Erstens kommt es anders ... (German Edition)
Angelegenheit, ich muss selbst damit zurechtkommen.«
»Damit hast du nicht einmal unrecht«, grinste sie. »Leider befürchte ich, dass du allein keine Chance hast. Nicht, wenn du es auf so dämliche Weise versaut hast.«
Das ließ ihn aufhorchen. Mit einem Mal ging Michael auf, wie richtig seine unerträglich besserwisserische Schwester lag, wenngleich er ihr das niemals auf die Nase gebunden hätte. Aber wie konnte er wissen, wie er sich bei Stevie verhalten sollte, wo er sich doch auf absolutem Neuland bewegte? Diese Art von Frau war ihm völlig unbekannt. Bis vor Kurzem hatte er sich eher an die andere Sorte gehalten und die ernsthafte weitestgehend gemieden. Was sollte er mit diesen Frauen? Sein Ziel hieß Spaß und Vergnügen. Mädchen, die Gleiches verfolgten, erwiesen sich ganz selten als kompliziert.
Nicht nur das, schien Stevie dieses Wort sogar erfunden zu haben! In ihrer Gegenwart fühlte er sich total hilflos. Für jemanden, der seit drei Monaten siebenunddreißig Jahre alt war und bisher geglaubt hatte – im Gegensatz zu seiner Schwester – sein Leben sogar fantastisch im Griff zu haben, gab ihm diese Erkenntnis massiv zu denken.
Schweigend setzten sie ihren Weg fort, bis er unvermittelt stehen blieb und Diana in einem Anflug von echter Verzweiflung ansah. »Ich habe alles versucht. Meiner Ansicht nach gibt es nichts, was ich noch tun kann. Sie will einfach nicht! Kleines, wenn du mir die Denkweise dieser Frau erklären kannst, dann werde ich dir auf immer und ewig die Füße küssen.
»Ich schwöre!«
* * *
M üde kehrte Stevie am Montagabend von einem Botengang in die Kanzlei zurück.
Ein Schreiben, das nicht bis zum nächsten Morgen warten konnte, hatte unbedingt noch aufgegeben werden müssen. Der Platz hinter Michaels Schreibtisch war leer. Sie betrachtete mit einiger Verwirrung den verwaisten Stuhl und seufzte schließlich. Eigentlich sah sie ihn viel lieber gar nicht. Michaels ewig fragende Blicke, diese abgrundtiefe Enttäuschung, die er kaum vor ihr verbergen konnte, und nicht zuletzt seine offensichtliche und ehrliche Sorge belasteten sie mit jedem Tag mehr und sorgten dafür, dass sie sich schuldig fühlte.
Warum, hatte sie allerdings noch nicht ermitteln können.
Anfänglich hatte sie wirklich gehofft, dass mit der Zeit alles einfacher werden würde. Doch so verhielt es sich dummerweise überhaupt nicht. In Wahrheit schien es, als würde sie vor einem Berg unüberwindlicher Probleme stehen, und wie sie die bewältigen sollte, entzog sich zurzeit ihrer Kenntnis. Innerhalb dieses unsäglichen Reigens bildete Michael tatsächlich die geringste Hürde.
Genau genommen wollte sie über ihn nicht nachgrübeln, denn derzeit musste sie sich mit bedeutend gewichtigeren Schwierigkeiten herumschlagen, als Michael Rogers. Während sie sich setzte, fiel ihr Blick eher zufällig auf das weiße unbeschriftete Kuvert, das an dem antiken Telefon lehnte. An der gleichen Stelle wie damals der Retter in höchster Not, der dafür gesorgt hatte, dass der restlos verarmten Familie Grace ein, wenn auch bescheidenes, Weihnachtsfest ermöglicht wurde.
Mit klopfendem Herzen und bebenden Händen öffnete sie den Umschlag und extrahierte das darin befindliche einzelne Blatt.
* * *
ichael sah nicht auf, als Stevie sich wortlos neben ihn setzte.
Gemeinsam beobachteten sie die Passanten, die an diesem Abend eilig ihre Besorgungen erledigten. Selbst für diesen Teil des Landes war es bereits empfindlich kühl geworden, besonders, wenn man bedachte, dass es erst Oktober war.
Längst schien der Mond am dunklen Himmel. Die Sonne verabschiedete sich inzwischen wieder recht früh, und Michael meinte, in der Luft den ersten Frost riechen zu können.
Der nahende Winter kündigte sich an.
Nach einer Weile räusperte er sich, wissend, dass der Anfang wohl an ihm lag. »Warum sagst du mir nicht einfach, was geschehen ist?«
Eilig warf er ihr einen Blick zu. Mit tief in den Taschen des neuen, warmen Mantels vergrabenen Händen hielt sie den Kopf gesenkt. Ja, er war sogar gefüttert, Michael hatte sich davon überzeugt. Noch einmal würde sie in seiner Gegenwart nicht frieren. Nein, zumindest diese Lektion hatte er wohl gelernt.
Blieben ja nur ungefähr drei Millionen, bis er sie tatsächlich verstehen würde. Sein leises trockenes Lachen ließ sie aufhorchen. »Was ist so witzig?«
»Ich.« Er hob die Schultern.
Darauf wusste sie nichts zu erwidern. Scheinbar teilte sie seine Meinung. Auch gut, das bewies ihre
Weitere Kostenlose Bücher