Erwachende Leidenschaft
sollten sie alle im Haus zurechtkommen, wenn er zu krank würde, um sie zu versorgen?
Flannaghan ließ sich schließlich überzeugen. Er stürzte sich in die Haushaltspflichten und übernahm sogar noch die Aufgabe, ihre Korrespondenz zu erledigen. Das Stadthaus war für alle Besucher geschlossen. Der Arzt, Sir Winters, kam, um nach Raymonds Wunde zu sehen, und bei der Gelegenheit befragte Alesandra ihn zu Colins Zustand. Der Arzt betrat Colins Zimmer nicht, da er sich nicht auch anstecken wollte, ließ aber eine Medizin da, von der er glaubte, sie würde seinen Magen beruhigen, und schlug Schwammbäder vor, um das Fieber zu senken.
Colin war ein schwieriger Patient. Alesandra versuchte, den Anweisungen des Arztes zu folgen, indem sie ihn tief in der Nacht mit einem Schwamm abrieb, als seine Temperatur wieder anstieg. Sie begann mit Brust und Armen, machte sich dann an die Beine. Er schien zu schlafen, aber als sie sein vernarbtes Bein berührte, sprang er fast aus dem Bett.
»Ich würde gern in Ruhe sterben, Alesandra. Also mach dich verdammt noch mal aus dem Zimmer!«
Sein heiseres Bellen berührte sie nicht, denn sie war vom Anblick des verletzten Beines erschüttert. Die Wade war von der Kniekehle bis zur Ferse mit Narben übersät. Alesandra wußte nicht, wie er sich diese Verletzungen zugezogen hatte, aber die Schmerzen, die er gehabt haben mußte, zerrissen ihr das Herz.
Sie hielt es für ein Wunder, daß er überhaupt noch gehen konnte. Colin riß die Laken über den Unterschenkel und befahl ihr erneut, wenn auch viel erschöpfter, sie solle verschwinden.
Sie hatte Tränen in den Augen und fürchtete, daß er es gesehen hatte. Aber sie wollte nicht, daß er den Zustand seines Beines dafür verantwortlich machte. Colin war ein stolzer, unbeugsamer Mann. Er brauchte ihr Mitleid sicher nicht, und offenbar war er sehr empfindlich, was die Verletzung anging.
Alesandra beschloß, ihn abzulenken. »Dein Gebrüll macht mich fertig, Colin, und wenn du nicht aufhörst, mich herumzukommandieren, dann fange ich wahrscheinlich wie ein Kind an zu weinen. Aber ich gehe nicht weg, egal wie gemein und ausfallend du auch wirst. Und jetzt gib mir freundlicherweise dein Bein. Ich will es abwaschen.«
»Alesandra, ich schwöre bei Gott, ich werfe dich aus dem Fenster, wenn du nicht verschwindest.«
»Colin, der Schwamm hat dich gestern nacht nicht gestört, warum bist du heute so aufgebracht? Ist das Fieber heute höher?«
»Du hast gestern nacht schon meine Beine abgewaschen?«
»Ja«, log sie frech.
»Was zum Teufel hast du noch abgewaschen?«
Sie wußte, wonach er fragte. Sie versuchte, nicht rot zu werden, als sie antwortete. »Deine Arme, Beine und deine Brust«, sagte sie. »Ich habe die Mitte ausgelassen. Jetzt hör auf, dich zu wehren.« Schnell packte sie sein Bein und zog es unter den Laken hervor.
Colin gab auf. Er murmelte etwas Unanständiges und schloß die Augen. Alesandra tunkte den Schwamm in das kalte Wasser und wusch dann vorsichtig seine Beine.
Ihre Miene zeigte die ganze Zeit über keine Regung, und erst als sie ihn wieder zugedeckt hatte, bemerkte sie, daß er sie beobachtete.
»Nun denn«, sagte sie mit einem Seufzer. »Fühlst du dich nicht besser?«
Seine funkelnden Augen war Antwort genug. Sie stand auf und wandte sich ab, damit er ihr Lächeln nicht sehen konnte. Sie stellte die Schüssel wieder auf den Waschtisch und kam mit einem nur zur Hälfte mit Wasser gefüllten Kelch wieder ans Bett.
Sie reichte ihm den Becher, sagte ihm, sie würde ihn nun eine Weile zufriedenlassen, und versuchte dann, eben dieses zu tun. Er griff ihre Hand und hielt sie fest.
»Bist du müde?« fragte er mit immer noch ärgerlicher Stimme.
»Nicht besonders.«
»Dann bleib und sprich mit mir.«
Er zog die Beine zur Seite und klopfte auffordernd auf die Bettkante. Alesandra setzte sich, faltete die Hände im Schoß und gab sich Mühe, nicht auf seine nackte Brust zu starren.
»Hast du denn gar kein Nachthemd?« fragte sie.
»Nein.«
»Deck dich bitte zu, Colin«, bat sie dann, wartete aber nicht darauf, daß er es tat, sondern zog die Laken selbst über seinen Körper.
Sofort streifte er die Decke wieder ab. Er setzte sich auf, lehnte den Rücken gegen das Kopfende und gähnte herzhaft.
»Gott, ich fühle mich höllisch.«
»Warum trägst du dein Haar so lang? Es reicht dir ja schon bis zu den Schultern.« Sie grinste und setzte hinzu: »Ziemlich barbarisch. Du siehst aus wie ein Pirat.«
Er zuckte
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