Erstkontakt
worden war.
An den Wänden standen Regale voller Bücher, nicht die amtlichen Verlautbarungen in schwarzen Einbänden, die Harrys Regale füllten, sondern geheimnisvolle Bände mit abstrusen Titeln: Stephen Hawkins Kosmologische Perspektiven, Rimfords Molekulare Grundlagen der temporalen Asymmetrie, Smiths Galaktische Transformationen. Zerlesene Exemplare von Physics Today, Physics Review, Cosmological Perspectives und anderen Magazinen lagen auf jeder verfügbaren freien Fläche verteilt. Es störte unterschwellig Harrys Sinn für Schicklichkeit: die erste Forderung für ein Regierungsbüro heißt Ordnung. Es überraschte ihn, daß Rosenbloom dazu keinen Kommentar abgegeben hatte, daß er es noch nicht einmal zu bemerken schien. Wahrscheinlich wies sein Verhalten darauf hin, daß zwischen Rosenbloom und Gambini trotz allem kein großer Unterschied bestand.
»Ich würde es begrüßen, wenn Sie ihn erreichen und ihm bestellen könnten, mich umgehend zurückzurufen. Es ist wichtig.« Gambini legte auf. »Wheeler ist momentan in D.C., Harry. Er liest an der Georgetown. Mit einigem Glück kann er heute nachmittag hier sein.«
Harry stand unruhig auf und ging zum Fenster. »Ed, du spielst mit unserer Karriere. Ich dachte, Rosenbloom hat seinen Standpunkt unmißverständlich klar gemacht. Er möchte informiert werden, ehe irgend jemand anderer hinzugezogen wird.«
»Er kann mir nichts tun«, sagte Gambini. »Ich könnte morgen von hier weggehen, und er weiß das. Dir kann er auch nichts anhaben. Zum Teufel, niemand sonst weiß, wie dieser Laden in Gang gehalten wird. Trotzdem, wenn es dich beruhigt, sorge ich dafür, daß sein Büro informiert wird. Aber wenn wir auf Quintons Okay warten müssen, dann können wir den Laden genausogut zumachen.«
»Warum sollen wir uns Probleme schaffen. Er wird nichts dagegen haben, Pete Wheeler hinzuzuziehen.« Wheeler war ein Kosmologe an der Nobertine, der Gambinis ausgiebiges Interesse an den Möglichkeiten extraterrestrischen Lebens teilte. Er hatte einiges über dieses Thema veröffentlicht und lange vor SKYNET prophezeit, daß die Anzahl belebter Welten außerordentlich niedrig sei. Außerdem besaß er einen direkten Draht zu Rosenbloom, der bei verschiedenen Bridgeturnieren sein Partner gewesen war. »Wen willst du sonst noch?«
»Laß uns rausgehen«, schlug Gambini vor. Harry folgte ihm widerstrebend, denn draußen würde ihm die Wirkung der Pollen noch mehr zu schaffen machen. »Wenn die Dinge in Bewegung geraten, dann werden wir Rimford brauchen. Und ich will Leslie Davis hier haben. Schließlich, wenn es wirklich zum Kontakt kommen sollte, sollten wir auch noch Cyrus Hakluyt rufen. Wenn du den entsprechenden Papierkrieg in Gang setzen könntest, wäre ich dir sehr verbunden.«
Rimford war der vermutlich bekannteste Kosmologe der Welt. In den vergangenen Jahren hatte er einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt, indem er in Fernsehsendungen auftrat und Bücher über den Aufbau des Universums schrieb, die stets als ›einsichtige Darstellungen für den Durchschnittsleser‹ beschrieben wurden, die Harry aber dennoch nicht verstand. Im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert, wie Gambini meinte, hatte allenfalls Stephen Hawking neben Rimford bestehen können. Rimfords Name stand in Verbindung mit verschiedenen topologischen Theoremen, zeitlichen Abweichungserscheinungen und kosmologischen Modellen. Dabei hatte auch er noch Zeit genug, um ausgiebig Bridge zu spielen, und er besaß zudem einen gewissen Ruf als Amateurschauspieler. Harry hatte ihn einmal gesehen, als er mit bemerkenswerter Energie Liza Doolittles amoralischen Vater darstellte.
Aber wer waren Davis und Hakluyt?
Sie traten durch den Vordereingang hinaus in einen strahlendhellen Nachmittag, in dessen kühler Luft der Geruch des Septembers lag. Gambinis Begeisterung stellte sich nach und nach wieder ein. »Cyrus ist ein Mikrobiologe an der Johns Hopkins. Er ist in gewisser Weise ein Renaissance-Mann, dessen Fachgebiete die evolutionäre Mechanik, die Genetik, verschiedene Richtungen der Morphologie und diverse Unterdisziplinen sind. Er schreibt außerdem Aufsätze.«
»Welche Art von Aufsätzen?« fragte Harry in der Annahme, daß Gambini technische Berichte meinte.
»Es sind mehr oder weniger philosophische Kommentare zur Naturgeschichte. Er wird sowohl von The Atlantic wie auch von Harper’s veröffentlicht; und ein Band mit seinen Arbeiten ist gerade im vergangenen Jahr erschienen. Ich glaube, der Titel war Der
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