Erwachen
nicht, warum ich ausgerechnet in Alice’ Körper gesteckt wurde. Wirklich, ich habe keine Ahnung. Aber ja, genau das werde ich versuchen.«
»Lass mich dir helfen, Lily. Das ist meine Aufgabe.«
Ich nahm seine Hand. Die Vorstellung, mit jemandem an meiner Seite zu kämpfen, begeisterte mich, zumal man mir gesagt hatte, ich sei zur Einzelkämpferin ausersehen. Andererseits - wie hätte Deacon mir helfen sollen? Clarence würde ihm niemals vertrauen. Und ob es mir gefiel oder nicht, da gab es immer noch diese Prophezeiung: Es war die Tat einer Einzelnen.
Dennoch war es nett, dass jemand mein Geheimnis kannte. Nett, sich nicht mehr ganz so einsam zu fühlen.
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und versuchte, diese neue Entwicklung zu begreifen. Ich legte ihm meine Hand auf die Wange und blickte ihm in die Augen. »Lass es mich sehen«, sagte ich. »Lass mich sehen, was du gesehen hast.«
Aber bevor ich in die Vision hineingleiten konnte, riss er sich los. »Nein.«
»Deacon.«
»Nein.« Seine Stimme klang vor Wut ganz eisig. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich Erlösung suche«, knurrte er. »Ich habe schreckliche Dinge getan. Die werde ich mit niemandem teilen.« Er wich so weit zurück, dass wir uns nicht mehr berührten, und starrte mich an. »Teile davon hast du gesehen, aber mit Sicherheit nicht die wirklich schlimmen Sachen. Da lasse ich dich nicht hin. Und mit dir zusammen gehe ich erst recht nicht dahin.«
In seinen Augen lag so viel Schmerz, dass ich am liebsten geweint hätte. Dafür, dass man seiner Vergangenheit entfliehen wollte, hatte ich vollstes Verständnis, und Dinge, die ich bereute,
gab es in meinem Leben auch mehr als genug. Aber ich musste es trotzdem wissen. »Ich muss sicher sein können, dass du mir die Wahrheit sagst.«
»Du wirst mir einfach glauben müssen, Lily.« Er kam wieder näher und legte mir die Hand auf die Brust. »Du gehörst zu mir. Und das weißt du auch.«
»Deacon.« Er lullte mich ein, und das war ganz und gar nicht gut. Aber trotz meiner Verwirrung, trotz all der Fragen wusste ich, dass er recht hatte. Zwischen ihm und mir gab es eine Verbindung. Und in diesem Moment wollte ich unbedingt, dass diese Verbindung nicht nur platonisch blieb.
»Ich kann spüren, wie sich dein Puls beschleunigt«, sagte er. »Und ich sehe, wie du rot wirst.« Während er sprach, ließ er seine Lippen über mein Haar gleiten. »Du willst mich. Und wenn das der erste Schritt in Richtung Vertrauen ist, soll mir das recht sein. Im Moment nehme ich, was ich kriegen kann, aber irgendwann werde ich alles bekommen.«
Ich schluckte. Mein Mund war plötzlich wie ausgetrocknet, und ich suchte verzweifelt nach einer Antwort. Das laute Klingeln meines Handys rettete mich. In der Annahme, es sei Rose, ging ich dran. Zu meiner Enttäuschung war es Clarence. »Zu Zane. Sofort.« Und schon hatte er aufgelegt.
Mit gerunzelter Stirn sah ich erst das Telefon und dann Deacon an. Ich wollte ihn mitnehmen, wollte Seite an Seite mit ihm kämpfen, und es frustrierte mich, dass das verboten war.
»Ich sehe es nicht gern, wenn du die Stirn runzelst«, sagte Deacon und küsste mich unerwartet so heftig, dass ich vor Überraschung das Handy fallen ließ. Als er mich losließ, funkelten seine Augen, und er lächelte mich wissend an. Dann bückte er sich, um mein Handy aufzuheben, und sein dunkles Haar fiel nach vorn und entblößte seinen Nacken.
Ich blinzelte, weil ich nicht glauben konnte, was ich sah. Ich ging auf die Knie, presste meine Hände auf seine und hinderte ihn daran aufzustehen. Er sah hoch, und sein sanfter Blick wich einem harten Gesichtsausdruck. »Was ist los?«
»Dein Nacken. Was hast du da an deinem Nacken?« Ich las die Wahrheit in seinen Augen, bevor ich mich zur Seite beugen und nachsehen konnte.
»Nein«, sagte er.
Aber ich hatte Angst und Wut auf meiner Seite, genau wie meine neu erworbene übernatürliche Kraft. Ich drehte ihn auf den Bauch, setzte mich rittlings auf ihn und schob sein Haar beiseite. Dann sprang ich auf. Ich war überzeugt, dass mich Angst und Abscheu innerlich auffressen würden.
»Ein Tri-Jal? Du bist ein verdammter Tri-Jal?«
»Lily, beruhige dich!«
Mich beruhigen? Nachdem ich das gesehen hatte? Er trug das Mal. Die Schlangentätowierung. Zane hatte mich vorgewarnt, dass mir eines Tages wieder einer über den Weg laufen würde. Die wilden Dämonen. Die schlimmsten überhaupt. Kampfhunde für ihren Meister, von denen es nur die wenigsten schafften,
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