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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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ausruhen.«
    Doch wir wussten beide, dass keine Zeit war, um auszuruhen.
    »Er ist jetzt kaum noch bei Bewusstsein. Wir können es nicht riskieren – sonst war alles umsonst.«
    Phoenix schlug mit der Faust gegen die Wand und ich zuckte erschrocken zusammen. Ich wartete darauf, dass seine Gefühle in mich hineinsickerten. Das taten sie aber nicht. Nachdem er sich wieder gefasst hatte, wandte er sich mir mit geballten Fäusten zu.
    »Schön, aber das ist das letzte Mal.«
    Nach allem, was passiert war, war dagegen nichts einzuwenden, aber die Art und Weise, wie er das sagte, war Furcht einflößend. Ich mied seinen Blick und schaute zu Boden.
    »Vielleicht solltest du im Esszimmer warten.«
    »Ich gehe nirgendwohin.«
    Ich wagte nicht, ihm zu widersprechen, aber dann trat er doch zurück in den Türrahmen.
    »Lincoln.« Ich strich ihm über das Haar in dem Versuch, ihn zu Bewusstsein zu bringen.
    »Linc.«
    Seine Augenlider flatterten. »Hey«, sagte er, als wäre ich gerade erst aufgetaucht.
    Ich lächelte. »Ich kann dich so nicht heilen. Ich muss etwas anderes ausprobieren. Ich küsse dich jetzt, okay?«
    Er lächelte, als wäre er betrunken, und hielt meine Hand fest, auch wenn er dabei Schmerzen haben musste. »Ich … Du brauchst mich niemals zu … fragen. Wir … höören … sammen.«
    Ich sah Griffin an, der seine Besorgnis nicht verbergen konnte. Lincoln ging es immer schlechter. Immer schneller.
    »Es sind die Schmerzmittel«, sagte Magda bestimmt.
    Ich ignorierte ihren Kommentar, auch wenn ich fühlen konnte, wie Phoenix hinter mir unbehaglich sein Gewicht verlagerte. Fast erwartete ich, dass seine Gefühle wieder auf mich übersprangen. Überraschenderweise spürte ich nichts.
    Ich legte Lincoln meine freie Hand auf das Gesicht und wartete einen Augenblick. Dies wäre das erste Mal, dass ich es war, der ihn küsste, dass ich die Initiative ergriff. Irgendwie wirkte es dadurch anders, intimer. Phoenix schnaubte hinter mir. Er bekam meine Gefühle mit. Mist. Ich musste einfach so tun, als wäre er nicht da.
    Bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, beugte ich mich hinunter und küsste Lincolns kühle Lippen. Mein ganzer Körper entspannte sich und zog sich gleichzeitig zusammen. Ich konnte den Tod spüren, der ihm so nahe war, so begierig über ihm schwebte. In mir regten sich Kräfte und ich jagte sie, suchte nach ihrem Ursprung, um darauf zugreifen zu können. Ich bekam sie zu fassen und lenkte sie von mir zu Lincoln, als würde ich einen Fluss kanalisieren und zum Fließen zwingen.
    Seine Lippen öffneten sich, sodass die Verbindung zwischen uns entstehen konnte; ich ließ meine Kräfte in ihn hineinströmen und er … küsste mich ebenfalls. Lippen, die kühl waren, wurden warm. Die Hand, die schlaff in meiner lag, spannte sich an und zog mich zu sich. Er heilte, ich konnte es fühlen, und das schien auch mir Kraft zu geben.
    Sein Kuss wurde intensiver und zusammen wurden wir stark. Kraft ließ mein ganzes Wesen erblühen. Meine Verbindung zu Lincoln war wie ein Lebewesen, das ich fast berühren konnte. Er streckte seinen freien Arm aus und schlang ihn um meine Hüfte, als er mir seinen ganzen Oberkörper entgegenbrachte und mich an sich zog.
    Wir waren wie eine einzige Person und schenkten uns gegenseitig Leben. Ich fühlte, wie eine Träne mein Auge verließ. Ich wollte ihm dies so gern geben, aber ich konnte nicht verleugnen, dass ich das Leben betrauerte, das ich für ihn geopfert hatte. Mir war bitterlich bewusst, dass ich, indem ich ihn geheilt hatte, niemand anderen als mich selbst mit diesem tödlichen Schlag getroffen hatte.
    Wie gezackte Glasscherben durchschnitten Fragen meine Gedanken. Wen hatte ich sterbend in der Wüste zurückgelassen? Und, was noch verstörender war: Wer war hierher zurückgekommen?
    »Stopp!« Ein Arm schlang sich um meine Taille und riss mich in die Realität zurück.
    Hinter mir stand Phoenix und hielt mich zurück. Ich schaute Lincoln an, der sich jetzt aufgesetzt hatte. Unsere Blicke trafen sich kurz, dann schaute ich weg.
    Griffin trat vor. »Nun, dieser Weg funktioniert. Lincoln, wie geht es deinen Verletzungen?«
    Ich war ihm dankbar für seine Bemühungen, die Aufmerksamkeit von der unangenehmen Situation abzulenken.
    Lincoln legte sich wieder zurück und schob das Laken weg, um seinen verwundeten Torso zu enthüllen. Die Bandagen um seinen Bauch waren mit Blut bedeckt. Ich schnappte nach Luft. Ich konnte nicht fassen, dass er so lange durchgehalten

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