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Erstens kommt es anders ... (German Edition)

Erstens kommt es anders ... (German Edition)

Titel: Erstens kommt es anders ... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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Atemzug. Fünf Minuten später und um etliche tausend Dollar ärmer, ließ er das kleine Etui in seine Hosentasche gleiten. Und erst jetzt ging ihm auf, was dies bedeutete. Nervös lauschte er in sich hinein und bescheinigte sich nach einer Weile erleichtert, keine Panik zu verspüren.
    Ab diesem Zeitpunkt wartete er auf den geeigneten Moment, ihn ihr zu geben. Doch Michael hätte nicht einmal in seinen wildesten Träumen geahnt, wie lange sich die Zeit des Wartens noch ausdehnen würde.
    * * *

indestens fünf Ewigkeiten musste es zurückliegen, seitdem sich in Stevie derartige Aufregung breitgemacht hatte.
    Ein an sich eher seltsamer Vorfall, sie hätte nämlich wirklich nicht geglaubt, dass ihr so etwas noch geschehen konnte. Und schon gar nicht aufgrund eines Balls! Mit dieser Art gesellschaftlicher Events kannte sie sich fantastisch aus. Bereits etliche lagen hinter ihr. Und um ehrlich zu sein, gehörte dieser in ihren Augen überflüssige Mist zu jenen Dingen, die sie gern zurückgelassen hatte.
    Der Dezember schritt voran und Stevie musste widerstrebend einsehen, dass sie am Ende wohl doch nur eine Frau war. Und die liebten es nun einmal, sich zu zeigen, zu präsentieren und vor allem, schön zu sein. Vielleicht lag es auch daran, dass sie zu lange keine Gelegenheit bekommen hatte, genau das zu sein: Schön. Begehrenswert. Attraktiv. Weiblich. Und wenn auch nur für sich selbst.
    Kaum war ihr das aufgegangen, amüsierte sie sich prächtig bei den Vorbereitungen und wies jedes aufkeimende schlechte Gewissen energisch von sich. Ein einziger Ausrutscher konnte doch nicht so verheerend sein, oder?
    Aus dem unerschöpflichen Bestand an exklusiver Garderobe hatte sie ein schlichtes Abendkleid gewählt. Heilfroh, nicht mehr so dürr zu sein, betrachtete sie sich im Spiegel. Ihre Schultern machten sich unter den feinen Trägern nicht knochig, sondern recht annehmbar aus. Ein Hintern war auch auszumachen, wenngleich auch ein ziemlich winziger, fand sie. Zu klein, um wirklich etwas herzumachen. Aber man konnte wohl nicht alles haben. Ihre Hüften wirkten wie immer zu breit, mit diesem Makel hatte sie sich bereits vor Jahren abgefunden. Seufzend drehte und wendete sie sich, beäugte sich dabei kritisch im Spiegel und grinste plötzlich schief. Okay, okay, hierbei handelte es sich wohl um einen akuten Anfall von Eitelkeit. Die hatte sie wohl auch nicht hinter sich gelassen.
    Aber egal, wie sehr sie sich dafür verachtete, es half nicht viel. Mehrmals am Tag zog sie das Kleid an, überlegte laut, ob sie eventuell doch noch hier und da eine kleine Änderung vornehmen sollte, runzelte die Stirn, zog es aus und hängte es wieder an den Schrank. Dann saß sie auf ihrem Bett und betrachtete es versonnen.
    Manchmal schämte sie sich in Grund und Boden für ihr kindisches Verhalten, obwohl sie niemand dabei beobachtete. Es half allerdings auch nicht viel. Stevie freute sich unvorstellbar auf diesen Ball. Und das alles, obwohl sie anfänglich nicht einmal gewusst hatte, ob sie die Einladung überhaupt annehmen sollte!
    Das war nämlich genau die Art gesellschaftlicher Scheiße, zu der sie nicht länger gehörte. Und das ungefähr, seitdem sie das Wort ‚Scheiße’ in ihr Vokabular aufgenommen hatte, notgedrungen, weil unerlässlich. Ein anderes Wort konnte ihre Lage nicht wirklich bildhaft umreißen.
    Auf der Karte stand:

    Also so weit Stevie wusste, war sie keiner der vier genannten Kategorien unterzuordnen. Schließlich bezahlte man sie für ihre Stiftungsarbeit. Außerdem wurde sie zunehmend argwöhnisch, als ihr das gesamte Ausmaß ihrer dämlichen Aufregung aufging. Eigentlich durfte sie sich so etwas nämlich nicht durchgehen lassen. Mit Bedacht hatte sie alles aus ihrem Leben verbannt, was in der Lage war, sie in derart dumme emotionale Ausbrüche zu treiben. Warum? Nun, so ganz genau konnte sie sich das auch nicht erklären. Aber womöglich befürchtete sie, andernfalls würde ihre Disziplin leiden, sie insgesamt in ihrer Leistung nachlassen, ihren Fokus verlieren, versagen.
    Den einzigen Kompromiss seit fünf Jahren war Stevie eingegangen, indem sie diese zwei Stunden pro Woche zuließ. Und selbst hierbei achtete sie intensiv darauf, die Angelegenheit bloß nicht zu lauschig werden zu lassen.
    Für ihn – und auch nicht für sie.
    Prävention war immer besser, als am Ende die Scherben zusammenfegen zu müssen.
    Mit keinem Wort erwähnte Michael den nahenden Empfang oder seinen Brief. Erst beim letzten Freitagstreffen

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