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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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leisten, aber nach der zehnten SMS von Marcus schob ich sie in den Bus, damit sie sich mit ihm treffen konnte.
    Aus dem Bedürfnis heraus, ein bisschen spontan zu sein, kaufte ich ein paar neue Klamotten. Sie hatten nicht meinen üblichen Stil, aber da sich alles andere in meiner Welt verändert hatte, warum sollte sich dann nicht auch mein Look ändern? Ich ließ mir sogar die Haare schneiden. Es war schön, etwas anderes auszuprobieren, und es gab mir ein ganz neues Selbstvertrauen.
    Als ich zurück zu unserer Wohnung ging, war es dunkel. Dad saß auf der Couch und las in einer Architekturzeitschrift. Er klappte sie zu und setzte sich auf, als ich hereinkam.
    »Hallo, Fremde. So wie es aussieht, bekommen wir uns zurzeit nie zu Gesicht.«
    Ich wusste, ich würde erklären müssen, weshalb ich immer so lang weg war. Das Problem war, dass ich mir noch immer nicht darüber klar geworden war, was ich sagen würde. Wir waren uns vor der Prüfung zum letzten Mal über den Weg gelaufen.
    »Tut mir leid, ich war so in meiner Arbeit gefangen, Liebes. Ich weiß, ich war nicht oft da, aber wenn du noch willst, dass wir das demnächst bei einem Abendessen alles aufholen, dann würde ich das sehr gern tun. Wie wäre es mit nächste Woche Donnerstag?«
    Ich entspannte mich und hätte beinahe gelacht. Ich hatte ganz vergessen, dass Dad die meiste Zeit in seiner eigenen Welt lebte. Ich beschloss, dass das etwas Gutes war.
    »Klar, Dad. Nächste Woche klingt gut. Wie wäre es mit Italienisch?«
    »Großartig!« Er wandte sich wieder seiner Zeitschrift zu.
    Ich machte mir einen Kaffee und ein Pommesbrötchen und ging in mein Atelier. Mit einer leeren Leinwand, einem Kaffee in der Hand und Florence and The Machine auf voller Lautstärke wirkte das Leben beinahe normal. Ich schaffte es sogar, Phoenix kurz anzurufen und ihn für den nächsten Tag ins Hades einzuladen.
    Nachdem ich mit ihm telefoniert hatte, fühlte ich mich viel besser. Jegliche Zweifel, die nach meinem Gespräch mit Steph meine Gedanken überschwemmt hatten, verschwanden. Natürlich war er ein Engel des Lichts gewesen.

KAPITEL DREISSIG
    »Mit denjenigen, die vorgeben, sie hätten göttliches Wissen oder eine göttliche Mission, lässt sich nicht streiten. Sie sind von der Sünde des Stolzes besessen. Sie sind der ewigen Versuchung erlegen.«
    WALTER LIPPMANN
     
    Ich stand allein da, als sie auf mich zumarschierten. Tod, Verderben und Zerstörung in Form einer Armee aus Verbannten – eine Verheißung von Schmerz und Leiden, die immer wieder in den Vordergrund rückte, zu Schatten wurde und dann wieder erschien. Sie bewegten sich wie eine einzige körperliche Kraft und erstickten alles um sich herum beinahe.
    Die beiden, die sie anführten, verströmten gewaltige Macht. Einer davon war ein Stück über dem Boden, ging zwar noch, aber schwebte zugleich. Es war Onyx. Der andere blickte mich an, brannte ein Loch in meine Augen bis hindurch zu meiner Seele.
    »Wie können deine Macht spüren, Regenbogen. Du bist die Verbindung, die Zerstörung verspricht. Wir kommen, dich zu holen.«
    Ich hörte die Worte, auch wenn er nicht tatsächlich sprach.
    Ich stand da, bewegungsunfähig, wie in den Albträumen meiner Kindheit, als ich nicht weglaufen konnte. Ich versuchte, hinunter auf meine Hände und Knie zu gehen. In meinen Träumen hatte das ab und zu geholfen. Aber ich konnte mich überhaupt nicht rühren.
    »Wer seid ihr?«, fragte ich.
    »Joel. Einst vom Rang der Fürstentümer. Ich werde nicht zulassen, dass du meine Pfade verdunkelst. Ich habe zu lange den Betreuer für die Menschheit gespielt; nun wird sich diese Welt fügen. Das ist der einzige Weg.«
    Ich sah das lange silberne Schwert an seiner Seite. Er hielt es am Heft und stützte sich darauf wie auf einen Spazierstock. Blut rann an seinen Schneiden herunter. Woher stammte es?
    »Der einzige Weg wohin?«, fragte ich; ich hatte jetzt das Gefühl, dass das nicht nur ein Traum war.
    »Die Herrschaft zu übernehmen, auf die wir einen Anspruch haben. Die Menschheit ist von Natur aus schwach und niederträchtig. Sie wird uns dienen oder sie wird geopfert.«
    »Und du möchtest was werden? Ihr Anführer?« Ich musste ihn wohl aus dem Konzept gebracht haben, denn er verlor einen kurzen Augenblick lang die Fassung, bevor er seinen Kopf hob und mit seinem Sermon weitermachte.
    »Die Menschen haben dem freien Willen ins Gesicht gespuckt und ihre Privilegien missbraucht. Die Zeit für eine neue Ordnung ist gekommen und es ist

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