Erstkontakt
seinem eigenen Tempo zu folgen, sich Zeit zu nehmen, die Reserven aufzufüllen und sich zu weigern, irgendwelchen Druck von oben auf sich einwirken zu lassen. Jedoch steckte in den Zahlen und Symbolen soviel, daß er wohl kaum würde schlafen können: Andeutungen und Verwandtschaften von geradezu quälender Vertrautheit, deren Bedeutung unermeßlich war. Er hatte begonnen, die Symbole aus Datensatz 41 auf seinem Schirm auszubreiten: Welches Wissen mochte einer Kultur noch verborgen sein, wenn sie bereits dazu fähig war, Sterne zu manipulieren? Hatten sie nicht das Universum vermessen, all seine Teile gesichtet, seine Länge und Breite gemessen und die Nieten und Dübel gezählt, die es zusammenhielten? War es nicht möglich, daß sie sogar den Vorgang seiner Entstehung oder seiner Schöpfung verstanden? Vielleicht sogar den Grund für seine Existenz?
Die Augen fielen ihm zu.
Er brauchte Schlaf. Überdies waren das Operationszentrum und seine Büros nicht gerade zum Nachdenken geschaffen. Oder zum Schlafen. Aber in seinem Bungalow vermochte er leider nur sehr eingeschränkt zu arbeiten. Obwohl er dort eine vollständige Kopie der Aufzeichnung lagerte, benötigte er für manche Arbeitsschritte Software, die nur dem Projekt zur Verfügung standen, und Kopien der Software würde er nun vermutlich nicht mehr aus dem Haus schmuggeln können, ohne erwischt und womöglich festgenommen zu werden.
Dennoch war er zu schläfrig, um in diesen Räumlichkeiten effizient weiterarbeiten zu können, und beschloß, nach Hause zu fahren. Er fuhr den Computer herunter, ergriff sein Jackett und wünschte einigen Technikern eine gute Nacht, die aufsahen, als er dem Ausgang entgegenstrebte. Rimford passierte ohne Probleme die Sicherheitskontrolle, die mittlerweile unmittelbar vor dem Operationszentrum durchgeführt wurde.
Der vom Center zur Verfügung gestellte Bungalow war klein, aber praktisch. Er hatte eine verglaste, beheizte Veranda, wo Rimford am liebsten arbeitete. Die Möbel in dem eher kleinen Wohnzimmer waren gemütlich, und Harry hatte eine Reihe Bücher über Rimfords zweite Leidenschaft, das Theater, besorgen lassen.
Er duschte und versuchte, etwas Ruhe zu gewinnen, indem er sich Speck mit Eiern bereitete, obgleich er eigentlich gar nicht hungrig war. Aber er beeilte sich mit dem Frühstück und ließ den Toast angebissen auf dem Teller liegen. Seinen Computer hatte er von der Glasveranda wieder ins Haus getragen, nachdem die neuen Sicherheitsbestimmungen in Kraft getreten waren, damit er unbeobachtet arbeiten konnte. Außerhalb des Labors zu arbeiten war nun verboten. Es durften keine Notizen nach Hause mitgenommen werden, und Gespräche über Herkules-Daten waren strengstens untersagt. Gewiß konnte niemand ernsthaft davon ausgehen, daß die Wissenschaftler außerhalb der Zentrale über eine Arbeit von solcher Bedeutung schwiegen, aber dennoch hatte man überall Schilder aufgestellt und aufgehängt, die bei Zuwiderhandlung mit enormen Geldstrafen oder mit Gefängnis drohten.
Die Herkules-CDs hatte Rimford in seiner Sammlung klassischer Musik-CDs versteckt. Er seufzte ob der Erkenntnis, welche Maßnahmen ihm diese rückschrittliche Welt dort draußen abverlangte, nahm die CD mit dem Datensatz 41 aus der entsprechenden Hülle und legte die Disk in seinen Computer ein. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Eine Minute lang starrte er auf den Monitor. Zahlenreihen füllten den Schirm, die sich aneinanderfügten und altheanische Zeichen repräsentierten. Er seufzte wiederum, schaltete den Computer aus und ließ sich auf das Sofa fallen.
»Wir haben eine Menge Leute hier unten, Harry«, sagte Parkinson. Der Pressesprecher meldete sich telefonisch aus dem Besuchszentrum unweit des Osteingangs.
»Das überrascht mich nicht. Wahrscheinlich haben wir noch größeren Andrang, bis die Geschichte sich etwas beruhigt. Kommen wir damit zurecht?«
»Nun, es sind die üblichen Leute, die uns aufsuchen.«
»Irgend jemand gewalttätig oder auf Streit aus?«
»Einige wirken ziemlich feindselig. Nicht viele. Die meisten entsprechen den Leuten, die wir immer hier antreffen, nur daß es diesmal sehr viel mehr sind. Einige tragen Schilder.«
»Zum Beispiel?«
»›Verschwindet aus Honduras!‹ Es gibt auch ein Spruchband, auf dem man uns vorwirft, daß wir die Schulspeisung kürzen wollen. Und es sind ein paar Jesus-Tafeln dabei. Ich glaube, sie wollen, daß wir die Altheaner bekehren. Aber so genau weiß ich das nicht. Sie
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