Erstens kommt es anders ... (German Edition)
den sie nie gekauft hätten, gäbe es da nicht jenes Fest der Liebe, Besinnung und Freude, blieb kein Geld übrig, um es zu einem Anwalt zu tragen.
Nicht einmal in den USA.
Der Mordprozess war mit einem Freispruch geendet, was Michael jede Menge guter Publicity einbrachte. Dementsprechend gestaltete sich dessen derzeitige Stimmung: glänzend.
Und auch Stevie blickte mittlerweile durchaus optimistisch in die Zukunft. Nebenher hatte sie sich erfolgreich um eine vom Sozialamt gesponserte Pflegekraft bemüht. Auch die wollte bezahlt werden, selbstverständlich. Aber anstatt sieben Dollar die Stunde kostete sie der Spaß jetzt nur noch zwei Dollar fünfzig. Weshalb es auch für die Familie Grace ein Weihnachtsfest geben würde.
Bei der Suche nach einem Platz in der Entzugsklinik konnte sie bisher keine nennenswerten Erfolge vorweisen. Die Wartelisten hatten sich als erschreckend lang erwiesen, selbst schwere Fälle wie Vanessa einer war, mussten sich gedulden. Vor Januar war Stevie keine Therapie in Aussicht gestellt worden. Doch sie nahm es relativ gelassen, begrüßte es teilweise sogar. So würde sich Mrs. Grace erst im neuen Jahr dieser neuen, großen Herausforderung stellen müssen und durfte das alte in Ruhe und Frieden ausklingen lassen.
An einem frostigen Dezembertag lief Stevie vom Bus nach Hause und ärgerte sich wie so häufig über Bianca.
Nach reiflicher Überlegung hatte sie ihrer Schwester den Vorschlag unterbreitet, das Zimmer auf dem Campus aufzugeben und stattdessen zu ihnen zu ziehen. Auf diese Art würden sie Geld sparen und gleichzeitig könnte auch Bianca einen Teil von Vanessas Betreuung übernehmen. Denn die Nächte und Wochenenden gestalteten sich nach wie vor anstrengend.
Eine einzige Nacht durchschlafen zu können, erschien Stevie inzwischen wie der Himmel schlechthin. Selbstverständlich hatte Bianca sofort und lautstark abgelehnt. Die Augen hatten schon bedrohlich geglitzert, bereit, die nächste Flut zu entlassen, wenn Stevie nicht augenblicklich diesen dämlichen Vorschlag zurücknahm. Es sei ihr ‚unmöglich‘, in einer ‚derart deprimierenden Atmosphäre‘ für ihr Studium zu lernen. Und das wäre gewiss nicht das, was ‚Dad gewollt hätte, oder, liebste Stevie?‘
Jedes Mal, wenn die daran dachte, knirschte sie mit den Zähnen. So auch jetzt, während sie langsam die sechs Stufen hinaufstieg, die zu den Briefkästen führte.
Eher gedankenverloren nahm sie die Fülle an Umschlägen in Empfang, die sich ihr erschloss, nachdem sie den schwarzen Metallkasten geöffnet hatte. Dessen Aufschrift lautete übrigens:
Mit einem Seufzen sortierte sie die Reklame aus, die ungefähr die Hälfte des Stapels ausmachte. Wie immer widerstand Stevie in letzter Sekunde dem Wunsch, auch die andere in den bereitgestellten Papierkorb zu befördern. Dabei handelte es sich nämlich erfahrungsgemäß ausschließlich um Rechnungen. Langsam stieg sie die Stufen zu ihrem Appartement hinauf und blätterte währenddessen stirnrunzelnd die Briefe durch. Energieversorger
Telefon
Bianca Telefon
Praxis Dr. Fisher
Praxis Dr. Fisher
Stiftung Dr. Victor Rogers
Portland College.
Abrupt blieb sie stehen, blätterte hastig zurück, fetzte den entsprechenden Umschlag auf und hielt kurz darauf zwei Kärtchen in der Hand:
Die Aufmachung des zweiten Kärtchens fiel nicht halb so prunkvoll aus.
* * *
S ex ist eine gnadenlos überbewertete Angelegenheit.
Was eine selten dämliche Lüge war, aber Michael versuchte mittlerweile verbissen, sich von deren Wahrheitsgehalt zu überzeugen.
Derzeit fand Derartiges nämlich nicht statt, und wie es aussah, bestand in absehbarer Zeit auch keine Aussicht darauf. Das stellte für einen Mann, der innerhalb der letzten fünfzehn Jahre einen guten Teil seiner Freizeit allein mit dieser äußerst unterhaltsamen Beschäftigung ausgefüllt hatte, eine recht scheußliche Erfahrung dar.
Irgendwann, Anfang Dezember verlor er tatsächlich die Nerven und strandete wieder in einer der früher so heiß geliebten Bars. Lange dauerte es nicht, bis sich eine hübsche Brünette zu ihm setzte. Sie hieß Kathi, wie sie ihm zuraunte, und war alles, aber garantiert nicht unattraktiv. Von unwillig konnte auch keine Rede sein, denn ihre Hand befand sich keine fünf Minuten später unter Michaels Hemd.
Und als wäre das nicht schon genug gewesen, hatte sie auch noch jede Menge zu bieten. Die Bluse erlaubte schon mal einen äußerst viel versprechenden Ausblick auf ihre Oberweite. Auch ihre
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