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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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ordentlich und laut, so daß wir es hören konnten. >Scheiß doch auf dieses Land, das dir nicht mal rechtmäßig gehört! Meine Jungs sollen es besser haben als du, Myles Hockaday - sie sollen die Welt eines richtigen Gentlemans kennenlernen! Sie sollen nicht werden wie du, sich nicht ihr Leben lang nur das Geld für die Beerdigung vom Mund absparen.<
    Er hat sie nie geschlagen, aber auf eine merkwürdige Art schien es genau das zu sein, was sie wollte... Nichts für ungut, meine schöne Ruby, aber in jener rückständigen Zeit, von der ich hier rede, galt eine Frau, die kein Blatt vor den Mund nahm, als eine boshafte und gehässige Kreatur.
    Das erste, was sie uns besorgte, war ein Radioapparat. Es war ein sehr gutes Gerät, das abends wie Zauberei Stimmen aus der Luft holen konnte, aus allen vier Ecken der Welt. Erst viel später erfuhren wir, wie Mum an das Radio gekommen war - an das und alles anderes, was sie uns noch besorgte.
    Der Radioapparat, sagte sie, sei unsere >Ohren für das herrliche und wunderbare Geheimnis hinter den Bergen, für das ganze köstlich turbulente Leben weit fort von diesem anspruchslosen Dreck und Mist<. Und für all den Spaß, den der Apparat uns bereitete, schuldeten wir ihr lediglich die Pflicht, >jeden Abend zuzuhören, Jungs - lernt, daß die Welt groß ist und daß es viele Dinge gibt, die man tun kann<.
    Oh, aber Daddy ärgerte sich über den Apparat. Eifersüchtig, genau das war er. >Stimme des Teufels<, so nannte er das Radio, obwohl er trotzdem mit uns zuhörte. Mum sagte dann: >Hast du keine Angst, dich zu versündigen, wenn du dem Radioapparat zuhörst?< Daddy bekam dann immer einen roten Kopf und erwiderte: >Nein!< Dann lachte Mum ihn aus und sagte: >Schade, Myles. Sünder sind doch so viel interessanter als Heilige.<
    Und das klang ja so vernünftig für mich und Aidan. Was meint ihr, was zwei Jungs aus Carlow an einem langen, kalten Abend lieber taten - einen Katechismus lesen oder einen Sender von irgendwo auf der Welt einschalten, wo es Jazzmusik und lachende Menschen gab?
    Mum wußte sehr genau, was sie tat. Sie machte uns trunken. Neugier berauschte uns mehr, als es der Whiskey bei Daddy je geschafft hatte. Mehr noch, jedesmal, wenn der alte Herr seinen Rücken abwendete, und oft genug tat er das nicht, fütterte sie uns mit ihren subversiven Ideen.
    Sie hatte konkrete Vorstellungen, was uns betraf, und wollte, daß wir sie teilten. Wir seien beide aufgeweckt und würdig, entschied sie, aber so unterschiedlich wie nur was; ich war ihr praktisch veranlagter Sohn, und Aidan hatte einen Verstand, der sich in die Lüfte aufschwingen mußte.
    Zu mir sagte sie: >Liam, es wird gut für dich sein zu wissen, daß es nicht Arbeit ist, die Geld macht, sondern es ist Geld, das Geld macht. Hier in Carlow wirst du unmöglich sehen, wie dieses Prinzip in die Praxis umgesetzt wird, deshalb werde ich dafür sorgen, daß du nach London gehst und lernst. Denn in London ist das Geld.<
    Mein Bruder liebte zwei Dinge: er las gern Literatur und lauschte den Stimmen, die aus Amerika über das Radio zu uns kamen. Zu ihm sagte Mum: >Du wirst nach Dublin gehen, um deine Ausbildung in der Literatur zu erhalten, Aidan. Auf dem Trinity College. Stör dich nicht daran, daß es dort nur so wimmelt von Prods, das sind die Protestanten; ich kenne einen Priester, der dir den erforderlichen Dispens erteilen wird. Niemand versteht die englische Sprache besser zu benutzen als die Dubliner. Du wirst feststellen, daß Dublin ein Paradies ist für Schriftsteller und Redner, aber du darfst nicht länger bleiben als unbedingt nötig. New York ist die Stadt für dich. Niemand auf der Welt braucht gelehrte Menschen mehr als die New Yorker.<
    Nun, sie schickte uns fort, uns beide, und das Geld dazu kam aus derselben mysteriösen Quelle, von der sie alle ihre ausgefallenen Dinge bekam. Wir stellten keine Fragen, wir gingen. Zuerst ich nach London, das Daddy die Hölle schimpfte; dann Aidan nach Dublin, das Daddy für keinen einladenden Ort hielt.
    Ich kann dir nicht viel darüber erzählen, was deinem Daddy die nächsten paar Jahre in Dublin widerfuhr, denn wir lebten in zwei grundverschiedenen Welten. Aidans versonnene Welt der Bücher und der literarischen Cafés in Dublin und meine Welt der Arbeit in einer Londoner Bank, der Abendkurse und ganz allgemein des Versuchs, alles in den hohen Sphären der Finanzwelt zu erlernen, was mir möglich war.
    Ich war nicht sonderlich versessen auf Aidans Interessen, und er

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