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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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dann wühlte ich in Alice’ Schubladen herum, bis ich ein Adressbuch mit Rachels Telefonnummer und Adresse fand. Leider klebte nirgendwo ein Schlüssel, aber auf dem Weg nach draußen kam ich auf die glorreiche Idee, das winzige Schubfach in dem kleinen gefliesten Tisch aufzuziehen. Fünf Schlüssel, jeder ordentlich beschriftet: Ersatz, Pub BK DR, Waschraum, Noah und Rachel.
    Danke, Alice.
    Dass Lucy und Ethel tatsächlich Hunde und keine Pflanzen oder Fische waren, versetzte mich gleich in bessere Stimmung. Sie waren so begeistert, mich zu sehen, dass ich mich richtig ein bisschen schämte, weil ich mich auf der Fahrt geärgert hatte, dass ich irgendwelche Tiere babysitten sollte, statt mich in die Federn zu hauen. Aber nach dem Tag, den ich hinter mir hatte, brauchte ich ein paar Kuscheleinheiten. Und wer konnte mir das besser geben als wuschelige, wuselige Promenadenmischungen?
    Dass die Hunde Mischlinge waren, überraschte mich. Ich hätte Rachel eher für den Typ gehalten, der Wert auf Reinrassigkeit legt. Der Typ, der mit seinem Hund zu einer Hundeschau geht und einen Martini oder auch drei kippt, wenn der Liebling kein Band gewinnt. Und genauso, wenn doch.
    Offensichtlich war meine Menschenkenntnis insgesamt momentan nicht auf der Höhe der Zeit, denn ihre Wohnung war lange nicht so snobistisch eingerichtet, wie ich aufgrund ihrer Kleidung erwartet hatte. Vielleicht war aber auch eher ich ein verdrehter Snob, der seine Annahme nur auf Kleidung und nicht auf Tatsachen stützte.
    In Wirklichkeit war ihre Einrichtung zusammengewürfelt und gemütlich. Überall standen Kerzen in verschiedenen Formen und Größen, nur dass sie alle schwarz waren. Eine interessante Palette, vor allem im Gegensatz zu ihrem schreiend roten Sofa.
    Über ihrem Kamin hing eine Reihe von Fotos, die sie als Kind beim Verkauf von Schmuck auf Jahrmärkten zeigten, dann eins, bei dem sie in die Kamera lächelnd Perlen für eine Halskette aufzog. Der mittlere Teil ihrer Reise zu Ruhm und Geld fehlte, das nächste Foto zeigte sie gleich mit ihrem ersten - hundertfach vergrößerten - Verkaufscheck.
    Die nächsten Fotos zeigten die Familie und das Pub. Auf einem war sie sogar im Bus der Gruseltour durch Boston zu sehen, mit Egan, Alice und Rachel. Sie waren halloweenmäßig ausstaffiert, und Alice grinste wie ein Teufelchen unter ihrem farbenfrohen Hexenhut hervor, während Rachel, die ähnlich gekleidet war, ihrer kleinen Schwester einen genervten Blick zuwarf.
    Ich musste lächeln. So manches Mal hatte ich Rose genauso angesehen, und ich fragte mich, worüber sich die beiden wohl in die Wolle gekriegt haben mochten.
    Da sich die Hunde an meine Fersen geheftet hatten, gab ich meine Rumschnüffelei auf, stellte ihnen Futter hin und schenkte mir ein Glas Weißwein ein. Nachdem wir alle unsere Leckerbissen genossen hatten, holte ich ihre Leinen, die neben der Wohnungstür hingen .
    »Na los, Mädels! Gehen wir Gassi.«
    Mir war aufgefallen, dass Rachel oder ihr Freund das Badezimmer mit Zeitungspapier ausgelegt hatte, aber es war sauber und trocken. Vermutlich mussten die Mädels dringendst raus. Und ich brauchte unbedingt Bewegung.
    Um diese Uhrzeit war der Park gegenüber von Rachels Wohnung leer, und dorthin ging ich, geführt von den Hunden, die all den guten Gerüchen am Boden mit ihren Nasen hinterherhechelten. Sie jaulten und zerrten an den Leinen, wollten frei herumlaufen, aber da ich nicht wusste, ob sie zurückkommen würden, ließ ich sie nicht los. Ich sehnte mich immer noch nach einem langen heißen Bad — ich brauchte wirklich Zeit, um mir alles in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen, aber dort in der Dunkelheit vor mich hinzulaufen reichte ebenfalls. Während die Hunde herumtollten und herumschnüffelten und dabei ihr Geschäft verrichteten, ließ ich meine Gedanken schweifen. Mein seltsames Schicksal. Die dunklen Mächte in mir. Das wandelnde Geheimnis namens Alice.
    Und vor allem Deacon.
    Als ob das lautlose Flüstern seines Namens eine magische Formel wäre, tauchte er plötzlich als kaum wahrnehmbarer Schatten am anderen Ende des Parks auf. Aber er war es, daran bestand für mich kein Zweifel, und als er ins Licht trat, bestätigte sich, was ich bereits wusste. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Er beobachtete mich. Sein Verlangen konnte ich ebenfalls spüren, und ich hasste mich dafür, dass ich ebenso empfand.
    Aber was ich vor allem spürte, war ausgeprägte Bosheit. Zorn. Nein, Wut. Sie schien in Wellen von ihm

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