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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Sie war übrigens Egans Schwester. Hat ihren Anteil an der Bar Alice und Rachel hinterlassen.«
    »So?«
    »Ja. Du bist die stolze Besitzerin eines Viertels des Pubs. Und wenn du dreißig bist, wird das auch amtlich. Bis dahin führt Egan die Geschäfte, und dein Anteil geht auf ein Treuhandkonto.« Er zuckte mit den Schultern. »Da steckt keine große Geschichte dahinter. Jedenfalls keine, die sich zu erzählen lohnen würde.«
    »Immerhin ein Anfang. Aber ich will mehr wissen! Was weißt du beispielsweise über das Bloody Tongue? Wie passt das Pub ins Bild?«
    Neugierig schaute er mich an. »In welches Bild?«
    »Rachel ist sauer auf mich - auf Alice. Sie war der Auffassung, ich hätte nicht wieder in dem Laden anfangen und mich nicht wieder mit dem ganzen unheimlichen Zeug einlassen sollen.«
    »Unheimliches Zeug?«
    »Wahrscheinlich das Pub selbst. Es hat so einen gewissen R uf. Aus der Zeit der Hexenprozesse, vermutlich aber schon länger.«
    »Ja, das Pub hat einen gewissen R uf, das stimmt. Ich weiß allerdings auch nicht mehr als das, was sie einem auf der Gruseltour erzählen. Aber ich weiß, dass Alice’ Eltern sich in schwarzer Magie versucht haben, vor allem ihre Mutter.«
    »Egan hat erwähnt, dass er mit seiner Schwester nicht sonderlich gut ausgekommen ist.«
    »Na bitte! Da haben wir’s.«
    »Was haben wir?«
    » R achel muss geglaubt haben, dass Alice in die Fußstapfen ihrer Mutter tritt. Und wenn sich Alice mit Deacon Camphire abgegeben hat, standen die Chancen dafür verdammt gut.«
    »Deacon?« Ich war so überrascht, dass ich glatt vergaß, in meinem Kopf ein Liedchen anzustimmen. Ein kleiner Fauxpas, den ich sogleich korrigierte.
    »Er war an deinem ersten Abend doch da, oder?«, fuhr Clarence fort. »Vielleicht hat er versucht, Alice die Neigungen ihrer Mutter schmackhaft zu machen und sie zu überzeugen, mit ihm gemeinsam in deren Fußstapfen zu treten und die dunkle Welt zu erkunden.«
    Ich schüttelte heftig den Kopf. »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Wieso nicht?«
    »Einfach so.« Ich wandte den Kopf ab, damit er nicht am Ende an meinen Augen die Wahrheit ablesen konnte, noch bevor er sie mir aus dem Kopf rupfte. »Ich …«
    »Und als sie sich weigerte, hat er es getan.«
    Ich riss den Kopf hoch. »Was getan?«
    »Sie umgebracht, natürlich.«
    Schlagartig schien alles Blut meinen Körper verlassen zu haben. Erstarrt und verzweifelt stand ich da. »Was?«, fragte ich, und schon dieses eine Wort brachte ich kaum heraus.
    »Meine Quellen haben mir mitgeteilt, dass Deacon Camphire Alice auf dem Gewissen hat. Ich hab’s dir ja gesagt, Lily: Er ist ein übler Kerl.«

32
     
    » Nein! «, widersprach ich im Brustton der Überzeugung. »Nein. Das kann nicht stimmen!«
    Clarence legte den Kopf auf die Seite und betrachtete mich argwöhnisch. »Kannst du irgendwie in die Bestie reinschauen?«
    »Ich … nein. Aber er hat mich gerettet. An dem ersten Abend im Pub. Er kam reingefegt und hat mich - Alice - vor dem Grykon gerettet. Wieso hätte er das tun sollen, wenn er will, dass ich sterbe?«
    »Vielleicht weiß er, dass mehr in dir steckt, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Vielleicht war es für ihn eine Möglichkeit, dir näherzukommen und herauszufinden, was du vorhast. Was du willst. Für wen du arbeitest.«
    »Nein.« Ich hielt an meinem Leugnen fest, klammerte mich daran wie an einen Rettungsring und stimmte lautlose Kinderlieder an. Diesem interessanten Detail wollte ich selbst nachgehen, ohne amphibische Einmischung. »Das ergibt doch keinen Sinn!«, fuhr ich fort. »Woher willst du das wissen? Wer hat dir das erzählt?«
    »Ich habe überall in der Stadt meine Leute, Kleine, sogar überall in der Welt. Wenn ich dir sage, dass ich meine Quellen für glaubwürdig halte, kannst du mir ruhig vertrauen.«
    »Oh.«
    Er musterte mein Gesicht. »Möchtest du mir etwas sagen, Kleine?«
    »Nein … Ich bin nur überrascht. Es fühlt sich einfach nicht richtig an.« Ich drehte mich um und ging zum Fenster, weil ich wenigstens ein bisschen Privatsphäre für meine Gedanken wollte. Ich war nämlich wirklich überrascht. Dass Deacon Alice getötet haben sollte, passte nicht zu den Puzzleteilen, die ich in meinem Kopf hin und her schob. Wenn Deacon sie getötet hätte, wäre er da nicht erstaunt gewesen, sie putzmunter wiederzusehen? Hätte er dann versucht, mich zu retten?
    Andererseits hatte er vielleicht nicht nur Alice umgebracht, sondern auch gewusst, dass eine andere

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