Erstens kommt es anders ... (German Edition)
Intelligenz. Nach einer Weile versuchte er es erneut, inzwischen ein wenig fordernder – und entnervter. »Stevie, bitte!«
»Es ist nichts, an dem du etwas ändern könntest«, seufzte sie. »Genügt das?«
»Nein!«
»Das habe ich befürchtet«, murmelte sie düster.
Geduld , hatte Diana ihm gepredigt. Michael, du musst geduldig sein. Überzeuge sie davon, dass du es ehrlich mit ihr meinst. Solange sie das nicht glaubt, kämpfst du auf verlorenem Posten. Schnell wird hier überhaupt nichts gehen.
Ein guter und weiser Rat. Schon, weil er Michael wieder zu der Frage aller Fragen brachte: Wie ehrlich meinte er es denn? Noch immer kannte er diese spezielle Antwort nicht, was ihn neben allem anderen auch zunehmend zermürbte. Und diesbezüglich konnte Diana ihn nur mit großen Augen anglotzen, anstatt ihn endlich mal zu erleuchten.
Leise seufzte er und spürte prompt ihren Blick auf sich liegen, erwiderte ihn jedoch nicht. Von Geduld konnte im Moment nämlich keine Rede sein. Daran arbeitete er immer noch. Mühsam. Unter Garantie ahnte Stevie nicht einmal, wie mühsam ...
Als das Schweigen sich auszudehnen drohte, unternahm er einen erneuten Versuch. »Du hast keine Ahnung, welche Horrorszenarien sich momentan in meinem Kopf abspielen. Warum kannst du mir nicht vertrauen und endlich sagen, was geschehen ist?«
»Weil du Dinge tun würdest, die ich nicht will!«
»Gut, ich verspreche dir, die Füße stillzuhalten. Genügt das?«
»Nein!«
»Fein, was soll ich dann versprechen?«
Nach einer Weile holte sie tief Luft. »Schwöre mir, dass du nicht zu deinem Vater rennst und den stattdessen überredest, mir zu helfen!«
»War das alles?«, erkundigte er sich nach einer Weile.
»Ja.«
»Okay!« Gelassen hielt er ihrem argwöhnischen Blick stand, während sie aufmerksam seine Miene studierte. Schließlich nickte sie doch tatsächlich. »In Ordnung ...«
Was keineswegs bedeutete, dass Stevie jetzt endlich mit der Sprache herausrückte. Abermals vergingen etliche Minuten in absolutem Schweigen, bis sie endlich zögernd anhob.
Himmel!
»Meine Mom ist krank. Bereits seit Längerem. Ich wusste nicht, wie schlimm es ist, meine Schwester kümmerte sich um sie.« Sie warf ihm einen eiligen Blick zu. »Ich habe es ja mal wieder so was von versaut, Michael!«
Ohne etwas zu erwidern, zog er ihre Hand aus der Manteltasche und nahm sie in seine. »Erzähl!«, forderte er ruhig.
Diesmal dauerte es nicht ganz so lange, bevor sie fortfuhr. »Meine Schwester ist seit September am College und meine Mom somit allein. Du erinnerst dich an den Abend, an dem ich ganz plötzlich gehen musste?«
»Ja.« Und wie er sich daran erinnerte! Damals hatte ja das gesamte Theater begonnen! Also dieser spezielle Akt des gesamten Dramas.
»Das war das Krankenhaus. Man hatte sie eingeliefert.«
»Scheiße.«
»Ja. Ich durfte sie nicht mehr sich selbst überlassen. Die beiden wohnten nicht in der Stadt, sondern außerhalb, weißt du? Den Urlaub brauchte ich, um sie nach Portland zu holen und ein Appartement zu suchen. In meinem alten Zimmer konnten wir beide nicht leben. Als Nächstes ihr Haus ...« Sie verstummte, und bedachte ihn erneut mit einem raschen Seitenblick. »Du hast nicht zufällig schon mal versucht, ein recht kleines, einfaches Haus in der Provinz zu verkaufen, oder?«
»Nicht wirklich.«
»Dann belasse es auch dabei.« Stevie seufzte. »Dabei ist es echt hübsch! Obwohl die beiden ja ständig daran herumgemäkelt haben. Ich habe einen Makler beauftragt, der auf Provision arbeitet. Schätze, was er gesagt hat!«
»Dass du keine Chance hast?«, mutmaßte Michael.
» Fast richtig.« Keineswegs klang ihr Lachen bitter, eher nach einer gesunden Portion Galgenhumor. »Das Dach ist defekt, die Wasserleitungen verrostet und bleihaltig, das Holz schadhaft. Die Tapete zu alt, die Fenster undicht. Mit den daraus resultierenden Nachlässen sieht er möglicherweise zwanzigtausend Dollar. Nach Abzug seiner Provision bleiben mir vielleicht fünfzehntausend.«
»Wie viel hast du beim Kauf bezahlt?«
»Frag lieber nicht«, empfahl sie. »Damals wusste ich es nicht besser, kannte die hiesigen Immobilienpreise nicht. Das Angebot hörte sich gut an.«
»Ich verstehe.«
Nach einer Weile fügte sie hinzu. » Bisher gibt es jedenfalls keine Interessenten. Sollte sich daran etwas ändern, erfährst du es als Erster.«
Flüchtig grinste er, sie tat es ihm gleich. Michael war keineswegs entgangen, wie sehr sich Ton und Körperhaltung
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