Erwachende Leidenschaft
Aufwand betrieben werden mußte. Gweneth antwortete, das sei das mindeste, was sie tun konnte, um Alesandra ein bißchen von der Großherzigkeit zurückzugeben, die ihr Vater ihrer Familie erwiesen hatte.
Schließlich kam der Tag ihrer Hochzeit. Das Wetter spielte, sehr zu Gweneth’ Freude, mit. Die Sonne schien, und es war frühlingshaft warm.
Die Zeremonie sollte um vier Uhr am Nachmittag stattfinden. Gegen Mittag kamen die ersten Blumen. Die Parade der Boten schien endlos zu sein. Alesandra hielt sich von den anderen entfernt auf. Als sie bemerkte, daß zwei riesige Vasen mit Blumen nach oben getragen wurden, kam sie zu dem Schluß, daß ihre Tante wirklich nicht ganz vernünftig sein konnte. Sie vermutete, daß das Arbeitszimmer des Duke ebenfalls geschmückt werden sollte für den Fall, daß ihr Mann sich mit Sir Richards in der Bibliothek unterhalten wollte.
Alesandra wollte gerade auf ihr Zimmer gehen, um sich für die Trauung anzuziehen, als sie durch die Ankunft von Colins Schwestern aufgehalten wurde. Die jüngste, Marian Rose, war erst zehn Jahre alt und so aufgeregt, daß sie dabei sein durfte, daß sie kaum stillstehen konnte. Marian war als freudige Überraschung fast vier Jahre nach der drittgeborenen Tochter zur Welt gekommen, denn ihre Eltern hatten geglaubt, Gweneth’ fruchtbare Jahre seien nun vorbei. Die Jüngste wurde natürlich kräftig von den Eltern und ihren Brüdern verhätschelt, doch ihre Schwestern bewahrten sie schon davor, daß es nicht überhandnahm. Alison war vierzehn, Jennifer fünfzehn, und Catherine war gerade sechzehn Jahre alt geworden.
Alesandra mochte alle von Colins Schwestern, aber Catherine war ihr die liebste. Sie bemühte sich allerdings, dies nicht zu zeigen, um die anderen nicht zu verletzen.
Catherine war eine Quelle reiner Freude. Sie war das exakte Gegenteil von Alesandra, und vielleicht war das der Grund, warum sie sie so mochte. Sie mußte auch zugeben, daß sie Colins Schwester beneidete. Catherine nahm absolut kein Blatt vor den Mund. Niemand brauchte jemals zu rätseln, was sie dachte – sie sprach jeden Gedanken aus. Zudem besaß sie einen kräftigen Hang zur Dramatik und stellte mit ihrer besten Freundin, Lady Michelle Marie, ständig etwas an. Catherine machte sich niemals Gedanken über Zurückhaltung, und Alesandra hatte Zweifel, daß sie wirklich begriff, was Würde und Haltung bedeuten sollten. Sie war die ehrlichste, wunderbar offene Person, die Alesandra je kennengelernt hatte.
Catherine war hübsch und wuchs zu einer reizenden jungen Lady heran. Sie hatte dunkelblondes Haar, haselnußbraune Augen und war gut fünf Zentimeter größer als Alesandra.
Keine von Colins Schwestern war darüber informiert worden, weshalb sie nach London hatten kommen sollen. Als ihre Mutter sie nun um sich scharte und ihnen von der Hochzeit erzählte, war es Catherine, die als erste begeistert aufkreischte. Sie warf sich in Alesandras Arme und umarmte sie heftig.
»Michelle Marie wird dich vermutlich umbringen, weil du ihre ganzen Pläne ruiniert hast«, teilte sie Alesandra fröhlich mit. »Sie hat bisher geglaubt, sie würde Colin heiraten. Seit Jahren denkt sie an nichts anderes.«
Gweneth schüttelte verzweifelt den Kopf. »Aber Colin hat deine Freundin doch noch nie gesehen. Wie kommt sie denn auf die Idee, daß er sie heiraten würde? Außerdem ist sie doch viel zu jung für Colin. Lieber Himmel, er ist ja fast doppelt so alt wie sie.«
Nun stürmten auch Alison und Jennifer in Alesandras Arme. Die drei Schwestern hängten sich an sie, und Alesandra konnte nur noch versuchen, ihr Gleichgewicht zu halten. Alle drei redeten auf einmal und durcheinander, und Alesandra fühlte sich ein wenig überwältigt.
Marian Rose war die einzige, die nicht zu ihr kam. Sie stand abseits und stampfte wütend mit dem Fuß auf, um Aufmerksamkeit zu erregen. Als das nichts nützte, stieß sie einen markerschütternden Schrei aus. Alle drehten sich blitzartig zu ihr um, um zu sehen, was passiert war, und Marian Rose ergriff die Gelegenheit, um sich an Alesandras Brust zu werfen.
Raymond und Stefan hatten den Schrei gehört und kamen herbeigelaufen. Gweneth entschuldigte sich für ihre Tochter, befahl Marian Rose, den Mund zu halten, und nutzte die Anwesenheit der Wachen, um sie mit dem Heraufholen einer Kiste Weingläser aus dem Keller zu beauftragen.
Raymond machte Alesandra ein Zeichen, und sie entschuldigte sich bei Colins Familie und ging zu ihm.
»Die Duchess öffnet
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