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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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aus dem Aufzug. Das alles arrangierte er auf Spitzendeckchen an einem Ende des Tisches. Moira schickte aus ihrer Küche reichliche Portionen geräucherten Schinken, mit Curry zubereitete neue Kartoffeln, mit Käse überbackene Gemüse und warmes soda bread.
    »Fertig«, verkündete Snoody, als er für vier Personen angerichtet hatte. Er bedeutete uns, daß wir nun unsere Plätze am Tisch einnehmen sollten.
    Ich bemerkte einen müden Zorn auf Liams Gesicht, als er zu Snoody aufschaute, und erkannte, daß dies genau Snoodys Ausdruck gewesen war, jedesmal wenn er Onkel ansah. Die zwei waren wie ein altes und unglücklich verheiratetes Paar, erschöpft durch den Triumph der Gewohnheit über den Haß.
    Auch Ruby starrte Liam jetzt an, und ich fragte mich, ob sie dasselbe bemerkte. Ich machte jede Wette.
    Liam ließ sich von mir über den Teppichboden zum Kopfende des Tisches schieben. Ruby und ich nahmen rechts von ihm Platz. Snoody blieb stehen und zündete Kerzen an. »Möchtest du«, fragte er Liam, »daß ich ein Gebet zum Abendbrot spreche?«
    »Vielen Dank, nein, ich habe ein eigenes reizendes Gebet, das ich mir extra für diese Gelegenheit aufgehoben habe«, sagte Liam und klang dabei eher spitzbübisch als ehrfürchtig. »Setz dich, Patrick, und versetze dich bitte in die angemessen demütige Stimmung.«
    Snoody machte ein finsteres Gesicht und gehorchte. Wir senkten die Köpfe.
    Und Liam betete:
    »Lieber Gott, wenn wir heute abend die Fülle Deiner großzügigen reichen Gaben zu uns nehmen, dann wisse, daß wir essen und trinken werden zum ruhmreichen frommen und unsterblichen Andenken an Deinen Diener, den heiligen Patrick, und unseren großen, guten Bruder Brian Boru - jeder von beiden leistete auf seine Art einen Beitrag, unser irisches Volk von den hochnäsigen Engländern und ihresgleichen zu erlösen. Wir bitten demütig um Deinen Segen für den Heiligen Vater in Rom - und scheiß auf den Bischof von Canterbury. Und wer an diesem Tisch darauf nicht anstoßen will, den möge eine finstere Nacht, ein heftiger Sturm und ein leckes Schiff beim Übersetzen über den Styx erwarten. Möge Zerberus ein Festmahl aus seinem Allerwertesten machen, und Pluto eine Schnupftabakdose aus seinem Schädel, und möge der Teufel mit einer rotglühenden Egge über ihn kommen und ihm mit jedem Zinken Gedärm herausreißen und ihn dann ausgeweidet zur Hölle jagen. Amen.«
    Ruby und ich lachten.
    Snoody bemerkte trocken: »Was für ein feines Gebet für unsere Gäste.« Er schlug eine Stoffserviette auf und breitete sie auf seinem Schoß aus. Nur für den Fall, daß Liam seine Verärgerung nicht mitbekam, fügte Snoody noch hinzu: »Wir haben guten Grund, heute abend mit Trauer im Herzen zu speisen.
    Doch du bringst mehr Fluch als Gebet dar. Wie schade, daß Moira das nicht hören konnte.«
    »Soll heißen, wir müssen alle Trauer tragen, um des armen Francis Boylan Andenken zu ehren?« fragte Liam.
    »Das meine ich, ja«, erwiderte Snoody.
    »Ach, Patrick - darf’s denn wahr sein! Du und ich sind genau hier zusammen gewesen, genau in diesem Raum und anderen, all die vielen Male, die Francie selbst dieses unterhaltsame Gebet vorgetragen hat - und sich noch lange danach kringelig gelacht hat. Zum Teil habe ich es auch ihm zu Ehren gebetet, verstehst du.« Liam wendete sich von Snoody mir zu, lächelte strahlend und fügte hinzu: »Zum Teil ist es auch ein Gebet für gewisse andere Verstorbene oder spurlos Verschwundene.«
    »Sprichst du zufälligerweise von Father Tim Kelly und Davy Mogaill?« fragte ich, als mir plötzlich aufging, daß ein Gebet zu Ehren von zwei gewaltsam getöteten und einem weiteren vermißten Mann vielleicht gar nicht so witzig war. Snoody stürzte ein Glas Wein hinunter und rutschte nervös auf seinem Platz herum. Liams Lächeln erlosch. Es freute mich zu sehen, daß meine unerwartete Frage einen untergründigen, unausgesprochenen Rhythmus in Onkel Liams Haus voller Rätsel zum Verstummen gebracht hatte. Als ich keine Antwort erhielt, formulierte ich die Frage anders: »Was hätten Davy und Father Tim an deinem Gebet witzig gefunden, Onkel? Das gleiche wie Francie Boylan?«
    »Sei nicht so gottverdammt fade wie Snoody, der immer noch auf Ehrwürdigkeit machen will, als trage er noch seinen steifen Priesterkragen. Wir wollen doch nicht vergessen, daß ich ein alter Mann bin, der auch mal seinen Spaß braucht.« Snoodys Nase meldete sich mit einem verächtlichen Schnauben zurück. Liams Blick wanderte von

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