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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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handelt, in dem niemand mit Denken zufrieden ist?«
    Ein Befürworter erhob sich von seinem Platz, um hinzuzufügen: »Davy hat recht. Hier sind wir nun bei einer weiteren Totenwache, prahlen mit unserer Männlichkeit, verherrlichen Taten, die eigentlich nie so ruhmreich begangen wurden, wie wir hier herrlich lügend behaupten; füllen uns mit Whiskey ab und was wir für Courage halten. Dann kommt jemand zu unserem Gesülze und wirft einen Gedanken ein, der nicht trösten soll. Und was tun wir? Wir jaulen und kläffen wie ein Rudel verängstigter Hunde!«
    »Hunde«, sagte Mogaill, »die nicht denken können, sondern nur knurren - oder Männer? Falls es Hunde sind, würde ich euch lieber alle ersäufen... «
    Er war fertig mit dem, was er zu sagen hatte, und obendrein wacklig auf den Beinen. Mogaill trat von den aufgebahrten Leichen zurück. Er füllte seinen Krug wieder mit Whiskey und seine Tonpfeife wieder mit geweihtem Tabak. Er ging die erste Reihe von Männern entlang, dann die zweite und dritte. Weiter vorbei an ihnen allen und hinaus durch das von der ausgehängten Türe hinterlassene Loch, nach draußen, wo er die dunkle, saubere Luft in tiefen Zügen atmen konnte. Seine Beine wurden stärker. Aber die Tränen kamen wieder.
    Langsam ging er, seine Füße planschten durch ein Labyrinth von Pfützen des vorausgegangenen Regens. Er ging nicht weit, aber weit genug, um noch den schäbigen Umriß der sheepeen zu sehen, als er sich umdrehte, und dahinter auf dem Berg das große, graue Herrenhaus, dessen glatte Wände und Buntglasfenster in dem taufeuchten Schein des Mondes leuchteten, der über Nebelbänken hing.
    Er stand jetzt am Ufer eines gewundenen Bachs. Dort befanden sich Felsblöcke, die mit weißlichen Grasflecken wie Spitzendeckchen auf Klavieren überzogen waren. Er fand einen Felsvorsprung, auf den er sich setzen konnte. Er entzündete eine Pfeife und sagte zu dem Rauchkringel: »Könntest du das sein, Brenda, die wie ein süßer Geist in dieser feuchtkalten Nacht dort schwebt?«
    Aber er bekam keine Antwort. Davy Mogaill, der sich selbst für einen Narren hielt, weinte leise. Er hob seinen Krug an die Lippen. Aber für diese Nacht war sein Bedarf an Whiskey gedeckt.
    Er warf den Krug über seine Schulter, und er zersplitterte auf den Felsen. Dann kehrte er zur sheepeen zurück.
    Ein Priester in schwarzem Ornat und einer Kapuze, die sein Gesicht verdeckte, stand jetzt zwischen den beiden Leichen auf den Totenplanken. Langsam hob er die Arme, streckte sie waagerecht von den Schultern aus, als hinge er an einem Kreuz. In jeder Hand ein Rosenkranz. Die Menge war still. Aus der Schwärze, wo sich der Mund befinden mußte, murmelte der Priester: »Trauert, und dann weiter, es gibt kein Zurück... Er führt euch vom Grab... Sein Andenken ist jetzt eine hohe Säule, die vor uns brennt in der Düsternis.«
    Der Priester nickte einem Mann zu, der auf einem Stuhl vor ihm saß. Der Mann erhob sich wortlos, um die Aufgaben des Meßdieners zu übernehmen. Zuerst schob er die Kapuze zurück, wodurch das Gesicht von Father Timothy Kelly zum Vorschein kam...
    Dann zog der Meßdiener das Leinenlaken von einem der Toten fort, enthüllte Liam Hockaday. Mit den Daumen schloß er Liams Augen. Der Priester legte einen Rosenkranz über die geschlossenen Lider.
    Der Meßdiener ging zur nächsten Leiche. Er zog das Laken zurück.
    Und dort lag Aidan Hockaday, soviel älter als auf dem Foto seines Sohnes. Der Meßdiener gebrauchte seine Daumen. Der Priester ließ den Rosenkranz über Aidans Augen fallen...
    Aber Aidans Leichnam richtete sich auf, langsam, aus der Hüfte heraus. Aidan setzte sich auf und drehte sich zu den um ihn versammelten entsetzten Männern. Mit zorniger Stimme brüllte er sie an: »Laßt euren Whiskey wirbeln wie der Teufel, Jungs!... Thanam o’n dhoul, glaubt ihr vielleicht, ich sei tot?«

    Ruby schüttelte mich. »Ist ja gut, Hock. Erzähl, was passiert ist.«
    Ich richtete mich im Bett auf. »Gott! Ich weiß es nicht, ich -«
    Mir ging die Luft aus. Mein Herz raste wie ein Postbote mit einer Meute Rottweiler auf den Fersen. Gesicht und Hände waren schweißgebadet. Ich versuchte zu sprechen.
    Sonnenlicht strömte durch die Fenster zur Ladbroke Street herein, schon kräftig für diese frühe Uhrzeit. Wir hatten die Nacht hinter uns gelassen.
    »Nein, sag nichts«, sagte Ruby.
    Sie warf die Bettlaken zurück und ging über den mit Rosen gemusterten Teppich zur Kommode, zu den Handtüchern und dem Krug

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