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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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wirklich und wahrhaftig so war. »Und es macht mir auch nichts aus, muffigen Kohl zu riechen.«
    »Also gut. Ich habe versprochen, daß wir über Aidan reden, und ich stehe zu meinem Wort. Ich sage dir, was ich deiner Schönen gesagt habe: Ich würde dich bestehlen, aber belügen würde ich dich nie.« Liam sah zuerst Snoody an, dann das Essen auf dem Tisch. Beides hatte zu dampfen aufgehört. »Aber vorher könntest du einem hungrigen alten Mann vielleicht ein paar schöne Kartoffeln und so weiter geben, damit er Kraft fürs Geschichtenerzählen bekommt?«
    Dann füllten wir alle unsere Teller. Liam sagte, wir sollten »ordentlich reinhauen«, und in Windeseile hatten wir Moiras Abendessen vertilgt. Ich war hungriger, als ich gedacht hatte, und das gleiche galt für Ruby. Onkel Liam nannte uns zwei »gute Esser«. Als wir mit dem Essen und dem Wein fertig waren, ging Snoody zum Speiseaufzug. Moira hatte zwei große Kannen Tee raufgeschickt.
    »Für mich ein Schlückchen Whiskey dazu«, sagte Liam zu Snoody, als dieser ausschenkte.
    Als wir alle Tee vor uns stehen hatten, jede Tasse mit einem »Schlückchen«, lehnten wir uns zurück und spitzten erwartungsvoll die Ohren in Liams Richtung. Er zögerte kurz. Mit einem tiefen Seufzer griff er dann in die Innentasche seiner Jacke, zog einen gelblichen Briefumschlag heraus, der an den Kanten schon etwas abgegriffen war, und strich ihn vor sich auf dem Tisch glatt.
    Und nach einem langen Blick in meine Richtung, in dem die ganze Last der keltischen Geschichte lag, plätscherte der Anfang meiner eigenen Familiensaga von Onkel Liams Lippen, leicht und melodisch wie ein Bach.
    Trotz all ihrer kühlen und ruhigen Schönheit sind irische Bäche doch auch trügerisch. Immerhin sind sie unerbittliche Bergkiller, schneiden sich tief ein und bewegen sich langsam durch uraltes Gestein, stürzen dann herab in einem gewaltigen Wasserfall.

19

    »Wenn man die Geschichte von Aidan Hockaday erzählt, muß man zunächst verstehen, was das Land unten im County Carlow bedeutet. Jenes Land, in dem Aidan geboren wurde, jenes Land, das er, als er zum Mann reifte, verließ.
    Wenn du dies für ein grausames Urteil über meinen lieben jüngeren Bruder hältst, dann gestehe ich, daß er nur meinem Beispiel folgte, denn das Weggehen war auch die Voraussetzung meiner eigenen Lebensgeschichte. Aye, das ist unser Fluch - wir sind zwei Harfen, die ihrem angestammten Platz nicht treu bleiben konnten.
    Auf der ganzen Welt gab es keinen grüneren oder schöneren Flecken als Carlow. Es war alles, was unsere Familie seit den finstersten Zeiten kannte, als wir und jeder andere Ire noch auf allen vieren herumgekrochen sind. Es hieß, Gott habe uns Hockadays zusammen mit den Bäumen und Blumen und dem grünen Gras in die Lehmerde dort unten gepflanzt. Der ganze Clan respektierte diese heilige Ordnung - bis zu deinem Vater Aidan und mir, die wir Gott ins Gesicht spuckten, wie gesagt wurde.
    Herrlich war die Erde von Carlow. In meinen Träumen rieche und sehe ich sie immer noch - so schwarz und cremig wie Guinness Stout. Unser eigenes, winziges Stück ernährte Generationen von Hockadays, trotz der großen Pestilenzen, die die Dämonen der Hölle über Irland gebracht haben, womit ich die Engländer und die Grundbesitzer und die Große Hungersnot meine. Der Vater des Vaters des Vaters unseres Vaters hat noch mit seinen bloßen Händen die steinige Ackerkrume gebrochen. Unser aller Seelen liegen begraben in dieser Erde; auch deine, Neil. Verstehst du? Das Land ist beinahe etwas Heiliges.
    Wenn ich das alles erzähle, fragst du dich dann nicht, warum in aller Welt ich und dein Vater untreu wurden? Meine eigenen Gründe sind langweilig, wie du sehen wirst, wenn du sie mit Aidans vergleichst.
    Ich kann dir praktisch alles erzählen, was es über deinen Vater zu wissen gibt, denn seine Geburt ist eine meiner frühesten Erinnerungen. Ich war damals sieben Jahre alt... In einem irischen Haus ist das ein großer Abstand zwischen zwei Babys, und das verrät dir etwas darüber, was deine Großeltern voneinander hielten...
    Nun, so alt ich heute auch bin, sehe ich doch immer noch deutlich jenen Tag vor mir, an dem Aidan mir schließlich Gesellschaft leistete. Puterrot ist er gewesen, und nach Atem hat er gerungen - und war nicht größer als ein Spatz.
    Es war die neblige Zeit gegen Ende Oktober, als die Winde von den Wicklows über den Feldern und Dörfern hingen wir feuchte Wolldecken. Meine Mutter - Finóla, möge sie

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