sondern jene, die nun einmal galten, für den Fall, dass man sich auf eine reine Bettgeschichte einigte.
Denn im Gegensatz zu ihm wäre es für sie keine kurze, unbedeutende Angelegenheit gewesen, sondern viel, viel mehr. Mittlerweile war in Stevie die Überzeugung gewachsen, dass sie zerbrechen würde, wenn er ihr den Laufpass gab. Und wer Stevies Unnachgiebigkeit, Strenge und Zähigkeit kannte, der konnte vielleicht ermessen, wie umfassend sie sich in diesen Mann verliebt hatte. Nie zuvor hatte sie einem Menschen gestattet, einen derartigen Einfluss auf sie zu nehmen. Gut, gestattet war ihm das von ihr auch nicht worden. Es war einfach geschehen, ohne dass sie sich wehren konnte.
Totaler Kontrollverlust.
Oh, Mist!
Nach einer weiteren Stunde ausgiebigen Heulens schlurfte sie mit müden Schritten und geschwollenen Augen in den Küchenbereich ihres Zimmers und kochte sich einen Tee.
Angeekelt betrachtete sie kurz darauf die Tasse, kippte das Zeug unangerührt in den Ausguss und nahm stattdessen eine Flasche Cognac aus dem Küchenschrank, die sie irgendwann einmal im Supermarkt mitgenommen hatte. Für alle Fälle.
Ein äußerst weiser Entschluss fand sie, als sie zusammengekauert auf ihrem Bett saß, mit der geöffneten Flasche in der Hand. Auf ein Glas verzichtete sie. Zu umständlich.
Nach einem tiefen Schluck verzog sie angewidert das Gesicht und schüttelte sich. Widerlich!
… Michael!
Dass er sie mochte, nahm sie ihm mittlerweile ab. Aber das genügte leider nicht!
Viel zu wenig.
Geistesabwesend nippte sie erneut an der Flasche und schluckte mit trübem Blick.
Michael!
Für ihn gestaltete sich das alles so einfach! Für sie weniger! Und da half es auch nicht, wenn er sie traurig ansah. Nie hätte Stevie geglaubt, dass dieser Mann mit dem Dackelblick aufwarten konnte. Und mit was für einem! Geräuschvoll zog sie die Nase hoch und genehmigte sich noch einen Schluck.
Ugh! Ekelhaft, das Zeug!
Michael!
Allein der Name gehörte verboten!
Ja, schön, er mochte sie! Aber das entsprach nicht dem, was sie für ihn empfand. Nicht einmal annähernd, und außerdem brauchte sie den verdammten Job!
Michael ...
Am darauffolgenden Montagmorgen mutierte der Weg ins Büro zu einem der schwersten Gänge, die Stevie in ihrem bisherigen Leben hinter sich bringen musste. Und da hatte es in der Vergangenheit so einige gegeben.
Gleichzeitig hasste sie sich dafür, es kaum erwarten zu können, ihn wiederzusehen.
Doch zunächst einmal blieb das aus, denn beim Eintreten fand sie seine Tür geschlossen vor. Damit hätte sie eigentlich rechnen müssen. Wenn sie schon nicht mit der veränderten Situation umzugehen wusste, wie konnte sie dann davon ausgehen, dass es ihm anders ging? Obwohl er ja immer so ekelhaft selbstsicher wirkte, dass einem das Würgen kam.
Kaum saß Stevie jedoch, öffnete sich die Tür und Mr. Selbstsicher in persona erschien im Rahmen. Sein Lächeln fiel ausnehmend kühl aus. »Miss Grace, dürfte ich Sie einen Augenblick hereinbitten?«
Das klang übel.
So sehr, dass Stevie kurzfristig in Erwägung zog, die Angelegenheit abzukürzen und gleich zu gehen. Bevor sie ihm die Gelegenheit gab, sie achtkantig zu feuern.
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