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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Mann mit nichts als seinen bloßen Händen, der töricht genug war, einen Soldaten oder Polizisten anzugreifen, ging zum Herrn ein, so schnell ein englisches Schwert diese Begegnung arrangieren konnte. Die Kinder weinten, bis sie keine Tränen mehr hatten.
    Und in dieser Nacht, in der hoffnungslosen Dunkelheit und dem Wind, schliefen die Menschen in den Ruinen, nur um bei Tagesanbruch vertrieben zu werden - und dann wurden selbst noch die Grundmauern der eingerissenen Häuser geschleift und niedergebrannt und pulverisiert, und keinem Nachbarn wurde erlaubt, diese Verdammten und Verachteten bei sich aufzunehmen, die in der Asche zurückblieben.
    Abgewiesen von jeder Tür gruben sich die Menschen ihre scalps - Bauten von zwei oder drei Fuß Tiefe - und bedeckten sich gegen die Kälte mit Zweigen und Torf. Wer besser dran war, hatte scalpeens, nichts anderes als ein etwas größerer Bau, manchmal in den rauchenden Ruinen eines geschleiften Hauses.
    Aber in den Tagen und Wochen, die folgten, konnte nicht einmal dieses Elend die schamlose Hündin und ihre Soldaten zufriedenstellen. Selbst diese armen Leute, die in ihren Erdlöchern kauerten, sich oft genug tagelang an einen Toten klammerten, wurden noch gejagt und vertrieben.
    Die Nachricht dieser besonders abscheulichen Greueltat ließ sich nicht unterdrücken und erreichte schließlich sogar das Parlament in London, wo einige wenige ihre gutgenährten, barbarischen Häupter schüttelten angesichts der Nachricht, daß wir so starben und litten - wo aber gleichzeitig die meisten treu und redlich an der Groteske ihres Eigennutzes festhielten. Am dreiundzwanzigsten März im Jahre 1846 verteidigte Lord Brougham Mrs. Gerard und ihre bösartige Brut, indem er sagte: >Zweifellos ist es das Recht des Grundbesitzers, zu tun und zu lassen, was ihm beliebt. Die Pächter muß durch den starken Arm des Gesetzes gelehrt werden, daß sie nicht das Recht besitzen, sich zu widersetzen oder zu sträuben. Eigentum wäre wertlos, und Kapital würde nicht mehr in die Kultivierung des Landes investiert, würde nicht anerkannt, daß es das unbestrittene, unwiderrufliche und allerheiligste Recht des Herrn des Landes ist, mit seinem Eigentum und Besitz zu verfahren, wie es ihm beliebt.<«
    An dieser Stelle unterbrach sich Francie Boylan, als er mit seinem Vortrag am Ende angelangt war. Dann fügte er seine eigene Schlußfolgerung hinzu. »Und so bleibt es nicht Geschichtsbüchern überlassen, sondern diesen Geschichten, die von Angesicht zu Angesicht erzählt werden, diese eine Lektion unter so vielen anderen auf Kosten der Iren lebendig zu erhalten: Der Herr des Landes ist nicht der Herr des Landes, er ist er Abschaum der Erde.«
    Ruhig fragte Ruby: »Und Sie, Francie - sind Sie ein shanachie ?«
    »Ich habe Geschichten von meinem Pap gehört, und auch von meinem Großvater, aber erinnern kann ich mich an viel zu wenige, um selbst erzählen zu können«, sagte Boylan. Er schüttelte, sich dies zum Vorwurf machend, traurig den Kopf. »In Wahrheit bin ich eine Enttäuschung für die Tradition der Familie, und doch glaube ich gern, daß ich der Sache auf meine eigene Art diene.«
    »Der Sache?« fragte ich.
    »Aye - der Sache der Erinnerung, Mr. Hockaday.« Boylan lächelte wieder sein Bestatterlächeln. »Einschließlich der Albträume.«
    Dann drehte sich Boylan zu dem großen Gebäude mit den Säulen auf der anderen Straßenseite um. »Das dort ist das General Post Office«, sagte er gedankenverloren, »wo der Aufstand an jenem schönen Ostersonntag des Jahres 1916 begann.« Konzentriert starrte er zu den Menschen hinüber, die auf den breiten Marmorstufen wimmelten, wobei sein Blick über die Menge wanderte, als suche er jemand Speziellen.
    Und ich wurde überwältigt von einem Gefühl, das bei einem Cop genauso instinktiv ist wie das Aufrichten der Haare auf dem Rücken einer nervösen Katze; ein Instinkt, den ich, wie mir damals auf der Polizeiakademie gesagt wurde, wahrscheinlich entwickeln würde und auf den zu vertrauen ich gut beraten sei. In diesem Sekundenbruchteil und ohne auch nur einen Funken Logik wußte ich, daß es nicht der richtige Augenblick war, mich abzuwenden. Drohende Gewalt mag keine unmittelbarere Logik besitzen als wie im jetzigen Augenblick; nicht mehr Logik als das jähe, profunde Bedauern wie dann, wenn ich ohne eine der Waffen war, die ich üblicherweise trug.
    Francie Boylan hatte plötzlich genug zu den Stufen der Hauptpost hinübergeschaut. Unvermittelt sagte er:

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