Erstkontakt
ausführlich und wohlwollend auch andere Meinungen anzuhören.
Und auf diese Weise hatte er in einem bemerkenswerten Maß die liberale Bewegung innerhalb der amerikanischen Kirche entschärft. Viele ihrer Führer hatten damals in ihm ihren stärksten Verbündeten gesehen, und sie waren noch immer dieser Meinung.
Aber an diesem Freitagabend, während die Berichte von Goddard das ganze Land in Unruhe versetzten, sah er sich einem ganz neuen Problem gegenüber. Daher hatte er seinen Stab, Dupre, Cox und Barnegat, um sich versammelt und sich mit ihm in das Innere der Kanzlei zurückgezogen. »Meine Herren«, sagte er und ließ sich in einen bequemen Ledersessel sinken, »wir müssen uns zu dem, was auf uns zukommt, Gedanken machen. Und wir müssen unsere Leute darauf vorbereiten, damit sie keinen schlimmen Schock erleben. Ich glaube, was auf uns zukommt, ist eine schwere Versuchung unseres Glaubens. Wahrscheinlich sehr viel ernster, als wir es je erlebt haben. Wir sollten zuerst abwägen, wie groß die Gefahren sind und wie sie aussehen; zweitens müssen wir uns überlegen, wie unsere Leute darauf reagieren werden, und drittens müssen wir uns darüber klar werden, wie wir dieser Bedrohung begegnen, damit der Schaden möglichst gering gehalten wird.«
Philip Dupre war bei weitem der älteste Anwesende im Raum. Er war so etwas wie der Prüfstein des Kardinals, der Schöpfer des provokativen Kommentars, der unweigerlich die jeweilige Betrachtungsweise veränderte. Wenngleich es ihm an Kreativität mangelte, so hatte er dennoch ein waches Ohr für Unsinn, ob er nun vom Kardinal kam oder aus einer anderen Richtung. »Ich glaube, Sie überbewerten die Angelegenheit, George«, sagte er. »Zwischen dem Treiben bei Goddard und uns gibt es keine echte Verbindung.«
Jack Cox riß ein großes Streichholz an und zündete sich seine Pfeife an. Er war der Rechnungsprüfer, ein vernünftiger Investor, doch auch ein Mann, der nach Meinung des Kardinals dazu neigte, die Erlösung als eine Reihe von Rück- und Vorprämien zu betrachten. »Phil hat recht«, sagte er. »Dennoch besteht die Möglichkeit recht lästiger Fragen.«
Dupre war rechtschaffen ratlos. »Zum Beispiel welche?«
Lee Barnegat, ein Mann mittleren Alters, nahm seinen Kragen ab und legte ihn auf die Armlehne seines Sessels. Er besaß friedliche blaue Augen, die viele Menschen über seine administrativen und verhandlungstechnischen Fähigkeiten ersten Ranges hinwegtäuschten. »Haben Außerirdische eine Seele?«
Dupres verkniffene Gesichtszüge entspannten sich zu einem Lächeln. »Hat das für uns eine Bedeutung?«
»Wenn wir uns immer noch an Aquin halten«, sagte Cox, »so definiert die Fähigkeit zu abstrahieren, also zu denken, das Vorhandensein einer unsterblichen Seele.«
»Welche Bedeutung haben die Lehren Christi für Wesen, die nicht von Adam abstammen?« fragte der Kardinal.
»Ich bitte Sie, George«, protestierte Dupre. »Wir sind nicht mehr ans Paradies gebunden. Überlassen wir es den Bibelfanatikern, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.«
»Ich wünschte, wir könnten es«, sagte Jesperson. »Aber ich glaube, bei uns ist auch nicht alles so eindeutig klar.« Trotz des halben Hunderts, die der Kardinal mittlerweile erreicht hatte, wirkte er noch immer so wie in den Tagen seiner Seminarzeit. »Haben Sie die Bilder gesehen, die sie empfangen haben? Eines davon ist ganz anders als die anderen.«
»Ich weiß, welches Sie meinen«, sagte Barnegat. »Es sah aus wie ein Werk von Dalí.«
Der Kardinal nickte. »Dem stimme ich zu«, sagte er. »Die Vermutungen laufen darauf hinaus, daß es ein Selbstportrait sein soll. Jedenfalls bin ich schon froh, zu sehen, daß keiner von Ihnen einen Schock erlitten hat. Ich hoffe, daß die Gläubigen, die am Sonntag in die Kirche kommen, genauso gelassen sind wie Sie.«
»Warum sollten sie nicht?« fragte Dupre.
»Der Mensch ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Es gibt durchaus Gründe, daran zu zweifeln, wenn man sich ansieht, was heute die Straßen bevölkert. Aber es ist eine Doktrin, unangreifbar und ewig. Und was sollen wir über diese Wesen sagen, die, wie Jack uns deutlich gemacht hat, selbst auch unsterbliche Seelen haben?«
Dupre rutschte unbehaglich auf seinem Platz herum. Er hatte in etwa den gleichen Ausdruck im Gesicht wie bei dem letzten Treffen, als der Kardinal vorgeschlagen hatte, dem Priesterrat mehr Freiheiten zu gewähren. »Ich hoffe«, sagte er, »wir nehmen nichts von alledem richtig
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