Erwachen
weiterblättern wollte. Sorgfältig las ich die Textstelle, dann lächelte ich befriedigt.
Ich hatte meinen Mann gefunden. Oder besser gesagt: mein Wesen. Einen Alashtijard. Kein Dämon, aber der Diener eines Dämons.
Und um ehrlich zu sein: Ich hatte ihn nicht gefunden - ich wusste jetzt nur, wen ich suchte.
Aber der erste Schritt war getan. Denn sobald ich einen aufgetrieben hatte, konnte ich ihn töten. Und sobald ich das getan hatte, war ich selbst ein Geheimnishüter.
Und dann würde Clarence nie mehr in meinen Kopf einsteigen können.
Bei dem Gedanken musste ich gleich noch mehr lächeln. Clarence mochte ja mein Führungsoffizier sein und einer von den Guten, aber in meinem Kopf mochte ich ihn auf keinen Fall haben. Und zu wissen, dass es eine Methode gab, ihn draußen zu halten, ohne dass ich dabei meine Menschlichkeit verlor, verbesserte meine Stimmung erheblich.
Ich beschloss, das mit einem weiteren vor Konservierungsstoffen nur so strotzenden Twinkie zu feiern. Auf dem Weg in die Küche bemerkte ich, dass das Licht am Anrufbeantworter blinkte. Mehr zur Ablenkung als aus Interesse drückte ich auf die Abspieltaste. Elf Nachrichten, und gleich bei der ersten zog sich mir vor Schuldgefühl der Magen zusammen. Gracie. Ihre verzweifelte Stimme klang erstickt, als hätte sie geweint, und ich hätte mir am liebsten in den Hintern getreten, weil ich nicht an sie gedacht hatte. Natürlich machte sie sich Sorgen. Obwohl es schon hundert Jahre zurückzuliegen schien, war gerade mal ein Tag vergangen, und da ich mittwochs keine Schicht im Pub hatte, hatten wir uns nicht gesehen. Sie wusste nur, dass ich Dienstagabend in einen Kampf verwickelt gewesen und dann über das Verschwinden meiner Angreifer so ausgeflippt war, dass ich wie eine Furie davongestürmt war.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Ich wollte sie anrufen und ihr sagen, dass es mir gut ging, aber nicht um zwei Uhr nachts. Dass es mir gut ging, würde sie auch noch zu einer vernünftigen Uhrzeit gern hören. Und um ehrlich zu sein: Auch wenn es mir leidtat, dass sie wegen mir beunruhigt war, gab mir die Tatsache, dass sich in diesem neuen Leben jemand Sorgen um mich machte, ein behagliches, gutes Gefühl
Die nächste Nachricht war von Brian, aus dem gleichen Grund, allerdings nicht so tränenreich wie Gracies. Ich lächelte ein wenig und genoss es, dass mein Wohlbefinden so vielen Leuten am Herzen lag.
Nach Brian hatte jemand aufgehängt, und die beiden nächsten Nachrichten waren von Clarence, der nach dem Einsatz auf der Suche nach mir war. Nachdem er offensichtlich sowohl mit Zane geredet als auch mich gefunden hatte, löschte ich die Anrufe.
Danach hatte wieder jemand aufgelegt.
Ich runzelte die Stirn. Wurde Alice von Telefonverkäufern belästigt, oder handelte es sich um etwas Unheilvolles? In einem plötzlichen Anfall von technischem Verständnis fiel mir ein, dass ich nachsehen konnte, woher der Anruf kam, und sobald ich das tat, zog sich mein Magen zusammen. Diese Nummer kannte ich.
Meine Nummer.
Rose’ Nummer.
Klar, ich hatte sie angerufen, nur um ihre Stimme zu hören. Genau wie ich musste sie nachgesehen haben, woher der Anruf kam, und hatte dann beschlossen zurückzurufen. Aus Neugier. Und vermutlich auch ein bisschen aus Angst. Wieso hätte sie auch nicht ängstlich sein sollen? Schließlich war sie von Lucas Johnson verfolgt worden. Und jetzt hatte ich ihr wieder Angst gemacht. Ich, die alles dafür gegeben hatte, sie zu beschützen.
Ich hatte echt Mist gebaut. Zumal ich ihr nicht sagen konnte, wer ich wirklich war. Mit ihr Freundschaft schließen konnte ich auch nicht - jedenfalls nicht, wenn ich ihre Sicherheit nicht aufs Spiel setzen wollte. Aber ich konnte sie zurückrufen. Ich konnte als Alice zurückrufen und beichten, dass ich die anonyme Anrufe-rin gewesen war. Ich konnte ihr erklären, dass ich auf sie hatte aufpassen wollen. Dass Lily es so gewollt hätte. Bei dem Gedanken fühlte ich mich gleich besser, und so ging ich ins Schlafzimmer, um es mir mit einer Zeitschrift im Bett gemütlich zu machen
Aber dazu kam es nicht, weil mir erneut bewusst wurde, dass es früher Donnerstagmorgen war, beziehungsweise Mittwochabend für alle, die noch nicht im Bett waren - oder sich ums rechtzeitige Zubettgehen keine Sorgen mehr machen mussten.
Und ich war für Mittwochabend eine Verpflichtung eingegangen.
Ich hatte eine Verabredung mit Lucy und Ethel.
Verdammt.
Ich zog mich um - die Sachen, die ich trug, waren nur noch Fetzen
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